MICHELANGELO.

Cellini, hör!

Du wirst vernünftig sein. Die Dinge ändern sich.

CELLINI zu Torrigiano.

Wirf Michelangelos Profil auf dieses Blatt!

TORRIGIANO höhnisch.

Ich tats bereits. Drehs um!

MICHELANGELO.

Halloh!

CELLINI.

Dem Teufel stand

Ich gegenüber und sah seinen Pferdfuß nicht!

 

Gegen die Tür.

 

Herbei, herbei, Gesellen! Torrigiano ist

Wahrhaft in Rom!

DIE MENGE die sich an der Tür versammelt hat.

Der Torrigiano ist in Rom?

Wo ist er denn?

CELLINI.

Man sagt von der geängsteten

Und ganz verscheuchten Kreatur, daß sie gradaus

Ins Feuer rennt bei einem Brand. Wahr muß es sein!

Wagnis und Tollkühnheit sind nicht die Namen mehr:

Der dort ists selbst, der Meister Michelangelo

Das Nasenbein zerschlug. Fort, streut es in die Gassen!

MICHELANGELO.

Dreimal verfluchte Gaukelei!

CELLINI beugt vor Michelangelo das Knie.

Hab Dank, daß du

Ihn hieltst.

 

Zu Torrigiano.

 

Zieh, Schuft!

TORRIGIANO zu Michelangelo.

So wärs Verrat?

 

Zu Cellini.

 

Dann wahre dich!

 

Hitziges Gefecht.

 

MICHELANGELO.

Laß ich sie fechten, stell ichs ihrem Stahl anheim,

Sich einen wegzufressen?

 

Cellini erhält eine Stirnwunde.

 

Eine Lösung wärs.

Der eine hat mein Wort. Der andere mein Herz

Es muß sich anders, muß sich sittlich klären.

 

Er tritt zwischen sie.

 

Halt!

Kein Mißverständnis!

 

Zu Cellini.

 

Nirgends gab ich dir das Recht,

In diesem Raum jemanden feindlich anzufallen;

 

Zu Torrigiano.

 

Dir einen Grund, an meinem Wort zu zweifeln. Steckt

Die Degen ein!

TORRIGIANO.

So führ mich vor den Papst! Ich darfs

Nun doppelt fordern.

CELLINI zu Michelangelo.

Vor den Papst? Was will er dort?

MICHELANGELO.

Er ist mein Feind nicht mehr. Ich habe ihm verziehn.

CELLINI.

Man hängt ihn an der nächsten Vogelfelle auf.

 

Zu Torrigiano.

 

Schlugst du die Nase des Buonarotti ein,

Streckst du die Zunge dafür raus! S' ist billig Recht.

MICHELANGELO.

Cellini, hör mich an!

TORRIGIANO zu Cellini.

Ich habe vorerst nichts

Mit dir zu tun. Wenn du auch Rechenschaft mir stehst,

Die Stunde ist doch noch nicht reif dazu! Jetzt machst

Du dich nur lächerlich vor mir.

CELLINI.

Das ist denn doch –

MICHELANGELO.

Darnach, daß ich dir ohne Umschweif sage: Mit

Pietro Torrigiano hab ich mich vorhin

Nicht nur versöhnt, ich hab ihm auch die Amnestie

Versprochen.

TORRIGIANO triumphierend.

Nun, Cellini, lenkst du ein?

CELLINI zu Michelangelo.

Du hast

Dich – –

MICHELANGELO.

mit ihm ausgesöhnt.

TORRIGIANO zu Cellini, höhnisch.

Du schweigst?

CELLINI zu Michelangelo.

Du hast ihm gar – –?

MICHELANGELO.

Die Amnestie versprochen.

CELLINI.

Schwörs!

MICHELANGELO.

