Ich will sie schon mit Kleidern versorgen.
FRAU RICHARDIN. Nein, Herr Sohn, von denen fünftausend Talern, die ich ihr mitgebe, dürfen Sie nicht einen Heller zu Kleidern anwenden. Das Kapital muß in die Steuer und die Interessen müssen wieder zu einem Kapitale gemacht werden. Dieses ist mein Wille. Ich arme Witwe, wie werde ich so viel Geld in meiner schweren Haushaltung entbehren können?
SIMON. Die Frau Schwiegermutter (erlauben Sie, daß ich mich nunmehr[465] dieses Worts bedienen darf) kennen doch allemal Ihren Weg zu mir.
FRAU RICHARDIN. Zum Gebete, wollen Sie sagen, ja zum Gebete will ich meine Zuflucht nehmen. Ich habe der Heirat wegen heute meine Übungsstunde ausgesetzt. Gott wird mirs vergeben. Ich will es ein andermal einbringen. Und ich habe mich entschlossen, Gott morgen etwas zu seinem Dienste zu schenken, wenn Sie etwas dazu beitragen wollen.
SIMON. Von Herzen gern. Wollen wir etwa dem Armut etwas geben oder zur Erziehung etlicher Waisen etwas Gewisses aussetzen? Mit Freuden! Ich wollte, daß ich alle Menschen glücklich machen könnte.
FRAU RICHARDIN. »Ach! das Armut!« Man weiß ja nicht, wie man seine Gaben anlegt. Es gibt der gottlosen Leute zuviel. Nein, da ich mit meiner Christiane darniederkam: so ließ ich den Taufstein in unserer Kirche kleiden; und da sie heiratet: so will ich gern ein Liebeswerk tun und den Altar bekleiden lassen. Ich will nur gut rot Tuch und tombakne Tressen darum nehmen: demungeachtet wird es schon sehr hoch kommen. Ich arme Frau! Doch laß deine Rechte nicht wissen, was deine Linke tut. Wer der Kirche gibt, der leiht dem Herrn, und der wird es ihm wieder vergelten.
SIMON. Lassen Sie den Altar kleiden. Ich will ein klein Kapital zur Verpflegung der Hausarmen aussetzen.
FRAU RICHARDIN. Ach, die Hausarmen! Bedenken Sie nur, ich gebe zuweilen einem armen Manne, der sich bei meinem Hausbau zu Schanden gefallen hat, ein Almosen. Letzthin treffe ich ihn vor dem Tore auf der Straße sitzend an. Können Sie sich wohl einbilden, daß er eine Semmel in der Hand hatte und aß? Das gottlose und verschwenderische Volk.
SIMON. Wer weiß, wer sie ihm gegeben hat? Gesetzt, er hätte sie auch gekauft. So ist er vielleicht so elend, daß er kein Brot mehr zu sich nehmen kann. Und endlich hat er ja, als ein Armer, auch Recht zu einer kleinen Erquickung.
FRAU RICHARDIN. So? Soll er nicht sparen? Nicht zu Rate halten? Könnte er sich nicht auch Bier dazu holen lassen? Es kömmt das ganze Jahr keine Semmel in mein Haus, und ich lebe immer. Wenn ich und mein seliger Herr nicht gespart hätten, wo hätte es herkommen sollen? Ich habe siebenmal in den Wochen gelegen, und allemal habe ich der Kirche etwas geschenkt. Bei meinem ersten Sohne verehrte ich ein stark mit Silber beschlagnes Kollektenbuch[466] auf den Altar, weil ich gern wollte, daß er Theologiä studieren sollte, und bei der ...
SIMON.
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