h. »Wolkenkratzer«, wie man sie in Chicago findet. Das verwendete Baumaterial ist gleichzeitig leicht und widerstandsfähig. Das nicht oxydirbare Metall, das in den Constructionen vorherrscht, ist das Aluminium, das fast siebenmal so leicht ist wie Eisen von gleichem Volumen – das Metall der Zukunft, wie es schon Sainte-Claire Deville genannt hat – und das allen Anforderungen an ein solides Bauwerk entspricht. Mit dem Metall verband man künstlichen Stein, Cementwürfel, die sich bequem anpaßten. Man verwendete auch gläserne, hohlgeblasene Werkstücke, die also wie Flaschen hergestellt waren, und vereinigte sie durch ganz dünne Mörtelschichten – durchsichtige Bausteine, mit denen das Ideal, ein Haus aus Glas, zu erreichen wäre. In der Hauptsache herrschte aber doch die metallene Armatur vor, wie man sie heutigen Tages in den Erzeugnissen der Schiffsbaukunst findet. Standard-Island ist ja schließlich nichts andres als ein ungeheuer vergrößerter Schiffskörper.

Das Ganze ist Eigenthum der Standard-Island Company. Alle Bewohner der künstlichen Insel sind, wie groß auch ihr Vermögen sei, nur Abmiether. Uebrigens wurde bezüglich des Comforts und der Zweckmäßigkeit hier alles vorgesehen, was die unglaublich reichen Amerikaner nur erwarten konnten, diese Leute, neben denen die Souveräne Europas und die Nabobs Indiens nur eine untergeordnete Rolle spielen.

Wenn statistisch nachgewiesen ist, daß der Goldvorrath der Erde achtzehn Milliarden und der Silbervorrath zwanzig Milliarden beträgt, so besitzen die Bewohner dieses Juwels des Stillen Weltmeers davon in der That einen recht beträchtlichen Theil.

Von Anfang an hat sich das ganze Unternehmen übrigens finanziell vorzüglich gestaltet. Einzelhäuser und Wohnungen wurden zu gradezu fabelhaften Preisen vermiethet, so daß solche zuweilen mehrere Millionen übersteigen, denn nicht so wenige Familien waren in der beneidenswerthen Lage, derartige Summen alljährlich nur für ihr Unterkommen anzulegen. Die Company erzielte damit schon aus dieser einen Quelle einen Ueberschuß. Hiernach wird jedermann zugestehen, daß die Hauptstadt von Standard-Island den ihr beigelegten Namen mit Recht verdiente.

Von jenen überreichen Familien abgesehen, giebt es hier mehrere hundert andre, deren Miethzins hundert. bis zweihunderttausend Francs beträgt und die sich mit solchen bescheidnen Verhältnissen begnügen. Die noch übrige Einwohnerschaft umfaßt dann Lehrer jedes Faches, Lieferanten, Angestellte, Dienstboten und Fremde, deren Zufluß nur gering ist und denen nicht gestattet wird, sich in Milliard-City oder sonstwo auf der Insel anzusiedeln. Von Advocaten giebt es nur wenige, wodurch auch Processe nur selten sind; Aerzte noch weniger, wodurch die Sterblichkeit auf eine lächerlich tiefe Stufe herabsinkt. Jeder Bewohner kennt übrigens sehr genau seine Constitution, seine am Dynamometer gemessene Muskelkraft, seine mittelst Spirometer festgestellte Lungencapacität (Athmungsgröße), die am Sphygmometer beobachtete Zusammenziehungsfähigkeit seines Herzens und endlich seine am Magnetometer ablesbare allgemeine Lebenskraft. In der Stadt giebt es übrigens weder Schankstätten, Cafés oder Restaurationen, überhaupt nichts, was den Alkoholismus befördern könnte. Niemals ist hier ein Fall von Dypsomanie – sagen wir für die des Griechischen nicht kundigen Leser: von Trunksucht – vorgekommen.

Vergessen wir nicht anzuführen, daß der Stadt elektrische Energie, Licht, mechanische Kraft, Wärme, verdichtete und verdünnte, sowie kalte Luft, Druckwasser geliefert und ihr pneumatische Telegramme und telephonische Nachrichten durch öffentliche Werke übermittelt werden. Geht jemand mit Tode ab auf dieser Schraubeninsel, die jeder klimatischen Unbill entzogen und gegen jede Beeinflussung durch Mikroben geschützt ist, so geschieht das, weil man, wenn die früher aufgezognen Federn der Lebensmaschinerie nach langer, langer Zeit abgelaufen sind, doch eben einmal sterben muß.

Auch Soldaten giebt es auf Standard-Island, nämlich eine Truppe von fünfzig Mann unter dem Befehle des Colonel Stewart, denn man durfte nicht außer Acht lassen, daß die weiten Gebiete des Stillen Oceans nicht immer sicher sind. In der Nachbarschaft gewisser Inselgruppen ist es ein Gebot kluger Vorsicht, sich gegen Ueberfälle durch mancherlei Seeräuber sicher zu stellen. Daß diese Miliz einen sehr hohen Sold bezieht und der gewöhnliche Mann sich besser steht, als ein höherer Officier im alten Europa, ist ja selbstverständlich.

Die Anwerbung dieser Soldaten, die auf öffentliche Kosten untergebracht, ernährt und gekleidet werden, geht ohne Schwierigkeiten vor sich. Der gleich einem Krösus bezahlte Anführer der Truppe hat dabei nur die Qual der Wahl.