BERNHARD.

Botschaft? Was?

Botschaft von wem?

SATILATLAS.

Vom Könige Pipin.

BERNHARD.

Ich bin der Kämmrer; Botschaft für Lothar

Ist auch für mich – sagt mir –

SATILATLAS.

Nein, edler Herr –

Ausdrücklich wurde Weisung uns gegeben,

Nur an Lothar –

BERNHARD.

Nennt Eure Botschaft mir

Und Euer soll Hamatelliwa sein.

TEMIN.

Versprecht Ihr das?

BERNHARD.

Bei meiner Ritterehre!

SATILATLAS.

Nun, so erfahrt: Als auf dem Weg hierher

Wir bei Lyon die Rhone überschritten,

Da stießen wir aufs kriegerische Lager,

In dem der Aquitanierkönig lag.

Er heischte unser Reiseziel zu wissen,

Und da er's hörte, gab er für Lothar

Uns diese Botschaft. Alles ist bereit;

Ich bin vor Worms zum festgesetzten Tag,

Und halte Euch das Netz – schafft Ihr die Fische.

BERNHARD.

Schafft Ihr –

TEMIN.

So sagt' er, wir verstanden nicht.

BERNHARD für sich.

Doch um so besser ich.

SATILATLAS.

Ihr wißt es nun.

Gebt Ihr das Mädchen?

BERNHARD.

Ja, doch eines noch:

Ihr sollt die Botschaft an Lothar bestellen;

Doch jetzt noch nicht, nicht ohne mein Geheiß.

Ich werde Euch bestimmen, wann und wo.

SATILATLAS.

Wo soll's geschehn?

BERNHARD.

Vor Kaiser und vor Reich.

TEMIN.

Das, fürcht' ich, widerspricht dem Willen

König Pipins.

BERNHARD.

Was kümmert Euch Pipin?

Diese Bedingung stell' ich.

SATILATLAS UND TEMIN beraten sich einen Augenblick leise.

SATILATLAS.

Gut – es sei;

Ihr laßt uns rufen?

BERNHARD.

Ja, bis dahin wartet.

 

Satilatlas, Temin ab nach rechts.

 

BERNHARD zu Abdallah.

Geh jetzt – doch sei gewärtig meines Winks,

Wenn ich sie brauche – nun, was blickst du so?

ABDALLAH.

Vergib mir, Herr – du willst Hamatelliwa –

BERNHARD.

Zum Vater schicken, hast du nicht gehört?

ABDALLAH.

Ich gab nicht acht – so hab' ich recht gehört.

 

Ab nach rechts.

 

BERNHARD allein.

Mit seinem Heerbann rückt Pipin auf Worms. –

Haupt werde fruchtbar, zeuge mir Gedanken,

Verdoppelt, Taten, euren Sturmesschritt.

Er hält das Netz – ah wart', in deine Netze

Spring' ich hinein, daß Euch die Maschen reißen!

Nun soll's ein Krachen geben durch die Welt,

Wenn ich dies Band der Karolingerfreundschaft,

Dies klägliche, mit meinen Händen fasse

Und so und so in die vier Winde reiße.

Lothar – Pipin, ei seht, Ihr mut'gen Füllen

Im wurmzerfressnen Karolingerstall

Schlagt Ihr so mutig aus? Seid auf der Hut,

Der Pyrenäenwolf steht vor der Türe.

 

 

Sechster Auftritt

Rudthardt. Ottgar. Humfried und andere deutsche Herren von links zu dem vorigen.

 

BERNHARD für sich.

Die Stunde naht – hier kommt bereits der Vortrab;

 

Laut.

 

Ich grüß' Euch, edle Herrn.

RUDTHARDT leise.

Wer ist der Herr?

OTTGAR ebenso.

Kennt Ihr ihn nicht? Das ist der neue Kämmrer.

RUDTHARDT.

Nun Herr, Gott grüß Euch; und da Ihr's vermögt,

So laßt den Reichstag heut zu lang nicht dauern.

BERNHARD.

Dem Kaiser meld' ich Eure Pünktlichkeit.

 

Mit höflicher Verneigung nach links ab.

 

RUDTHARDT.

Ein art'ger Herr.

OTTGAR.

