Hör mich zu End!

Wenn du nicht neue Torheit nun begehst, nein frisch

Dich fügst, um wie gesagt mit mir um Torrigiano

Vorm Richterstuhl zu stehn, – du freilich jetzt in Haft,

Und er als freier Mann, – so bist du mehr wie je

Mein Freund, und in der Kasematte teilen wir

Den Wasserkrug und auch die Pritsche. Sonst jedoch –

War dies mein letztes Wort zu dir.

DER PAPST.

Verhaftet ihn!

CELLINI zieht den Degen.

Wer wagt, sich mir zu nähern?

MICHELANGELO.

Ich wags und zwar so!

 

Schlägt ihm den Degen aus der Faust.

 

CELLINI.

Was widerfährt mit hier? Was hab ich Niedrieges

Getan? Ists Sünde, vor der Menschheit Höchstem so

Zu glühn, daß die Umgebung davon mitentbrennt?

Mich selber überwinde ich am End, und wie

Ichs tu, und bring mein Herz, von Schönheit ganz zerknirscht,

Als Opfergab auf offner Hand, da schlägt man es

Mir auf den Boden hin. Der Rohling, der er ist,

Soll frei sein, ich in Ketten! Nein!

MICHELANGELO.

Ich warnte dich.

CELLINI.

Mich steckt man in die Kasematte, jener soll

Beileibe nicht dem Urteilsspruch entgehn, wenn er

Auch erst dem jüngsten Richter in die Hände fällt!

DER PAPST.

Cellini Benvenuto, du gibst zu: Du hast

Das Volk, anstatt es zu zerstreuen, zur Sixtina

Geführt und am Portal die Truppen weggedrängt?

CELLINI trotzig.

Und wenn ich mich zum Haupt des Frevels machte, den

Du Aufruhr nennst, ich aber nur Begeisterung?

DER PAPST.

Du gibst auch zu, als sichs um die Durchstöberung

Der Katakomben handelte, jüngst den Krawall

Erregt zu haben?

CELLINI.

Wenn ichs einräum? wer glaubt, daß

Er in Italien dann die Verzückung, die

Vom Musendienste ausgeht, als ein Staatsvergehn

Behandeln darf?

DER PAPST.

Du kennst die Strafe, die in Rom

Nach Stadtgesetzen auf dem Aufruhr steht. Zwiefach

Bist du des Aufruhrs überführt. Beantwort mir

Ein drittes: Wenn ich dir nun als dein Oberhaupt

Gestählte Fesseln an die Hände legen ließe,

Du würdest dich mit deinem Anhang wider mich,

Das Oberhaupt, empören?

CELLINI.

Grausamkeit und Hohn!

DER PAPST.

Sags klar!

MICHELANGELO.

Entscheide!

CELLINI.

Märtyrer, ein Märtyrer

Der Freundschaft bin ich! Weil ich nimmer dulden kann,

Daß man ihm ungestraft zu nahe trat, verrät

Er seine eigne Sache und wird mir zum Feind!

Denn wahrlich: auch empören würd ich mich für ihn,

Und hier ganz Rom, das einstimmt, sagt: Er ist im Recht!

 

Zurufe und Johlen der Menge.

 

MICHELANGELO tritt zurück und zu Torrigiano.

Ich nicht! Von heut an bin ich einsamer als je!

DER PAPST indem er die Tiara an einen Kardinal gibt.

So nehm ich die Tiara ab, als wär es schon

Geschehen und geglückt.

 

Für sich.

 

Ein Bürschlein, das man, wie

Den Schmetterling, mit Daum und Zeigefinger schon

Zerdrückt, hat es gewagt, mir zu begegnen!

 

Zu Cellini.

 

Sag,

Was du nun forderst!

CELLINI zu Michelangelo.

Bleib! Du nimmst mein Leben mit!

Ich liebte dich wie eine Braut den Bräutigam,

Wenn sie zum ersten Male liebt! Du machst mich toll!

Du reißest mir die Zunge aus!

MICHELANGELO.

Es ist vorbei!

CELLINI.

Gericht!

Ich will Gericht! Wen haß ich nicht? Vernimm noch Eins,

Buonarotti! Wenn du mich nun von dir stößt,

So fall ich unterm Henkerschwert, das mir bestimmt ist,

Wie ein Stück Schlachtvieh unterm Beile fällt. Aufs Volk

Ist kein Verlaß. – Doch ehs mir so ergeht, reiß ich

Dich mit!

MICHELANGELO.

Der Satan mag dir Herz und Hirn beschneiden!

CELLINI.

