Er sprach über die >Deutsche Gefahr< und behauptete, sie sei eine Erfindung der Tories, die nur die Armen um ihre Rechte betrügen und die große Flut der Sozialreform aufhalten wollten, daß aber die organisierte Arbeit< das klar erkenne und sich über die Tories lustig mache. Er sprach sich dafür aus, daß wir zum Beweis für unseren guten Willen und unser Vertrauen unsere Flotte reduzieren und dann den Deutschen ein Ultimatum schicken sollten, sie müßten dasselbe tun oder wir würden ihnen auf den Kopf kommen. Er behauptete, wenn die Tories nicht wären, würden Deutschland und England miteinander für den Frieden und an der Sozialreform arbeiten. Ich dachte an das kleine schwarze Buch in meiner Tasche - ein Dreck lag denen an Frieden und Sozialreform!

Und doch, irgendwie gefiel mir die Rede, die er da hielt. Man spürte seine Anständigkeit trotz all dem Blödsinn, der ihm eingetrichtert worden war. Auch wurde mir viel leichter zumute: wenn ich auch selbst kein guter Redner war, so war ich doch tausendmal besser als Sir Harry.

Ich machte meine Sache auch gar nicht so schlecht, als die Reihe an mich kam. Ich erzählte einfach alles, was ich von Australien, von der dortigen Arbeiterpartei und der Auswanderung und den staatlichen Hilfeleistungen wußte, und betete im stillen, daß kein Australier da war. Ich weiß nicht mehr, ob ich die Freie Marktwirtschaft überhaupt erwähnte, aber ich behauptete, in Australien gebe es überhaupt keine Tories, sondern nur die Arbeiterpartei und die Liberalen. Das trug mir Beifall ein. Und die Zuhörerschaft wurde merklich lebhafter, als ich mich über die fabelhaften Geschäftsmöglichkeiten ausließ, die sich meiner Ansicht nach im Empire ergaben, wenn wir uns nur recht darum bemühten.

Im ganzen war ich, glaube ich, einigermaßen erfolgreich. Aber der Pfarrer mochte mich nicht, und als er den Rednern dankte, nannte er Sir Harrys Rede >staatsmännisch<, und von der meinen sagte er, sie habe die Beredsamkeit eines Aus Wanderungsagenten< gezeigt.

Als wir wieder im Wagen saßen, war mein Gastgeber in übermütiger Laune, weil die Sache hinter ihm lag. »Eine durchschlagende Rede, Twisdon«, meinte er. »Jetzt kommen Sie mit mir nach Hause. Ich bin ganz allein dort, und wenn Sie einen Tag oder zwei bleiben, zeige ich Ihnen ein paar sehr anständige Fischgründe.«

Wir bekamen ein warmes Abendessen, das ich mehr als nötig hatte, und dann tranken wir in einem großen, gemütlichen Rauchzimmer am knatternden Holzfeuer einen Grog. Jetzt, fand ich, war es an der Zeit, mit offenen Karten zu spielen. Diesem Manne sah ich es an den Augen an, daß er von der Art war, zu der man Vertrauen haben kann.

»Hören Sie zu, Sir Harry«, begann ich. »Ich muß Ihnen etwas sehr Wichtiges sagen. Sie sind ein guter Mensch, und ich will ganz aufrichtig sein. Woher in drei Teufels Namen haben Sie das Giftzeug, das Sie heute abend verzapft haben?«

Er erschrak. »War es wirklich so schlecht?« fragte er ängstlich. »Es klang ja ein bißchen dünn. Das meiste habe ich aus der Zeitschrift Fortschritt und aus Flugblättern, die mir dieser Agent, mit dem ich arbeite, immer zuschickt. Aber Sie glauben doch wohl nicht, daß Deutschland jemals Krieg mit uns anfangen wird?«

»Stellen Sie diese Frage in sechs Wochen, dann bedarf sie keiner Antwort mehr«, erwiderte ich. »Wenn Sie mir eine halbe Stunde zuhören wollen, werde ich Ihnen etwas erzählen.«

Ich sehe noch das freundliche Zimmer vor mir mit den Geweihen und den alten Stichen an den Wänden und Sir Harry, der nervös auf der steinernen Stufe des Kamins stand, und ich sehe mich selbst, tief in einen Sessel zurückgelehnt, zu ihm sprechend. Es kam mir vor, als sei ich jemand anders, der danebenstand und meiner Stimme zuhörte und sorgfältig die Glaubwürdigkeit dessen, was ich vorbrachte, abschätzte. Es war das erstemal, daß ich jemandem die volle Wahrheit über diese Geschichte sagte, wie ich sie verstand, und das tat mir unendlich gut, denn es half mir, mir selber über die ganze Sache völlig klarzuwerden. Ich ließ keine noch so geringfügige Einzelheit aus. Sir Harry erfuhr alles über Scudder und den Milchmann und das Notizbuch und auch alles, was ich getan hatte, seit ich in Galloway war. Von Anfang an war er sehr erregt und ging vor dem Kamin auf und ab.

»Sie wissen also nun«, schloß ich, »daß Sie hier in Ihrem Hause den Mann haben, der wegen des Portland Place-Mordes verhaftet werden soll. Es ist Ihre Pflicht, den Chauffeur zur Polizei zu schicken und mich auszuliefern.