Wer sich aber nur für einen ausgibt, dem kann es leicht schlecht ergehen. Wir müssen hier eine strenge Wache halten. Wo bist du eigentlich her?“

„Aus Witimska.“

„Das ist sehr weit oben im Norden. Da bin ich freilich nicht bekannt. Du wirst mir also sagen müssen, ob du eine Legitimation bei dir führst.“

„Warum? Komme ich dir etwa verdächtig vor?“

„Sogar sehr. Du siehst einem Mann ähnlich, den wir mit Schmerzen suchen. Du siehst genauso aus wie Alexius Boroda, der berüchtigte Zobeljäger, der so viele Gefangene befreit hat.“

Fast hätte Mila einen Ruf des Schrecks ausgestoßen. Dieser Alexius Boroda war allerdings seit einiger Zeit in aller Munde. Er war hoch oben im Norden tätig gewesen. Man erzählte sich, daß er Verwandte in Jakutsk besessen habe, denen er ein kühner Retter geworden sei. Nachher sollte er auch eine ganze Anzahl Gefangener aus Nertschinsk befreit haben und sich nun mit all diesen Leuten auf dem Weg nach der Grenze befinden.

Wenn der Sänger wirklich dieser kühne Zobeljäger war, so stand jetzt alles für ihn zu befürchten, denn der Wachtmeister war als ein strenger, schlauer und rücksichtsloser Mann bekannt.

Freilich, dem Gesicht nach, das der Sänger zeigte, konnte er der Gesuchte nicht sein, denn er lachte sehr fröhlich und sagte:

„Brüderchen, da tust du mir viel zu viel Ehre an. Ich wollte mich stolz fühlen, wenn ich ein so berühmter Mann wäre. Wir Dichter sind alle gern ein wenig berühmt; aber leider bin ich nur ein armer unbekannter Sängersmann. Mein Name ist Peter Saltewitsch.“

Als Alexius diesen Namen nannte, bemerkte er wohl, daß einer der beiden anderen Kosaken ein sehr erstauntes Gesicht machte und sich im Sattel höher emporrichtete, als ob er ihn schärfer beobachten wolle.

Auch der Wachtmeister hatte das gesehen. Er beachtete es aber jetzt noch nicht, sondern forderte den Sänger auf:

„So beweise es mir! Zeig mir einmal den Paß und auch die Bescheinigung, daß du die Erlaubnis hast, als Sänger im Land umherzureisen.“

„Hier hast du sie.“

Alexius zog die beiden Papiere aus der Tasche und übergab sie dem Kosaken. Dieser untersuchte sie sehr genau und schüttelte den Kopf.

„Sie sind richtig!“ meinte er enttäuscht. „Also kann ich dich nicht hindern, deine Kunst auszuüben; aber, hm – was hast du denn? Was willst du sagen?“

Diese Frage war an den bereits erwähnten Kosaken gerichtet, der ungeduldig im Sattel umhergerutscht war und dem man ansah, daß er gar zu gern eine Bemerkung gemacht hätte. Jetzt antwortete er auf die Frage seines Vorgesetzten:

„Brüderchen, ich will wetten, daß der Mann nicht Peter Saltewitsch ist. Jener hatte lichtes Haar; dieser hier aber ist dunkel. Auch war er kleiner und untersetzter und hatte ganz die russischen Gesichtszüge. Dieser jedoch sieht gar nicht wie ein Russe aus.“

„Hm!“ brummte der Wachtmeister wichtig. „Das ist freilich auffällig. Hier im Paß steht: Zähne gut, Gesicht gewöhnlich; dagegen ist gar nichts zu sagen, und auch das andere stimmt. Aber deine Rede darf auch nicht überhört werden. Wir müssen einmal diesen – hm!“

Er betrachtete den Sänger abermals sehr genau. Dieser aber lachte laut auf und sagte:

„Was gibt es da zu überlegen? Die Sache ist ja außerordentlich einfach! Dieser Kosak irrt sich und irrt sich auch nicht. Wir sind nämlich zwei Brüder; ich heiße Peter, und mein Bruder heißt Paul Saltewitsch. Ihn hat er gesehen und mich nicht. Er verwechselt die Vornamen.“

„O nein“, meinte der betreffende Kosak. „Ich habe viel von dem Peter sprechen hören; er hat keinen Bruder; er besitzt überhaupt keine Verwandten.