Beide waren tot. Eine halbvolle Whiskyflasche mit der Etikette eines bekannten Destillateurs lag zwischen ihnen. Man nahm an, daß sie in angetrunkenem Zustand im Schnee steckengeblieben waren. Der Whisky wurde chemisch untersucht - es war reiner Whisky, keine Spur von Gift. Unglücksfall! stellte das Gericht fest. - Der Wetter war sechs Stunden nach der Auffindung der Leichen zur Stelle. Drei Tatsachen stellten sich heraus. Erstens: die Flasche Whisky war nicht im Wirtshaus gekauft worden; die beiden hatten auch keine bei sich gehabt, als sie dort einkehrten. Wallis hatte zwar eine Flasche verlangt, doch der Wirt verweigerte die Herausgabe, als er sah, wie betrunken die Burschen bereits waren. Zweitens: die Flasche war am Ort des Leichenfundes geöffnet worden, obschon keiner einen Korkzieher bei sich getragen hatte. Die dritte Tatsache ergab sich erst einige Zeit später. Ein Schuhmacher, der das Handwerkszeug des Wallis aufkaufte, stach sich mit einer Ahle in den Finger und verfiel in Starrkrampf. Der Wetter beschlagnahmte das Handwerkszeug und ließ es untersuchen. Fast jedes Stück war vergiftet.
Die Öffentlichkeit erfuhr von diesen Dingen nichts. Der Tod des Richters bedeutete ihr wenig - ein natürliches Ereignis. Der Tod des Staatsanwalts? Einer jener bedauernswerten Unfälle, wie sie fast täglich vorkommen. Der Tod des Henkers verursachte einige Aufregung, doch niemand dachte an einen Racheakt.
Oberst Macfarlane räusperte sich und strich seinen Schnurrbart. Sein Gesicht hatte sich verfinstert. Zum drittenmal in dieser Woche führte ihm Inspektor Long das Schicksal der drei Männer vor Augen, die Clay Shelton in den Tod geschickt hatten.
»Ich gebe die Möglichkeit zu, daß Sie recht haben«, sagte er endlich, »und sollte Joshua Monkford getötet werden, dann könnte tatsächlich kein Zweifel mehr bestehen.« Der Wetter sah ihn vorwurfsvoll an.
»Soll ich das so verstehen, daß Monkford sterben muß, um Scotland Yard zu überzeugen?«
Diese Art Bemerkungen machten den Wetter bei seinen Vorgesetzten nicht beliebter.
»Selbstverständlich nicht!« fuhr der Oberst auf. »Und Sie haben dafür zu sorgen, daß er nicht stirbt. Haben Sie alle Vorsichtsmaßregeln getroffen?«
»Ich habe zwei Beamte in Marlow, außerdem sind zwei Privatdetektive der Bankiervereinigung dort. Die Gefahr droht aber nicht in Marlow.«
»Wo sonst?«
»In Little Heartsease - es ist eine Art Landklub, im Grunde einfach ein Hotel auf dem Lande. Es wird von einem gewissen Cravel geführt und ist mit sämtlichen Bequemlichkeiten ausgestattet.«
Der Name war dem Obersten nicht unbekannt.
»Veranstaltet dieses Hotel nicht auch ein Golfturnier?«
»Das vornehmste in England«, antwortete der Wetter. »Es ist für Golf, was Ascot für die Pferderennen - ein Vorwand, um Gesellschaften zu geben und hübsche Toiletten zu zeigen. Monkford kann ein ›Tee‹ nicht von einem »Brassie« unterscheiden, und Hunderte von Leuten, die dort sind, wissen nicht mehr. Es ist hauptsächlich ein Gesellschaftsereignis. Ich werde dort sein und meine neue Garderobe und einen gelangweilten Blick zur Schau tragen. In Heartsease droht Monkford Gefahr. Fragen Sie mich nicht warum, denn ich weiß es nicht. Ich habe eine Vorahnung, und das ist manchmal mehr wert als eine Menge genauer Informationen.«
Macfarlane schaute eine Weile vor sich hin, dann sagte er bedächtig:
»Etwas ist eigenartig bei Shelton - ich weiß nicht, ob es Ihnen auch aufgefallen ist, Long?«
»Was ist es?« fragte der Wetter und erwartete, etwas längst Bekanntes zu vernehmen.
Statt dessen sagte der Chef:
»Er hat nie Ihren Vater beraubt.«
Long starrte ihn verblüfft an.
»Nein, das hat er allerdings nicht getan!«
Sein Vater stand an der Spitze einer der größten Banken der City, die nach streng konservativen Grundsätzen verwaltet wurde.
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