Beim Sakrament,

Nun ists genug! Wahr ists, ich liebe alles, was

Den Gärtner lobt; was aus dem Stengel glüht, geschützt

Von zarterhobnen Händen, die dem Nordwind wehren,

Und wage an der halberschlossnen Rose kaum

Zu riechen, weil ich fürchte, sie verdorrt. Denn ich

Bin ruppiger Natur. Das Schlinggewächs jedoch

Und Rankenzeug, das nach dem Fuße greift und ihn

Verstrickt, das lieb ich nicht. Benimmt es mir den Schritt,

Dann reiß ich's aus.

CELLINI.

So hab ich hier nichts mehr zu tun.

In diesem Augenblicke fand ein Schisma statt:

Es trennte heftig sich von Michelangelo

Sein besseres Gewissen, das bin ich. Nun traf,

Was mir in schweren Träumen mancherlei das Herz

Erschreckte, nun trafs ein! So standen sie, wie jetzt,

Die Füße nach derselben Richtung setzend, da,

Freundselig. Geht denn das mit rechten Dingen zu?

Schnöd ists und gradaus seis erklärt: Es breitet sich

Ein müffiger Geruch aus über den, der nicht

Der wahre Michelangelo mir bleibt. Was lag

Mir je an einem Leib! Die Geister wehn hindurch

Und er zerfällt! Auf seinen Namen kommt mirs an!

Die Achtung dem zu wahren, wie sie ihm gebührt,

Dazu bin ich berufen, wärs auch wider ihn.

 

Zu Michelangelo.

 

Drum: Kennst du mich nicht mehr, ists, weil Cellini jetzt

Für den Buonarotti strebt, deß du dich nicht

Mehr würdig zeigst.

TORRIGIANO.

Das ist ein toller Spuck!

MICHELANGELO.

Dann rasch,

Mondsüchtiger, der auf Dächern geht! Ich ruf dich an.

Was wirst du tun? Wirst du den Aufruhr schärfen in

Der Stadt? Wirst du dem Manne hier die Hand zum Bund

Hinreichen? Gib Entscheid! Die Stunde drängt. Mein Wort

Steht auf dem Spiel.

CELLINI.

Weh, wie verzerrt stellt er sich dar!

Ich soll die Hand dem Manne reichen, der ihn selbst,

Mutwillig wie der Buben Schar die Distel köpft,

Geschändet hat für Lebenszeit; dem er verzieh

Aus Mitleid und Gewissen! Daß ein anderer,

Dem er die Perspektive beibringt, sich das Recht

Nimmt, ihm ein Aug herauszuprügeln; denn die Kunst

Hätt er auch diesem Mann geschmäht.

TORRIGIANO.

Um zwei Zoll hätt

Ich tiefer treffen sollen!

MICHELANGELO.

Benvenuto, nun?

CELLINI.

Versuchs! Doch du verführst mich auch nicht wider dich!

Ich kenne meine Pflicht. Durch Unbestechlickeit

Bring ichs vielleicht dahin, daß du dich noch besinnst.

TORRIGIANO.

Ich meuchle ihn!

MICHELANGELO.

So gibts nur eine Möglichkeit,

Daß wir verbunden bleiben: Eil und bring sogleich

Das Volk zur Ruh, das draußen durch die Gassen schreit!

Dann steht dirs frei, wenn ich um Torrigianos Wohl

Zum päpstlichen Gestühl hintrete, gleicher Zeit

Vom selben Richtermund den Todesspruch für ihn

Zu fordern.

TORRIGIANO.

Was ist das?

CELLINI triumphierend.

Wohlan! Jetzt hörte ich

Den Michelangelo von ehedem!

 

Zu Torrigiano.

 

Gewiß:

Stirbst du gerichtet, sparn wir das Begräbnis! Die

Justiz besorgt es mit. Auf Wiedersehen denn!

 

Ab.

 

TORRIGIANO.

Das war ein Schritt, der mir zu denken gibt! Denn wer

Nicht für mich ist, ist wider mich.