MICHELANGELO.
Ich zieh
Mein andres Kleid an und wir gehn.
Ab.
TORRIGIANO allein.
S'ist lächerlich!
Das war mein Plan: Von hier zum Papst, vom Papst hernach
Zum Advokaten, und von dem ins Wasser, um
Die Leichenfleddrer nicht zu foppen. O ich Tor!
Ich glaubte, die drei letzten Nägel fehlten nur,
Den Sarg in meiner Brust ganz zuzuschließen, der
Mein Lebensgut enthält, und nun geschieht es mir,
Daß ihn ein Seufzer sprengt und in die Sonne wirft!
MICHELANGELO kommt umgekleidet zurück.
Beim Papste hab ich stete Audienz. S' ist nur
Die Formel der Begnadigung, was warten läßt.
Solange bleibst du noch versteckt. Du wirst mir bei
Enthüllung der Sixtina dann zur Seite stehn.
TORRIGIANO.
Ob meines Anzugs sorg ich nur! Er bricht wie Zunder!
Zweiter Auftritt
MICHELANGELO.
Was ist das für ein Jasten draußen und Gegröhl
Der Gassenjungen? Zwischendrin ein Schwein! Und jetzt
Evivarufe vor der Tür? Vom Fenster weg
Du mit dem Ferkel dort! Gibts keinen Fremden mehr,
Der einen Batzen für euch in die Tiber wirft?
Dann spült euch dort den Schmutz ab, statt euch hier zu räkeln.
Cellini ists. Ich kenn ihn an der Stimme. Wohl
Klingt sie und golden.
CELLINI mit einem Schwarm von Pilgern auftretend.
Hier herein müßt ihr, ihr Herrn!
Doch erst das staubige Lederzeug vorn Fuß gestreift,
Den Stock ins Eck gestellt, und das Barett, wers trägt,
Vom Kopf genommen! Nicht nur in Jerusalem
Gibts Boden, drauf der Fuß mehr brennt, wenn Sohlen drunter!
MICHELANGELO.
Habt aber acht! Am Boden hier klebt Material
Zu einem Regenbogen!
CELLINI winkt seinen Begleitern ab.
Michelangelo,
Es ist ein Schwarm Scholasten, Edler und Studenten.
Der eine kommt von Franzland her, der andre hoch
Vom Pol. Der dritte hat –
MICHELANGELO.
Was führt sie her? Will zu
Carrara man im Steinbruch nützlich sein – Zuviel
Der Ehr, doch schlag ich ein: Um Himmelfahrt fängt dort
Die Arbeit wieder an. Wenn nicht – so schick sie fort!
Denn andres stört mich heut.
ERSTER STUDENT.
Kumpan, der also dort
Mit der Malaienfratze ist Buonarotti?
CELLINI zurücksprechend.
Schwarzgallig ist er immer, wenn das Wetter trüb.
ZWEITER STUDENT.
Sieh dir die Nase an: Wie sie sich erst verwirrt,
Die Richtung auszufinden und dann doch rechts schwenkt!
CELLINI zu Michelangelo.
Die Alpenwand vermochte nicht mehr deinen Ruf
Zu stauen. Schäumend brandete er drüber weg.
Das zog sie her. Und so ertrugen sie zu fünft
Den Kropf der Lombardei, zu zehnen in Florenz
Den Sonnenstich, um endlich drüben vor dem Dom
Nach deiner Werkstatt umzuirrn wie am Plafond
Das Mückenhäuflein irrt, wenn man das Licht wegschob.
MICHELANGELO.
Und nun?
CELLINI.
Frohlockt Cellini, daß er seinerseits
Auch Michelangelo einmal gefesselt hält.
Gemach! Ich hatte eben eine Rauferei
Mit dem Orsini, der mir spöttisch neuerdings
Von Torrigianos Gegenwart im hiesigen Rom
Zu wissen tun versuchte.
Michelangelo hält den Torrigiano zurück.
Blutige Köpfe gabs.
Da wollte ich mich erst verschnaufen, eh ich kam,
Damit du nichts zu schelten hättst und machte mich
An diese wackren Leute ran. »Ei«, denk ich, »das
Geschwätz hat sicher ihn auch schon erreicht. Du nimmst
Sie mit –
MICHELANGELO.
und?
CELLINI leidenschaftlich.
läßt sie
Die andern stimmen ein.
huldigen!«
MICHELANGELO abweisend.
Dem Papst, nicht mir!
Er nennt sich Stellvertreter Gottes und beweists.
Vor ihm kniet hin! Dem Papste schwenkt das Weihrauchfaß!
Vor meiner Kunst steht aufrecht, oder ihr seid Lumpe!
