Sonsten an Fischen fungen sie in allen Dörfern durch die Gnade Gottes viel, insonderheit an Häring, welcher aber schlecht im Preise steht. Auch schlugen sie manchen Saalhund2 und habe ich selbsten um Pfingsten aus einen geschlagen, als ich mit meinem Töchterlein an der Sehe ging. Selbiger lag auf eim Stein dicht am Wasser und schnarchete wie ein Mensch. Zog mir also die Schuhe aus und ging heimblich hinzu, daß er nichts merkete, worauf ich ihme mit einem Stecken so über die Nasen schlug (denn an der Nasen kann er wenig vertragen) daß er gleich ins Wasser purzelte. Doch war ihm die Besinnung schon wegk, und mochte ich ihn nunmehro leichtlich ganz zu Tode schlagen. Es war ein feistes Beest, obwohl nit gar groß, und brieten wir doch aus seinem Spek an die 40 Pott Thran, so wir beschlossen zur Winternothdurft aufzuheben.
Hierzwischen aber begab es sich, daß dem alten Seden flugs etwas ankam, also daß er das heilige Sacrament begehrete. Ursache konnte er nit angeben, als ich zu ihm kam, hat es aber vielmehr wohl nit thun wöllen, aus Furcht für seiner alten Lisen, so mit ihren Gluderaugen sein immer hüthete, und nicht aus der Stuben ging. Sonsten wollte Zutern sein klein Mädchen, ein Kind bei 12 Jahren am Gartenzaum auf der Straßen, wo sie Kraut vor das Vieh gepflücket, gehört haben, daß Mann und Frau sich etzliche Tage zuvorab, wieder heftig gescholten, und der Kerl ihr fürgeschmissen, daß er nunmehro gewißlich in Erfahrung gebracht, daß sie einen Geist habe, und wölle er alsobald hingehen und es dem Priester verzählen. – Wiewohlen das nur Kinderreden seind, will es doch wohl wahr sein, anerwogen Kinder und Narren, wie man saget, die Wahrheit sprechen.
Doch laß ich das in seinen Würden. Summa: es wurde immer schlimmer mit meinem alten Fürsteher, und wenn ich ihne, wie ich den Brauch bei Kranken hab, alle Morgen und Abend heimbsuchte, umb mit ihm zu beten, und oftmalen wohl merkete, daß er etwas annoch auf seim Herzen hatte, kunnte er doch nichtes herfürbringen, angesehen die alte Lise immer auf ihrem Posten stunde.
So verblieb es eine Zeitlang, als er eines Tags umb Mittag aus zur mir schickete: ich wölle ihme doch ein klein wenig Silbers von dem neuen Abendmahlkelch abschrapen3, weilen er den Rath gekriegt daß es besser mit ihm werden würd, wenn er es mit Hühnermist einnähm. Wollte lange Zeit nit daran gehen, maßen ich gleich vermuthete, daß darbei wieder Teufelsspök verborgen, aber er tribulirete so lange, bis ich ihme den Willen that.
Und siehe, es half fast von Stund an, so daß er am Abend, als ich kommen war mit ihme zu beten, schon wieder auf der Bank saß, ein Topf zwischen den Beinen, aus welchem er seine Suppen kellete. Wollte aber nit beten (ein seltsam Ding, da er doch sonsten so gerne gebetet, und oftmals kaum die Zeit ausharren kunnte, ehe ich kam, so daß er wohl an die zween oder dreien Malen geschicket, wenn ich nit gleich zur Hand ware, oder sonst wo mein Wesen hatte), sondern sagete, er hätte schon gebetet, und wölle er mir vor meine Mühe den Hahnen zu einer Sonntagssuppen geben, wovon er den Mist eingenommen, maßen es ein großer schöner Hahnen sei, und er nichts Besseres hätte. Und, weilen das Hühnerwerk schon aufgeflogen, trat er auch zu dem Wiem4 so er in der Stuben hinter dem Ofen hatte, und langete den Hahnen herab, so er meiner Magd unter den Arm thät, so gekommen war mich wegkzurufen.
