Der liebe Gott aber hätte sich für solchem Gräuel entsetzet, und es hätte ihr doch nicht geholfen, massen sie sich so sehr bei dem Essen gespeiet, daß sie davon den Geist aufgegeben. Sonsten meinte er, stünd' es im Kapsel schon etwas besser, dieweil der liebe Gott sie reichlich mit Fischen sowohl in der Sehe als im Achterwasser gesegnet. Doch wären auch hier viel Leute für Hunger gestorben. Von seinem Pfarrherrn Ehre Johannes Lampius2 verzählete er, daß sein Haus von den Kaiserlichen gebrennet sei, und er in einer Kirchenbude3 läge. Ich ließ ihne grüßen, und möcht er doch bald einmal sich zu mir aufmachen (welches der Kerl auch zu besorgen versprach), denn Ehre Johannes ist ein frommer gelehrter Mann, und hat auch etzliche lateinische Chronosticha auf diese elendig Zeit in metro heroico gestellet, so mir sehr gefallen, muß ich sagen4.

Doch auf der Hälfte des Weges zwischen Coserow und Wolgast, jetzt Zinnowitz geheißen.

Als wir nun über die Fähr kamen, sprachen wir auf den Schloßplatz bei Sehms ein, so ein Krüger ist, welcher uns verzählete, daß die Pest noch immer nit ganz in der Stadt aufgehöret, worüber ich fast erschrake, zumalen er auch noch viele andere Gräuel und Leiden dieser betrübten Zeit, so hier und an andern Orten beschehen, uns für Augen stellete, e.g. von der großen Hungersnoth im Land zu Rügen, wo viele Menschen für Hunger so schwarz wie die Mohren geworden, ein wunderlich Ding, so es wahr ist, und möchte man daraus fast gießen, wie die ersten Mohren entstanden seind5. Aber das lassen wir jetzt in seinen Würden. Summa als Meister Sehms uns verzählet, was er Neues wußte, und wir daraus zu unserm Troste sahen, daß der Herr uns nicht allein heimbgesuchet in dieser schweren Zeit, rieffe ich ihn in eine Kammer, und fragete ihn, ob es hier nicht wo Gelegenheit hätte, ein Stück Birnstein zu versilbern, so mein Töchterlein an der Sehe gefunden. Aber er sagte erstlich nein, darauf aber sich besinnende hub er an: »halt laß Er sehen. Denn es seind hier beim Schloßwirth Niclas Grecken zwo holländische fürnehme Kaufleute in Herberge, als: Dieterich von Pehnen und Jakob Kiekebusch, welcher Theer und Bretter kaufen, item Schiffholz und Balken, vielleicht daß diese auch auf Seinen Birnstein feilschen, doch geh Er selbsten auf das Schloß, dennich weiß nit mehr vor gewis, ob sie heute noch hier seind.« Solliches thate ich auch, obwohl ich bei dem Manne noch nichts verzehret, angesehen ich erst absehen wöllte, wie's mit dem Handel abliefe, und die Witten so der Kirchen gehörten, bis so lange verspaaren. Kame also auf den Schloßhof. – Aberdu lieber Gott, wie war auch Sr. fürstlichen Gnaden Haus seit kurzer Zeit fast zur Wüstenei worden. Den Marstall und das Jagdhaus hatten anno 1628 die Dänen gebrochen; item viele Zimmr im Schlosse geruiniret, und in Sr. fürstlichen Gnaden des Herzogen Philippi Locament, wo er mich ao. 22 mit meinem Töchterlein, wie man weiter unten lesen wird, so mildiglich getractiret, hausete jetzt der Schloßwirth Niclas Graeke, und waren all die schönen Tapecereyen, worauf die Wallfahrt Sr. fürstlichen Gnaden weiland Bagislai x. gen Jerusalem fürgestellet wär, heraußergerissen und die Wände grau und garstig6. Solliches sahe mit betrübtem Herzen, fragte darum alsobald nach den Kaufleuten, welche hinter dem Tische saßen, und schon Abschiedszeche hielten, dieweil ihr Reisegeräthe allbereits umb sie lag, umb damit nacher Stettin aufzubrechen. Als nun der eine von der Zeche aufsprange, ein kleiner Kerl, mit einem gar stattlichen Wanst, und einem schwarzen Pflaster über der Nasen, und mich fragete: was ich wölle? nahme ich ihn abseiten in ein Fenster, und sagte: daß ich schönen Birnstein hätte, und ob er gesonnen, mir solchen zu versilbern, was er gleich zu thun versprach. Und nachdem er seinem Gesellen etwas ins Ohr gemurmelt, wurd er fast lieblich aussehen, und reichte mir auch erst den Krug, bevorab wir in meine Herberge gingen. That ihm also recht wacker Bescheid, da ich, wie obbemeldet noch nüchtern war, so daß mir gleich baß umbs Herze wurde. (Du lieber Gott, was gehet doch über einen guten Trunk so es mit Maßen geschieht!) Darauf schritten wir in meine Herberge, und mußte die Magd die Kiste abseiten in ein Kämmerlein tragen. Doch hatte ich selbige kaum aufgethan, und das Kleid davon gezogen, als der Mann (so Dieterich von Pehnen war, wie er mir unterwegs gesaget) für Freuden die Hände in die Höhe hub, und sagete: daß er solchen Segen in Birnstein noch niemals nit gesehen, und wie ich dazu gekommen? Antwortete also, daß ihn mein Töchterlein an der Sehe gefunden, worüber er sich sehr verwunderte, daß es hier so viel Birnstein hätte, und mir gleich vor die ganze Kiste 300 Fl. böte. War für Freuden über solchen Bot außer mir, doch ließ mir nichtes merken, besondern feilschte mit ihme bis auf 500 Fl. und söllte ich nur mit ins Schloß kommen und dorten gleich mein Geld haben. Bestellete dahero gleich bei dem Wirth einen Krug Bier, und vor mein Töchterlein ein gutes Mittagbrod, und machte mich mit dem Mann und der Magd, so die Kiste truge wieder ins Schloß auf, bittende: er wölle aber, umb gemeiner Verwundrung willen, nichtes nicht von meinem großen Seegen zu dem Wirth oder sonst zu männiglich hier in der Stadt sagen, und mir mein Geld sonderlich7 aufzählen, massen man auch nit wissen könnte ob mir die Schnapphanichen8 nicht unterweges aufpaßten, wenn sie solches erführen, welches der Mann auch thät. Denn er mürmelte gleich seinem Gesellen wieder ins Ohr, worauf dieser seinen ledernen Rock aufthät, item sein Wams und seine Hosen, und sich ein Kätzlein von seinem Wanst schnallete, so trefflich gespicket war, und er ihme reichete. Summa: es währete nit lange, so hatte ich meinen Reichthumb in der Taschen, und bate der Mann noch überdies, wenn ich wieder Birnstein hätte, sölle ich ja gen Amsterdamm an ihn schreiben, was ich auch zu thun versprach.