Du hast dich zum Kreuze bekehrt, und so hoffe ich, dich am Fuße des Altars mit demütigem Herzen zu finden.«

»John wird kommen«, versicherte der Indianer ernst.

»Ja«, fuhr Herr Grant fort, seine Hand sanft auf die Schulter des alten Häuptlings legend, »aber es genügt nicht, dabei zu erscheinen, auch im Geist und in der Wahrheit mußt du dort sein.«

Der Indianer trat einige Schritte zurück, richtete sich stolz in die Höhe, erhob den rechten Arm und wies mit der Hand zum Himmel, während er mit der anderen auf die nackte Brust schlug. Dabei sagte er heftig: »Das Auge des Großen Geistes dringt durch die Wolken - und Mohegans Herz liegt offen vor ihm da.«

»Gut, John, und so hoffe ich, wird dir die Erfüllung deiner Pflicht Trost und Freude gewähren. Gott gebe dir seinen Segen!«

Der Indianer neigte sein Haupt, und so gingen sie auseinander, der eine, um seine Hütte aufzusuchen, der andere, um mit den Freunden an der Tafel Platz zu nehmen.

Das Speisezimmer war geräumig, enthielt aber weiter nichts als ein Dutzend grün angestrichener Armstühle, deren Polster mit einem halbseidenen Stoff überzogen waren, und einen schweren Eßtisch, auf dem die Speisen schon aufgetragen standen. An der Wand über dem Kamin, in dem ein großes Feuer brannte, hing ein ungeheurer Spiegel mit vergoldetem Rahmen.

Die Gesellschaft nahm Platz und man begann mit großem Appetit zu essen. Während der Tischunterhaltung kam man auf den jungen Jäger zu sprechen. Der Hausherr erkundigte sich bei seinem Vetter nach diesem Menschen und erzählte dann, sich an alle wendend: »Ich fand ihn am Berg mit Natty jagend, als wenn sie zu einer Familie gehörten. Der Jüngling spricht gewählt, wie man es in diesen Bergen selten hört. Mohegan kennt ihn auch; vermutlich wohnt er mit in Nattys Hütte. Haben Sie auf seine Sprache geachtet, M. le Quoi?«

»Allerdings, Mr. Temple«, entgegnete der Franzose, »er sprach das beste Englisch.«

»Mir schien es nicht so auffallend«, rief Jones, »aber dieser Jäger verdient, eingesperrt zu werden, wenn er sich je wieder einfallen lassen sollte, einen Zügel in die Hand zu nehmen. Ein solch linkisches Benehmen bei Pferden ist mir noch nie vorgekommen. Sicher fuhr er bis jetzt nur mit Ochsen.«

»Mir scheint, du tust dem jungen Mann unrecht«, sagte der Richter, »er zeigte doch viel Klugheit im kritischen Augenblick. - Was meinst du dazu, Beß?«

Elisabeth fuhr errötend auf und erwiderte verwirrt: »Mir schien sein Benehmen besonnen, geschickt und mutig!«

»Der Junge ist gut«, meinte Major Hartmann. »Er hat unser aller Leben gerettet, und deshalb, Richard, soll es ihm nie an einem Bett fehlen, solange der alte Fritz selbst noch eins hat. Vielleicht aber kann uns Benjamin etwas von ihm erzählen.«

Der Hausmeister, der nur darauf wartete, seine Kenntnisse anzubringen, begann sofort: »Er ist immer mit Natty Bumppo zusammen, wenn er in den Wäldern nach Wild umherstreift. Er führt eine gute Büchse. Natty sagte neulich, daß der Junge das Wild immer totsicher erlegt.«

»Lebt er in Lederstrumpfs Hütte?« fragte der Richter mit Interesse, während die dunklen Augen Elisabeths unverwandt auf dem Gesicht des Hausmeisters ruhten.

»Ganz nahe dabei«, sagte Benjamin, »nächsten Freitag werden es drei Wochen sein, als er sich zuerst mit Lederstrumpf sehen ließ. Sie hatten einen Wolf gefangen und brachten sein Fell als Geschenk mit. Dieser Bumppo hat eine sehr geschickte Hand zum Skalpieren, und es gibt hier im Dorf Leute, die behaupten wollen, daß er diese Fertigkeit an Menschen- und Christenskalps erlernt hätte.«

»Du mußt nicht alles glauben, was du von Natty hörst«, erwiderte der Richter ernst, »er hat das Recht, sich seinen Unterhalt in diesen Bergen und Wäldern zu suchen, und sollten es sich einige Leute im Dorf einfallen lassen, ihn zu schikanieren, so werden sie es mit mir zu tun bekommen.«

In diesem Augenblick hörte man eine gewöhnliche Schiffsglocke läuten, die die Stunde des Gottesdienstes anzeigte.

»Herr Grant, wollen Sie so gut sein, das Gebet zu sprechen? Es wird Zeit sein, aufzubrechen«, sagte jetzt der Richter.

Der Geistliche erhob sich und sprach das Tischgebet, worauf sich die Gesellschaft auf den Weg zur Kirche machte.

Fünftes Kapitel

 

Während Richard und M. le Quoi, von Benjamin begleitet, auf einem näheren Fußpfad zur Schule gingen, wählten der Richter mit seiner Tochter, der Geistliche und der Major im Schlitten einen weiteren, aber bequemeren Weg durch das Dorf. Der Mond war aufgegangen, und sein Schein lag auf den dunklen Fichten an den östlichen Bergen. Der Widerschein auf der weißen Oberfläche des Sees und der Felder erleuchtete die unermeßliche, fleckenlose Schneefläche wie am Tag.

Elisabeth las, während der Schlitten langsam durch die Hauptstraße fuhr, die Schilder, die beinahe über jedem Haus angebracht waren. Sie entdeckte neue Handwerker, Kaufleute und auch viele fremde Namen. Alle Bewohner schienen unterwegs zu sein, denn man sah ihre vermummten Gestalten in den Straßen dem gleichen Ziel zueilen. Etwas später kam der Schlitten an einem erleuchteten Gebäude vorüber, und Elisabeth erkannte den alten Gasthof »Zum kühnen Dragoner«. Die Wirtin, die mit ihrem Mann gerade herauskam, rief ihnen mit unverkennbar irischem Akzent zu: »Willkommen in der Heimat, Richter! Herzlich gegrüßt, Miß Lizzy. Sie sind ein schönes Frauenzimmer geworden. Was für ein Herzweh würden Sie den jungen Männern machen, wenn ein Regiment in der Stadt läge.«

»Es freut mich, Sie zu sehen, Frau Hollistar«, entgegnete Elisabeth.