Wird es aber möglich sein, sich einer etwaigen Verfolgung durch das Geschwader des Admirals Collinson zu entziehen, dessen Schiffe doch bestimmt eine größere Geschwindigkeit entwickeln können? Und wenn jenerseiner Forderung nun durch einige Melinitgeschosse Nachdruck giebt, was dann?
Wohl können die Batterien der Insel den Armstrongkanonen, womit die Kreuzer ausgerüstet sind, gebührend antworten, die Engländer haben aber ein ungleich größeres Zielobject… was soll aus den Frauen, den Kindern werden, wenn sie keine schützende Zuflucht finden?… Alle Schüsse des Feindes müssen treffen, während die Batterien am Sporn und am Achter auf ein beschränktes und bewegliches Ziel mindestens fünfzig Procent ihrer Schüsse verschwenden?
Es gilt zunächst also die Entscheidung des Admirals abzuwarten. Das verlangt nicht viel Zeit.
Um neun Uhr fünfundvierzig kracht zunächst ein blinder Schuß aus dem Mittelthurme des »Herald«, während gleichzeitig die Flagge des Vereinigten Königreichs am Maste emporsteigt.
Unter dem Vorsitz des Gouverneurs und seiner Adjuncten verhandelt der Rath der Notabeln noch im Sitzungssaale des Rathhauses. Diesmal sind Jem Tankerdon und Nat Coverley gleicher Meinung. Als praktische Leute denken diese Amerikaner an keinen weitern Widerstand, der mit der gänzlichen Vernichtung Standard-Islands endigen könnte.
Jetzt donnert schon ein zweiter Kanonenschuß. Diesmal fliegt ein schweres Geschoß pfeifend durch die Luft und schlägt eine halbe Kabellänge jenseits der Schraubeninsel ins Meer, wo es mit furchtbarem Krachen explodiert und ungeheure Wassermassen in die Höhe schleudert.
Auf Befehl des Gouverneurs läßt der Commodore Simcoë die Flagge Standard-Islands, die als Antwort auf die am Maste des
»Herald« gehißt worden war, wieder niederholen. Der Kapitän Turner erscheint noch einmal im Backbordhafen. Hier empfängt er von Cyrus Bikerstaff unterzeichnete Anweisungen über die Summe von zwölfhunderttausend Pfund Sterling, Papiere, die mit dem Indossament der ersten Notabeln versehen sind.
Drei Stunden später verschwinden die letzten Rauchsäulen des Geschwaders im Osten, und Standard-Island nicht seine Fahrt nach dem Archipel von Tonga wieder auf.
Fünftes Capitel
Das Tabu von Tonga-Tabelu
»Nun, fragt Yvernes, werden wir denn an den Hauptinseln von Tonga-Tabu anhalten?
– Gewiß, Verehrtester, antwortet Calistus Munbar. Sie werden diesen Archipel genügend kennen zu lernen Muße haben, ihn, den man auch den Archipel von Hapaï oder die Freundschafts-Inseln nennen könnte, denn so hatte ihn Cook wegen des hier gefundenen freundlichen Empfanges einst getauft.
– Und wir werden daselbst ohne Zweifel besser behandelt, als auf den Cooks-Inseln? fragt Pinchinat.
– Höchst wahrscheinlich.
– Werden wir alle Inseln der Gruppe besuchen? erkundigt sich Frascolin.
– Das geht nicht an, da es deren hundertfünfzig giebt…
– Und nachher? fragt Yvernes weiter.
– Nachher gehen wir nach den Fidschi-Inseln, dann nach den Neuen Hebriden, und schließlich, wenn wir die Malayen ans Land gesetzt haben, nach der Madelainebay zurück. Zunächst werden wir hier nur vor Bavoa und vor Tonga-Tabu anhalten, doch auch da werden Sie die ersehnten Wilden nicht zu Gesicht bekommen, mein lieber Pinchinat! setzt der Oberintendant hinzu.
– Entschieden giebt’s die Rasse also gar nicht mehr, selbst nicht im Westen des Stillen Oceans! erwidert der Bratschist.
– Weit gefehlt! Auf den Neuen Hebriden und den Salomons-Inseln lebt davon noch eine ansehnliche Menge. Auf Tonga sind die Unterthanen König Georgs I. freilich fast civilisiert und im ganzen sehr nette Leute. Immerhin würde ich Ihnen nicht rathen, eine der entzückenden Tongadamen zu heiraten.
– Warum denn nicht?
Weil die Ehen zwischen Fremden und Eingebornen für nicht glückliche gehalten werden. Solche Eheleute haben stets verschiedne Neigungen.
– Schön! ruft Pinchinat, und der alte Saitenkratzer Zorn wollte sich gerade auf Tonga-Tabu vermählen!
– Ich? erwidert der Violoncellist achselzuckend. Weder auf Tonga-Tabu, noch anderswo. Hörst Du’s, schlechter Spaßvogel?
– Der Chef unsers Orchesters ist klug und weise, antwortet Pinchinat.
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