Amen.)

Item als Se. fürstliche Gnaden nunmehro auch nach mir und meiner Pfarren gekundschaftet und gehöret, daß ich alt adlichen Geschlechtes und mein Salarium fast zu schwach sei, rief sie dero Canzler D. Rungium, der draußen an dem Sonnenzeiger stund und schauete, aus dem Fenster und befahle ihme, daß ich vom Kloster zu Pudgla, item von dem Kammergut Ernsthoff eine Beilage haben sollte, wie oben bemeldet. Aber Gott seis geklagt, habe selbige niemalen erhalten, obwohl das Instrumentum donationis17 mir bald hernach auch durch Sr: fürstlichen Gnaden Canzler gesendet ward. –

Daraufgab es vor mich auch Blinschen, item ein Glas wälschen Wein aus einem gemalten Wappenglas, worauf ich demüthig mit meinem Töchterlein meinen Abtritt nahm.

Umb nun aber wieder auf meine Kaufmannschaft zu kommen, so kann männiglich vor sich selbsten abnehmen, welche Freude mein Kind empfand, als ich ihr die schöne Dukaten und Gulden wiese, so ich vor den Birnstein erhalten. Der Magd aber sagten wir, daß wir solchen Segen ererbet durch meinen Bruder in Holland, und nachdem wir abermals dem Herrn auf unsern Knieen gedanket, und unser Mittagsbrod verzehret, hielten wir gute Kaufmannschaft an Fleisch, Brode, Salz, Stockfisch, item an Kleidern, angesehen ich vor uns drei von dem Wandschneider die Winternothdurft besorgete. Vor mein Töchterlein aber kaufte noch absonderlich eine gestrickte Haarhaube und ein roth seidin Leibichen mit schwarzen Schurzfleck und weißem Rock, item ein fein Ohrgehänge, da sie fast heftig darumb bat, und nachdem ich auch bei dem Schuster die Nothdurft bestellet, machten wir uns endiglichen, da es fast schon tunkel ward, auf den Heimbweg, kunnten aber fast nit alles tragen, so wir eingekaufet. Derohalben mußte uns ein Bauer von Bannemin helfen, so auch zur Stadt gewesen war, und als ich von ihm erforschet, daß der Kerl, so mir die Schnede Brod gegeben, ein Katenmann, Namens Pantermehl gewest, und an der Dorfstraßen wohne, schobe ich ihm zwo Brode in seine Hausthüre, als wir davor gekommen, ohne daß er es gemerket, und zogen darauf unserer Straßen bei gutem Mondschein weiter, so daß wir auch mit Gotts Hülfe umb 10 Uhren Abends zu Hause anlangeten. Dem andern Kerl hatte ich auch vor seine Mühe ein Brod geben, obwohl er es nit verdient, angesehen er nit weiter als bis zum Zitze mit uns gehen wollte. Doch laß ihn laufen, habs ja auch nit verdienet, daß mich der Herr so gesegnet! –

 

Fußnoten

 

1 Dorf auf der Hälfte des Weges zwischen Coserow und Wolgast, jetzt Zinnowitz geheißen.

 

2 In dem hiesigen Pfarrarchiv sind auch noch einige, obgleich sehr kurze und unvollständige Andeutungen von seinen Leidenstagen während jenes Schreckenskrieges vorhanden.

 

3 Bude, davon Büdner, eine Hütte.

 

4 Der alte Herr hat sie sogar unter die noch vorhandenen Kirchenrechnungen gesetzt, und mögen ein Paar davon zur Probe hier stehen:

auf 1620/VsqVe qVo DoMIncCerIs, sIs nobIs pater!

auf 1628/InqVe tVa DeXtra fer operaM tV ChrIste benIgne!

 

5 Auch Micraelius im alten Pommernlande, v. 171, 12. gedenket dieses Umstandes, sagt aber blos: »Die nach Stralsund überliefen waren ganz schwarz vom erlittenen Hunger anzusehen.« Daher wohl die seltsame Uebertreibung des Wirths und der noch seltsamere Schluß unsers Autors.

 

6 vergl. Hellers Chronik der Stadt Wolgast, S. 42 ff. die Unordnung rührte wohl daher, weil der Nachfolger von Philippus Julius ( 6ten Febr. 1625) und zugleich der letzte Pommersche Herzog, Bogislaus XIV. in Stettin residirte. Zur Zeit ist das Schloß eine gänzliche Ruine, und nur noch mehrere große mit Kreuzgewölben versehene Keller sind vorhanden, in welchen die dortigen Kaufleute zum Theil ihre Waaren-Niederlagen haben.

 

7 besonders, privatim.

 

8 Räuber.

 

9 Auch Micraelius gedenket dieser holländischen Handelsleute, a.a.O.V., S. 171, behauptet aber, die Ursache ihres Todes sei zweifelhaft gewesen, und habe der Stadtphysikus Dr. Laurentius Eichstadius in Stettin, einen eigenen medizinalischen Discurs darüber geschrieben. Doch nennt er einen derselben Kiekepost anstatt Kiekebusch.

 

10 Gestrenge Fürsten, wer von Euch hat diesen Ring verloren?

 

11 ich bin die Tochter des Pfarrers zu Coserow.

 

12 Der Vater von Philippus Julius zu Wolgast den 17ten Junius 1592.

 

13 mein süßes Mädchen, ich habe ihn verloren.

 

14 Aber wer bist du und woher kömmst du?

 

15 Vielleicht Plinze, eine Art Kuchen.

 

16 Anna Maria Schurmann geb. zu Cöln am 5ten Novbr. 1607, gestorben zu Wiewardin d. 5ten May 1678 wär nach dem übereinstimmenden Zeugniß ihrer Zeitgenossen ein Wunder der Gelehrsamkeit und vielleicht das gelehrteste Weib, das je auf Erden lebte. Der Franzose Nande urtheilt von ihr; was die Hand bilden und der Geist fassen kann, trifft man bei ihr allein. Keine malt besser, keine bildet besser in Erz, Wachs und Holz. In der Stickerei übertrifft sie alle alten und neuen Weiber. Man weiß nicht in welcher Art der Gelehrsamkeit sie sich am mehrsten ausgezeichnet. Nicht mit den europäischen Sprachen zufrieden, versteht sie hebräisch, arabisch, syrisch und schreibt ein Latein, daß kein Mann, der sein Leben darauf verwendet, es besser kann. Der berühmte Niederländer Spanheim nennt sie »eine Lehrerin der Gratien und Musen«, der noch berühmtere Salmasius gesteht: er wisse nicht in welcher Art der Gelehrsamkeit er ihr den Vorzug geben sölle, und der Pole Rotyer nennt sie gar »das einzige Exemplar aller Wunderwerke an einem gelehrten Menschen, und ein gänzliches Monstrum ihres Geschlechts doch ohne Fehler und Tadel.« Denn in der That behielt sie bei ihrem außerordentlichen Wissen eine bewunderswürdige Demuth, wiewohl sie selbst gesteht, daß die unmäßigen Lobsprüche der Gelehrten sie jezuweilen zu eigener Selbstverblendung verleitet hätten.