Ich weiß, daß du ihr auch gut bist, und stehe dir nicht mehr im Weg. Ich will sie dir überlassen. Du kannst nun um sie anhalten.“

„Das werde ich freilich bleiben lassen.“

„So! Warum?“

„Weil – nun, weil sie mir gesagt hat, daß sie mich nicht mag.“

„Donnerwetter!“ rief Propow mit schlechtverhehlter Schadenfreude. „Ist das wahr?“

„Würde ich es sonst erzählen? Es ist ja eine Schande für mich! Wir sind also beide abgewiesen worden und sollten uns verbinden, um gemeinschaftlich Rache zu nehmen.“

„Rache? Nein, die will ich nicht. Ein guter Christ ist nicht rachsüchtig; aber er wird der Gerechtigkeit Gottes auch nichts in den Weg legen. Das kann ich sagen.“

„Nun, das ist ganz dasselbe. Streiten wir uns nicht über leere Worte! Hier hast du meine Hand. Wollen von heute an Freunde sein und fleißig nachdenken, wie wir uns rächen können!“

Der Wachtmeister hielt dem Russen die Hand hin. Dieser schlug ein und entgegnete:

„Recht hast du. Nachsicht wäre hier nur eine Sünde. Wir wollen uns verbinden, und es müßte doch mit dem Teufel zugehen, wenn wir nicht einen Weg entdeckten, auf dem wir zum Ziel gelangen.“

„Ich glaube, daß dir ein solcher Weg bereits bekannt sein wird. Hat Peter Dobronitsch dich niemals bezüglich der ‚armen Leute‘ zu seinem Vertrauten gemacht? Ich dachte immer, daß du ein heimlicher Helfershelfer von Peter seist.“

„Das ist mir niemals eingefallen.“

„So weißt du in dieser Beziehung wirklich nichts, gar nichts von ihm?“

„Nichts. Ich ahne zwar, daß er den Flüchtlingen Hilfe gewährt, etwas Sicheres darüber aber habe ich niemals erfahren können.“

„So, so! Nun, es soll nicht lange dauern, so werde ich den Kerl fangen. Heute zum Beispiel war Alexius Boroda, der berüchtigte Zobeljäger, bei ihm.“

Der Kosak erzählte Propow jetzt den Vorgang im Gehöft des Bauern Dobronitsch, natürlich so, daß kein schlechtes Licht auf ihn selbst fiel.

„Er ist“, fuhr er dann fort, „nachdem er mir entwischte, gar nicht weit geritten, denn ich fand mein Pferd bereits nach einer Viertelstunde. Das kluge Tier war ganz einfach dahin zurückgelaufen, wo es mich verlassen hatte.“

„Hm! Da kommt mir ein Gedanke, der vielleicht nicht übel ist. Der Boroda hat dein Pferd nur so weit benutzt, wie es nötig war, aus deiner Nähe zu kommen, und ist noch hier. Willst du ihn nicht fangen?“

„Welche Frage! Es sind tausend Rubel auf sein Ergreifen gesetzt.“

„Die kannst du dir verdienen.“

„Ich will es versuchen. Mein Plan ist bereits fertig.“

„Darf ich ihn erfahren?“

„Ich habe nun einmal Vertrauen zu dir gefaßt; darum will ich nicht hinter dem Berg halten. Ich weiß, daß Boroda bei Peter Dobronitsch zu finden ist. Er ist gekommen, um sich von dem Bauern Hilfe zu holen, und kommt, da du ihn dabei erwischt und vertrieben hast, wieder.“

„Ganz gewiß!“

„Aber nicht am Tag.“

„Das wird ihm einfallen! Er schleicht sich in der Nacht herbei; das ist sicher.“

„Richtig! Und das gibt eine vortreffliche Gelegenheit, auch Dobronitsch zu bestrafen.“

„Wir haben die gleiche Ansicht, und so denke ich, daß unsere Vermutung uns nicht täuschen wird. Er soll nur kommen. Ich werde ihn empfangen. Meine Maßregeln werden gut getroffen sein. Ich lege meine Kosaken in den Hof. Wenn er dann erscheint, ergreifen wir ihn.“

„Wenn du dich mit zwanzig oder dreißig Kosaken in das Gut legst und Posten ausstelltest, denkst du, daß er das nicht merken würde? Nein, sobald du den Hof förmlich besetzt, wirst du ihn nicht fangen.“

„Wie soll ich es aber dann tun?“

„Heimlich, mit größter Vorsicht. Peter Dobronitsch würde ihm sonst sicherlich ein Zeichen geben, daß Gefahr vorhanden ist. Dobronitsch darf also selbst nicht wissen, daß sein Hof bewacht ist.“

„Du, dieser Einfall ist nicht übel!“

„Siehst du! Ich denke mir, daß Boroda heimlich sich herbeischleichen wird. Kennst du die kleine Kammer, hinter deren Fenster das Licht zu brennen pflegt?“

„Ja. Dobronitsch stellt dort Essen und Trinken hin.“

„Natürlich wird Boroda mit Dobronitsch reden wollen. Wie aber gelangt er zu ihm?“

„Hm! Vielleicht durch eine offene Tür?“

„O nein, sondern eben durch das offene Fenster.