Sebastian Zorn und seine Kameraden kehren durch das Innere der Insel nach Pago-Pago zurück. Welch prächtige, lianendurchflochtne Dickichte von üppig aufgeschossenen Bäumen, von Cocospalmen, wilden Bananen und einer Menge für Kunsttischlereiarbeiten geeigneten Arten. Das freie Land bedecken wieder Felder mit Taro, Zuckerrohr, niedrigen Kaffeebäumen, Baumwollstauden und Zimmetbäumen; überall zeigen sich Orangen, Goyaven, Mangos, Avocatos neben Kletterpflanzen, wie Orchideen, und baumartigen Farren. Es ist eine erstaunlich reiche Flora, die dieser fruchtbare Boden bei dem feuchtwarmen Klima ernährt. Die samoanische Fauna dagegen beschränkt sich auf einige Vögel, wenige unschuldige Reptilien, und zählt unter den einheimischen Säugethieren nur eine kleine Ratte, den einzigen Vertreter der Nagethiere.
Vier Tage später, am 19. December, verläßt Standard-Island wieder Tetuila, ohne daß es zu dem, von dem Oberintendanten so herbeigesehnten »glücklichen Zwischenfall« gekommen ist.
Immerhin scheint sich die Spannung zwischen beiden Familien weiter zu mildern.
Kaum ein Dutzend Lieues trennen Tetuila von Upoln. Am nächsten Vormittag steuert der Commodore Simcoë in der Entfernung von einer Viertelmeile an den drei Eilanden Nun-tua, Samusu und Salafuta vorüber, die diese Insel wie ebensoviele detachierte Forts vertheidigen. Er manövriert mit großer Geschicklichkeit und trifft im Laufe des Nachmittags vor Apia ein.
Upolu mit seinen sechzehntausend Einwohnern ist die Hauptinsel des Archipels. Hier haben Deutschland, Amerika und England ihre Vertreter, die zum Schutze der Interessen ihrer Landsleute eine Art Rath bilden. Der Souverän der Gruppe »regiert« inmitten seines Hofes in Malinuu auf der äußersten Ostspitze von Apia.
Der Anblick Upolus ist derselbe wie der Tetuilas; ein Haufen von Bergen, überragt vom Pic der Mission, der seiner Länge nach als Rückgrat der Insel gelten kann.
Die alten, jetzt erloschnen Vulcane sind mit dichten Wäldern bis zum Kraterrande hinauf umhüllt. Am Fuße der Berge schließen sich Ebenen und Felder an, die bis zu dem Alluviumstreifen der Küste reichen und wo eine Vegetation von üppigster Tropenphantasie aufstrebt.
Am nächsten Tage lassen sich der Gouverneur Cyrus Bikerstaff, seine beiden Adjuncten und zwei Notabeln nach dem Hafen von Apia übersetzen, um einen officiellen Besuch bei den Vertretern Deutschlands, Englands und der Vereinigten Staaten zu machen, dieser zusammengesetzten Behörde, in deren Händen sich die Verwaltung des Archipels thatsächlich befindet.
Während Cyrus Bikerstaff sich nebst Gefolge zu den Vertretern begiebt, benützen Sebastian Zorn, Frascolin, Yvernes und Pinchinat, die gleichfalls ans Land gegangen waren, ihre Muße zur Besichtigung der Stadt.
Auf den ersten Blick sind sie verblüfft über den Contrast zwischen den europäischen Häusern mit den kaufmännischen Geschäften und den Hütten des alten Kanakendorfes, in denen die Eingebornen hausen. Jene Wohnstätten sind bequem, sauber, mit einem Worte reizend. Am Ufer des Apiaflusses zerstreut, liegen ihre niedrigen Dächer unter dem Schutze eleganter Palmenbäume.
Der Hafen ist ziemlich belebt. Er ist der besuchteste der ganzen Gruppe, und eine Hamburger Handelsgesellschaft unterhält hier eine Flottille zur Betreibung der Küstenfahrt zwischen Samoa und den Nachbarinseln.
Ist auf dem Archipel aber der dreifache Einfluß der genannten Nationen vorherrschend, so ist Frankreich wenigstens durch katholische Missionäre vertreten, deren Ehrenhaftigkeit, Ergebenheit und Pflichteifer ihnen bei der samoanischen Bevölkerung den besten Ruf erworben haben.
Eine wahre Befriedigung, eine tiefe Rührung erfüllt unsre Künstler beim Anblick der kleinen Missionskirche, die nicht die puritanische Strenge der protestantischen Kapellen zeigt, und, etwas darüber, auf dem Hügel, eines Schulhauses, von dessen First die dreifarbige Fahne weht.
Nach dieser Seite gehend, gelangen sie binnen einigen Minuten nach der französischen Niederlassung. Die Maristen bereiten den »Falanis« – so nennen die Samoaner alle Fremden
– einen patriotischen Empfang. Hier siedeln drei mit der Verwaltung der Mission betraute Patres, die noch zwei andre in Savaï, nebst einer Anzahl von Mönchen, zur Seite haben.
Welches Vergnügen, mit dem schon bejahrten Superior zu plaudern, der Samoa schon seit langen Jahren bewohnt.
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