Er kommt von Spanien drunten,

Es ist der Graf von Barcelona.

HUMFRIED.

Der?

Der mit den Sarazenen focht?

OTTGAR.

Der ist es.

RUDTHARDT.

Ein gutes Schwert nach allem, was man hört.

OTTGAR.

Und gar kein Freund der Franken, wie man sagt.

RUDTHARDT.

Das lohne ihm der heil'ge Bonifaz.

 

Sieht sich um.

 

Dies also sind die Schranken des Turniers,

Wo Irmengard und Judith streiten sollen?

 

 

Siebenter Auftritt

Matfried von Orleans, Hugo von Tours und andere Franken von links zu den vorigen.

 

HUGO zu Matfried.

Als hätte sie der Boden eingeschluckt.

Ich fand sie nicht.

MATFRIED.

Vielleicht war's nur Geplauder.

HUGO zu Rudthardt und den andern.

Was sagen diese Herrn zum neuen Kämmrer?

RUDTHARDT.

Von Paderborn ist's weit nach Barcelona.

HUGO.

Was meint Ihr mit dem Worte?

RUDTHARDT.

Daß wir Schlechtes

Von ihm so wenig je gehört als Gutes.

OTTGAR zu Rudthardt.

Sie hofften eine andre Antwort.

RUDTHARDT.

Möglich;

Und darum eben gab ich ihnen diese.

MATFRIED zu Hugo.

Laßt diese deutschen Büffel. Ah – gebt acht!

 

 

Achter Auftritt

Von links kommen: Chorknaben – dann die Bischöfe Ebo und Agobard – und der Abt Wala – dann Ludwig, Judith links neben ihm – dann Lothar, Ludwig, Karl – dann Bernhard – dann wieder Chorknaben.

Kaiser Ludwig tritt mit Judith auf die Thronerhöhung; Bernhard hinter beide. Die Chorknaben schreiten singend rund um die Bühne.

 

CHORKNABEN.

Der du flammend in der Wolke

Zeigtest Israel den Pfad,

Neige dich dem Frankenvolke,

Gib ihm Weisheit, schenke Rat –

 

Die Chorknaben stellen sich so, daß sie den Hintergrund rechts und links abschließen. Alles setzt sich.

 

BERNHARD steigt herab, tritt auf die unterste Thronesstufe, das Gesicht zur Versammlung.

Im Namen Kaiser Ludwigs frag' ich Euch,

Seid Ihr versammelt hier zu rechtem Reichstag?

ALLE sich kurz erhebend und gleich wieder setzend.

Das sind wir.

BERNHARD.

Kamt Ihr zu dem Tag des Kaisers

Ohne Gefährde? Friedlich?

 

Immer langsamer sprechend.

 

Ohne Waffen?

Ohn' bösen Willen, freies Wort zu hindern

Durch eigne Macht – oder die Macht von andren,

Die Ihr bewaffnet wißt zu Eurem Dienst?

LOTHAR wendet sich hastig und unwillkürlich zu Matfried und Hugo, die hinter ihm sitzen.

Die Frag' erfand er! Weiß er von Pipin?

MATFRIED ebenso.

Unmöglich.

HUGO leise.

Still nur.

ALLE sich wie oben erhebend.

Also kommen wir.

LUDWIG.

Ehrwürdig Denkmal unsres alten Reiches,

Abt von Corvey, tut diesen Edlen kund

Den Zweck und Grund, warum wir sie beriefen.

WALA erhebt sich.

So preis' ich Gott, daß ich zu froher Botschaft

Die Lippen heut den Franken öffnen kann:

Ihr wißt, daß Karl, des Kaisers jüngster Sohn,

Den Judith ihm, die Tochter Welfs, gebar,

Zu seinen Jahren kam. Das Herz des Kaisers

In schwerem Kampfe mit dem Vaterherzen

Wog hin und her, ob er des Reiches Teilung,

Die er am Tag zu Aachen festgesetzt,

Zugunsten seines jüngsten Sohnes ändre.

Doch Gott erleuchtete sein Haupt und hieß ihn,

Dem Kaiser heut den Vater unterordnen.