Halloh, du großer Michelangelo! So sag

Mir doch: Wie kommt es denn, daß du den Torrigiano

Einmal verfolgen konntest bis aufs Blut, und nun

Ihn schonst und hegst?

MICHELANGELO.

Was kümmerts dich?

CELLINI.

Die rechte Lust

Von früher an der Grausamkeit schwand dir dahin!

Und sag mir doch, was ists, daß du den Jammermann,

Der dich verspottete, röch er erst freie Luft –

TORRIGIANO.

Das ist nichtswürdige Verleumdung!

CELLINI.

Daß du ihn,

Pietro Torrigiano, diesen Jammermann,

Nicht einmal mehr verachten konntest, als er kam?

MICHELANGELO.

Ich weiß es nicht!

CELLINI.

Ich weiß es, und ich ahnte es!

Ists das: Daß du in jenem Sagenvolk, das Mann

Und Greis zwar kennt, jedoch kein Mittelding davon,

Zu denen zählen würdest, die man vor dem Krieg

Auf einen Baum läßt klettern, um zu sehn, ob sie

Beim Schütteln noch sich droben halten können?

MICHELANGELO.

Sieh

Dich vor, daß dich mein Faustschlag nicht, den Kopf voran,

Durchs Schuhwerk unten treibt!

DER PAPST zu Cellini.

Du hast Gericht verlangt.

CELLINI.

Hei, ich bin mitten drin!

 

Zu Michelangelo.

 

Zu dir nichts mehr! Du zuckst

Ja nur noch, statt zu leben; denn mein Wort war Gift.

In stillen Stunden schleichts dich an. Ich kenne dich.

 

Gegen Torrigiano.

 

Doch nun zu dem!

DER PAPST von einem Podium herab, auf das man einen Stuhl gestellt hat.

Wohlan! Doch Eins zuvor! Wer mich

Verstand, wenn ich jetzt sprach, erhebe seinen Arm!

Ich stehe nicht aus freier Selbstverfügung hier,

Vielmehr gezwungen durch revoltenhaft Benehmen

Des Edelmanns Cellini. Ich bezähmte mich,

Weil ich den offenen Skandal mir ins Gesicht

Hinein um eine Sache, die dem Tollhaus eher

Als der Vernunft entsprang, des eignen Ansehns wegen,

Und auch dem Staat zulieb verhüten mußte. 's ist

Ein Bruch geschehn. Bei meinem Stab: Ich werde ihn

Verkitten. Wann, womit und wie, das hört ihr noch.

 

Pause. Cellini erbleicht. Alle, außer ihm, seinem Anhang und Torrigiano erheben den Arm.

 

Der Papst ist abgesetzt. Zugleich jedoch verlangt

Man, daß ich Richter sei als Papst. Man sieht: es soll

Ein Zwischenzustand sein. Wohlan! Was gibt es nun?

Ich schwöre, daß ich soll und will nach peinlichem

Verhör urteilen, wie Gewissen es und Recht

Verlangen. Schöffe ist mein Kardinalgefolge

Und Auditorium ganz Rom.

 

Er setzt sich.

 

CELLINI.

So sprech ich denn!

Ich hier, Cellini Benvenuto, Edelmann,

Geh einem höchsten Richteramte gegen einen

Gewissen Peter Torrigiano zu bedenken

Und zu verfolgen: Daß ich doppelten Verbrechens

Der Gotteslästrung ihn beschuldige: daß ich

Dasselbe Hochgericht ersuche, ihn darnach

Zu fragen, für den Fall der Überführung aber

Die Strafe ihm erwarte, die ich selbst verwirkt,

Wenn ich ihn fälschlich nur der Gotteslästerung

Bezichtigte. Ich bin bereit, das Nähere –

DER PAPST zu Torrigiano.

Der Torrigiano trete vor! Wie heißest du?

Gib auch Gewerbe, Alter und die Herkunft an!

TORRIGIANO.

Pietro Torrigiano heiße ich und bin

Bildhauer von Beruf. Nach meinem Alter muß

Man mich nicht fragen; denn das Rechnen kann ich nicht,

Und das Gedächtnis hat gelitten. Doch das weiß

Ich noch, daß meine Wiege auch die Krone trug

Und nicht zuletzt: Ich bin ein Florentiner.

DER PAPST.

Du

Bist peinlich angeklagt.

TORRIGIANO.

Ich bin bereit, mich zu

Verantworten.

MICHELANGELO.

Wenns not tut, so verteidige

Ich ihn.

DER PAPST.

Von mir aus ists erlaubt. Er ist ja nicht

Mehr vogelfrei. Er steht als römischer Bürger hier.

CELLINI.

Auch mir ists einerlei.