Hätte aber den Hahnen umb alles in der Welt nit essen wollen, besondern ließ ihn zur Zucht laufen. Wie ich nun ginge, fragte ihn noch, ob ich am Sonntage dem Herrn vor seine Besserung danken solle, worauf er aber zur Antwort gab, daß ich solches halten könne, wie mir geliebte. Verließ also kopfschüttelnd sein Haus und nahm mir für, ihn alsogleich rufen zu lassen, wenn ich in Erfahrung gezogen, daß seine alte Lise nit heimisch sei (denn sie hohlete sich oft von dem Amtshaubtmann Flachs, umb solchen aufzuspinnen). Aber siehe, was geschah schon nach etzlichen Tagen? Es kam das Geschreie, der alte Seden wäre wegkgekommen, und Niemand wüßte nit, wo er geblieben. Sein Weib vermeinete, er wäre in den Streckelberg gangen, und kam dahero diese vermaledeyete Hexe auch mit großem Geheul bei mir vorgelaufen, und forschete von meinem Töchterlein, ob sie ihren Kerl nit wo hätte daselbsten laufen gesehen, dieweil sie ja alle Tage in den Berg ginge. Mein Töchterlein sagte nein; sollte aber, seis Gott geklagt, bald genugsamb von ihme erfahren. Denn als sie eines Morgens, ehe denn die Sonne aufgegangen gewest, von ihrer verbotenen Gräberei zurückkömmt, und in den Wald niedersteiget, höret sie flugs sich zur Seiten einen Grünspecht (so sicherlich die alte Lise selbsten gewest) so erbärmlich schreien, daß sie in das Gebüsche tritt, zu sehen, was er hätte. So sitzt nun dieser Specht auf der Erden vor einem Flusch Haaren, so roth und ganz so gewest seind, wie den alten Seden seine, burret aber mit einem Schnabel voll auf, wie er ihrer gewahr wird und verkreucht sich damit in ein Astloch. Wie mein Töchterlein noch stehet und diesen Teufelsspök betrachtet, kömmt der alte Paassch, so das Geschrei auch gehöret, und mit seinem Jungen sich Daukelschächte5 in den Berg gehauen, auch herbei und entsetzet sich gleicher Weiß, wie er die Haare an der Erden sieht. Und vermeinen sie erstlich, daß ihn ein Wulf gefressen, sehen dannenhero sich auch überall umb, aber finden kein einig Knöchelken. Wie sie aber in die Höhe schauen, kommt es ihnen für, als ob oben im Wipfel auch was Rothes glitzerte, und muß der Junge in den Baum steigen, wo er denn alsogleich ein groß Geschrei anhebt, daß es hier auch auf eim Paar Blätter einen guten Flusch rother Haare hätte, so mit den Blättern zusammengeklebet wären, wie mit Pech. Aber es wäre kein Pech nit, sondern sähe roth und weißsprenglich aus, wie Fischküt6. Item wären die Blätter ringsumbher, wo auch keine Haare säßen, bunt und fleckicht, und voll unsauberen Stankes. Wirft also der Junge auf Geheiß seines Herren den Kletten herab, und judiciren sie beide gleich unten, daß dies den alten Seden sein Haar und Hirn sei, und ihn der Teufel bei lebendigen Leibe gehohlet, weil er nit hat beten wöllen und dem Herrn danken vor seine Besserung. Solches gläubete ich auch selbsten, und stellte es auch am Sonntag so der Gemeine für. Aber man wird weiters unten sehen, daß der Herr noch andere Ursachen gehabt ihn in die Hand des leidigen Satans zu geben, angesehen er sich auf Zureden seines bösen Weibes von seinem Schöpfer losgesagt, umb nur wieder besser zu werden. Vor jetzo aber thät auch diese Teufelshure, als wäre ihr das größete Herzeleid zugefüget, inmassen sie sich die rothen Haare bei ganzen Fluschen ausriße, wie sie von dem Grünspecht durch mein Töchterlein und den alten Paassch hörete und lamentirte, daß sie nunmehro auch eine arme Wittib sei, und wer sie in Zukunft verpflegen würd etc.
Hierzwischen feierten wir auch an dieser öden Küsten, so gut wir kunnten und mochten mit der ganzen protestantischen Kirchen den 25sten Tag mensis Junii, wo für nunmehro 100 Jahren die Stände des heil. Römischen Reichs dem großmächtigsten Kaiser Carolo V ihre Confession zu Augsburg fürgeleget, und hielte ich die Predigt über Matth.
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