CELLINI.
Das mir?
Zu den Begleitern.
Erwartet mich!
MICHELANGELO.
Du treibst es mir zu toll.
Als du für diesen Madensack, der Angelo
Buonarotti heißt, ausbrachst in heiliger
Verehrung – denn das wars – ich sagte nichts dazu,
Daß du allmählich ganz, im Tonfall deiner Stimme,
In deiner Geste und der Art zu lachen dich
Als meinen unbewußten Doppelgänger zeigtest.
Die Jugend, dacht ich mir, sie braucht stets ein Zuviel,
Wenn sie nicht viel zu wenig haben soll. Ich lachte,
Wenn man dich Henker schmähte weil du jedermanns
Barett vom Kopfe schlugst, der in den Weg uns lief
Und zog es nicht. Erst als sogar der Papst mich schalt,
Ich halte teuflisch dich besessen und verwirrt,
Da machte ich dich allerorten lächerlich,
Und ich erzählte, wie du mir ein schmutzig Hemd
Einmal vom Spinde stahlst, um eine Nacht darin
Geträumt zu haben; wie du eines Feiertags
Mir einen Sessel brachtest, Blumen eingestickt,
Wo sich das Steißbein reibt.
CELLINI zurückspringend.
Du bist mir höchst verhaßt
In diesem Augenblick!
MICHELANGELO.
Wohl! Eine Zeitlang hieltst
Du Maß. Dann aber wurde Götzendienerei
Aus der Verehrung und am Ende Tyrannei.
CELLINI zu Torrigiano.
Ihr hörts! Es war sein Fehler immer, daß es ihm
An Selbstgefühl gebrach. Er geht noch dran zugrund.
Er fühlt sich nicht und so verliert er sich im Dunst!
MICHELANGELO.
Solang du nur den Hof- und Etikettenmeister
Nun an mir spieltest, sah ich dir, belustigt fast,
Aufs neue zu. Nun dirs jedoch Vergnügen macht,
Mir jeden hergelaufnen Wicht als Huldiger
Heranzuschleppen, greifst du mir die Mußezeit
Und meine Freiheit an, ja machst mich lächerlich,
Setz ich dir keinen Punkt.
CELLINI.
Und also, du Mann Gottes,
Der mir verehrungswürdig und -bedürftig scheint
Wie nie?
MICHELANGELO.
Laß dir hier einen neuen Freund vorstellen.
CELLINI.
Mir einen neuen Freund?
TORRIGIANO zu Cellini.
Was haßt Ihr mich?
MICHELANGELO.
Es ist
Pietro Torrigiano!
Pause.
CELLINI lacht hell auf.
TORRIGIANO.
Ja, ich bins.
CELLINI.
Muß ich
Schon wieder diesen ganz verruchten Namen hören?
Doch, als ein Spaß, ists jetzt entdeckt, was uns gefoppt!
Zu Ephesus hat ein gewisser Herostrat
Den Tempel der Diana einst in Brand gesteckt,
Um sich berühmt zu machen. Minder nicht nach der
Unsterblichkeit verlangend nahm der wirkliche
Und echte Torrigiano sich ein Beispiel dran
Und schlug die Nase Michelangelos entzwei.
Und nun kommt einer her, der uns betrügen möchte,
Gibt sich für Torrigiano aus und ist doch nur
Ein Dunkelmann, der jenem solch Berüchtigtsein
Noch neidet. Was für eine Narrenwelt!
MICHELANGELO.
Ich fürcht,
Die Dinge gehen schief,
Zu Cellini.
Du irrst.
TORRIGIANO.
Und noch einmal:
Ich bins. Gib deinen Haß auf! Laß vergessen sein,
Was es einander vorzuwerfen gibt!
CELLINI lachend.
So willst
Du also elendig zugrund gehn, wie du weisst,
Daß es dem Florentiner zugedacht?
MICHELANGELO.
Daß ich
Nicht den, nicht jenen kann verdammen!
TORRIGIANO.
Wollten wir
Nicht vor den Papst, Buonarotti?
CELLINI argwöhnisch und feindselig.
Sieh dich vor!
Sorgfalt verwandtst du auf dein Schwindelkleid! Bis zur
Berechnung, daß sich Torrigiano unterwegs
Den Bart wohl schießen ließe, triebst dus!
TORRIGIANO stampft mit dem Fuß.
CELLINI.
Ja, ich weiß:
Du könntst mir auch, getreu gefälscht, den Königsbrief
Von England zeigen. Ists so?
TORRIGIANO.
Eins jedoch trügt nicht!
Ich bin bereit dazu.
CELLINI lauernd.
Ja, eins gehört allein
Dem echten Torrigiano an.
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