Wissen Sie was, Herr Simon? Versprechen Sie sich itzt mit ihr und schieben Sie die Hochzeit noch ein Jahr auf; aber sagen Sie es Ihrer Frau Schwiegermutter nicht. Warten Sie noch ein paar Tage hier, und alsdann nehmen Sie Ihr Christianchen gleich mit. Ich will ihr Gesellschaft leisten. Machen Sie uns nur bei der Frau Richardin in Berlin ein Quartier aus. Ich will um Ihre Braut sein. Ich will sie in Gesellschaft bringen. Ich will mit ihr reden. Ich will ihr gute Bücher oder vernünftige Romane vorlesen. Ich will ihr so viel Französisch lernen, als ich kann. Sie soll allemal über den ändern Tag einen Brief an Sie schreiben.
SIMON. Dies wollen Sie tun?
LORCHEN. Ja, Sie sollen sie alle Tage besuchen; aber im Anfange nur eine halbe Stunde. Sie sollen sie zärtlich machen. Sie sollen ihr die größten Gefälligkeiten erweisen, damit sie anfängt, Sie recht zu wünschen und zu verlangen. Dieses Verlangen wird sie beleben und ihr ein Antrieb zu alle dem werden, was man Lebensart und Artigkeit nennt. Ich weiß es gewiß, sie wird in kurzer Zeit so munter und angenehm sein, als sie unschuldig und schön ist.
SIMON. Wie glücklich bin ich! Sie wollen sich die Mühe geben und mein Christianchen ziehen und mir eine glückliche Ehe machen? Herr Ferdinand, Sie sagen nichts dazu?
FERDINAND. Was soll ich sagen? Lorchen beschämt uns alle beide an[463] Einsicht. Sie verdient Hochachtung und Gehorsam. Folgen Sie ihr! Mein Rat ist kein andrer als der ihrige.
LORCHEN. Herr Ferdinand, Sie wollen gewiß sehen, ob ich bei einer Lobeserhebung noch rot werde? Wenn mein Rat gut ist, so habe ich ihn nicht sowohl meiner Einsicht als der Liebe zu einer unschuldigen und noch nicht erzogenen Freundin zu danken. Ich weiß mir die Welt und Herr Simonen, dem ich schon so viel Höflichkeit schuldig bin, nicht verbindlicher zu machen, als wenn ich eine zufriedene Ehe bewerkstelligen helfe. Es soll mir das größte Vergnügen sein, wenn ich diese guten Absichten bei unserer Christiane erreiche, und ich zweifle nicht einen Augenblick daran.
SIMON. Großmütige Freundin, womit kann ich Ihre Redlichkeit belohnen? Sie wissen, daß ich mehr Vermögen habe, als ich vielleicht bei einer ordentlichen Lebensart brauche. Das Glück ist nicht so liebreich gegen Sie gewesen als die Natur. Erlauben Sie mir, daß ich diesen Mangel ersetzen und Ihnen eine Verschreibung von fünftausend Talern anbieten darf. Solange ich lebe, und solange Sie in Berlin bleiben wollen: so sollen Sie nicht für das geringste zu sorgen haben. Das Geld aber können Sie zu Ihrem freien Gebrauch anwenden.
LORCHEN. Ich, mein Herr –
SIMON. Dieses Geld soll mit der Bedingung das Ihre sein, daß Sie sich nicht dafür bei mir bedanken.
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