Dies ist der Wille Ludwigs, unsres Herrn:

Drei Kronen sollen sein, doch viere nicht

Im Frankenreich. Lothar, Pipin und Ludwig,

Sie sollen Erben sein des großen Karl.

So ward's beschworen an dem Tag zu Aachen –

Erhebt Euch denn, gebt Euren Willen kund,

Soll dies bestätigt sein am Tag zu Worms?

 

Alles erhebt sich, die fränkischen und die deutschen Großen teilen sich in zwei Gruppen und treten in flüsternder Beratung zusammen.

 

LUDWIG nach einer kleinen Pause.

Wenn Ihr berietet, sprecht.

MATFRIED.

Ja, wir berieten.

Wir heißen gut den Ratschluß unsres Herrn

Und wie er teilte an dem Tag zu Aachen,

So bleibe es beschworen und geteilt.

RUDTHARDT.

Eh' wir entscheiden wünschen wir zu wissen,

Wodurch entschädigt man den jungen Karl

Für den Verlust?

WALA.

Durch reichliche Verleihung

Von Gut und Lehn für seinen Hausbesitz.

RUDTHARDT.

Zwar ist es altes Recht bei unsren Vätern,

Daß jüngster Sohn gleich ält'stem Sohne erbt;

Doch, weil der Kaiser selber so entschied

Und weil es gut ist für des Reiches Einheit,

So sagen wir: die Teilung bleibe stehn.

WALA.

Einmütiger Beschluß!

AGOBARD UND EBO.

Einmütig; ja!

MATFRIED UND HUGO.

Heil sei den Söhnen Irmengards!

DIE FRANKEN.

Heil ihnen!

JUDITH die bis dahin starr und ohne Lebenszeiten gesessen hat.

Verlangt Ihr, daß ich länger bleibe, Herr?

LUDWIG.

Geliebte, bleibt. – Nicht solchen Ruf Ihr Herrn,

Er mahnt an alte Schmerzen der Parteiung.

WALA.

Nein – nichts von Hader jetzt und nichts von Streit.

O Sohn des Himmels, wundervoller Friede,

Durchwandle nun die Gauen dieses Reichs,

Und wer an diesem hohen Freudenfeste

Noch eigne Schmerzen leidet, geh zu dem

Und zeige ihm das Antlitz deiner Schönheit

Und sprich: Du leidest – doch du bist ein einz'ger,

Die Leiden deines Herzens sind der Preis,

Der für Millionen Glück und Heil erkaufte.

LUDWIG zu Judith.

Er spricht zu deinem Trost.

JUDITH.

Ich höre es.

EBO UND AGOBARD.

Der Reichstag ist beendet. Heil dem Kaiser.

 

Freudige Bewegung. Alle drücken sich wechselseitig die Hände. Dann sammeln sich die Chorknaben, um nach links abzugehen, wie sie gekommen.

 

CHORKNABEN singend.

Der du flammend in der Wolke –

BERNHARD.

Chorknaben halt! Verstumme der Gesang!

 

Chorknaben schweigen.

 

Der Kämmrer hat zu künden, ob der Reichstag

Beendet ist.

MATFRIED.

Worauf denn wartet Ihr?

Er ist's.

BERNHARD.

Der Reichstag ist noch nicht beendet.

 

Allgemein staunende Bewegung.

 

LUDWIG.

Was ist noch, Herzog?

BERNHARD.

Dieses, gnädiger Herr:

Ungültig ist, was hier beschlossen ward.

LOTHAR.

Ungültig, was das ganze Reich beschloß?

BERNHARD.

Ja, denn dem Reichstag ward Gewalt getan. –

MATFRIED.

Durch wen?

HUGO.

Durch wen?

BERNHARD.

Durch Euch, die Ihr mich fragt!

LOTHAR.

Das lügst du, Elender!

MATFRIED.

Er lügt!

HUGO.

Er lügt!

MATFRIED wirft den Handschuh zu Bernhards Füßen.

Ich fordre Urteil nach dem Recht der Franken.

Hier liegt mein Handschuh.

HUGO desgleichen.

Und der meine hier.

LOTHAR.

Ich trete ein für diese edlen Herrn.

BERNHARD zu Lothar.

Braucht Euer Ansehn für Euch selber, rat' ich,

Ihr werdet's brauchen.