Nach der Mode des Landes sind das abscheuliche Beinkleid und der lächerliche Schlepprock noch nicht zugelassen. Die Männer tragen dafür einen einfachen Schurz oder Gürtel, die Frauen den Caraco und einen kurzen, mit seinen getrockneten Rindenstückchen verzierten Rock. Beide Geschlechter legen Werth auf sorgsame Haarfrisur, die bei den jungen Mädchen von der Stirn aus hoch aufragt und durch ein Gitter von Cocosfasern an Stelle eines Kammes getragen wird.

Das alles genügt jedoch nicht, den dickköpfigen Sebastian Zorn von seiner Voreingenommenheit zu heilen: er wird sich weder hier noch sonstwo unter dem Monde ins Ehejoch spannen lassen.

Ihm und seinen Kameraden ist es jedoch stets eine große Befriedigung, an diesen Inseln einmal ans Land gehen zu können. Natürliche Berge, wirkliche Felder und Wasserläufe…

das ist doch etwas andres als gemachte Flüsse und künstliche Ufer. Man muß eben ein Calistus Munbar sein, um seinem Juwel des Stillen Oceans den Vorzug vor den Schöpfungen der Natur zu geben.

Vavao ist zwar nicht die gewöhnliche Residenz des Königs Georg, er besitzt in Nu-Osa aber einen Palast, sagen wir lieber, ein hübsches Landhaus, wo er sich häufig aufhält. Der königliche Palast und die Wohnungen der englischen Vertreter befinden sich auf der Insel Tonga-Tabu.

Standard-Island soll daselbst, nahe dem südlichen Wendekreise, zum letztenmale vor der Umkehr nach Norden Halt machen.

Von Vavao aus erfreuen sich die Milliardeser zwei Tage lang einer recht abwechslungsreichen Fahrt, während der die eine Insel die andre ablöst. Alle lassen jedoch den gleichen Charakter erkennen, der der nördlichen Gruppe ebenso wie der Mittelgruppe von Hapaï eigen ist. Die äußerst sorgfältig ausgeführten Seekarten dieser Gegend gestatten dem Commodore Simcoë, sich getrost in das Gewirr von Wasserstraßen zwischen Hapaï und Tonga-Tabu hineinzuwagen. An Lootsen hätte es ihm im Nothfalle auch nicht gefehlt. Alle Inseln umschwärmen zahlreiche Fahrzeuge, meist Goëletten unter deutscher Flagge, die hier den Küstenverkehr unterhalten, während größere Handelsschiffe die Ausfuhr der Baumwolle, der Koprah, des Kaffees und des Mais, d. h. der hauptsächlichsten Naturproducte, besorgen.

Doch nicht allein Lootsen wären auf Verlangen zu haben gewesen, sondern auch die Insassen der hier üblichen Piroguen mit doppelten, durch eine Plattform verbundenen sogenannten

»Auslegern«, die bis zweihundert Mann aufnehmen können.

Gewiß wären hunderte von Eingebornen auf das erste Signal herbeigeeilt, und welche Ernte für sie, wenn das Lootsenhonorar nach dem Tonnengehalte von Standard-Island berechnet wurde. Zweihundertundfünfzig Millionen Tonnen!

Der seiner Sache sichre Commodore Simcoë verläßt sich aber auf sich selbst und auf seine Officiere, die allen Befehlen mit erprobter Sorgsamkeit nachkommen.

Tonga-Tabu kommt am Morgen des 9. Januar in Sicht, wo sich Standard-Island nur noch drei bis vier Meilen davon entfernt befindet. Im Ganzen sehr niedrig, da es keiner geologischen Umwälzung seinen Ursprung verdankt, ist es nicht aus dem Meeresgrunde, wie so viele andre Inseln, emporgedrängt worden. Infusorien sind es, die es nach und nach, indem sie ihre madreporischen Bauten immer übereinander lagerten, hervorgebracht haben.

Welche Arbeit gehörte aber zu dieser Fläche von sieben- bis achthundert Quadratkilometern, auf der jetzt zwanzigtausend Menschen wohnen!

Der Commodore Simcoë macht gegenüber dem Hafen von Maofuga Halt.

Zwischen der seßhaften und der beweglichen Insel – der Schwester Latonas mythologischen Angedenkens – entwickelt sich sofort der gewohnte Verkehr. Doch wie auffällig unterscheidet sich dieser Archipel von dem der Marquisen, Pomotous und der Gesellschafts-Inseln! Hier herrscht der englische Einfluß, und der diesem unterworfene König Georg I. wird sich gar nicht beeilen, den Milliardesern amerikanischer Herkunft einen besonders freundlichen Empfang zu bereiten.

Das Quartett entdeckt in Maofuga indeß auch eine kleine französische Niederlassung. Hier befindet sich der Sitz des Bischofs von Oceanien, der eben jetzt auf amtlicher Rundreise begriffen war.