An dieser Stelle verfügt man also über einige Zeit, die kaum besser zu verwenden ist, als zu einem Besuche des Dorfes Tampoo, dessen erste Hütten in der Entfernung von einer halben Meile hervorlugen. Der Maschinist und die beiden Matrosen sollen zur Bewachung der Schaluppe zurückbleiben, während der Lootse seine Passagiere bis nach dem Dorfe

»lootst«, wo sich die alten Sitten und Gebräuche in aller Reinheit erhalten haben. In diesem Theile der Insel war bisher jede Liebesmüh der Missionäre verloren. Hier herrschen noch die Wundermänner, hier pflegt man noch die Hexereien, die den etwas complicierten Namen »Vaka-Ndranni-Kan-Tacka«

(d. h. die Beschwörung durch Baumblätter) haben. Man verehrt hier die Katoavus, Götter, deren Existenz keinen Anfang und kein Ende hat und die keine ihnen geweihten Opfer verschmähen. Leider ist der Generalgouverneur ganz außer Stande, diese Opfer zu verhindern oder auch nur zu bestrafen.

Vielleicht wär’ es klüger gewesen, sich nicht unter diese verdächtigen Stämme zu wagen. Unsre Künstler, die nun einmal so neugierig wie die Pariser überhaupt sind, bestehen aber darauf und der Lootse erklärt sich zu ihrer Begleitung bereit, doch unter der Warnung, sich niemals von einander zu entfernen.

Beim Betreten Tampoos, das aus etwa hundert Strohhütten bestehen mag, sieht man zunächst Frauen… wirkliche Wilde.

Sie tragen nur einen einfachen Schurz um die Lenden und scheinen gar nicht erstaunt, Fremde zu erblicken, denn sie unterbrechen ihre Arbeit nicht im geringsten. An derartige Besuche sind sie gewöhnt, seit der Archipel unter britischer Schutzherrschaft steht.

Die Frauen sind mit der Zubereitung von Curcuma, einer Art Wurzeln, beschäftigt, die man in großen, mit Grashalmen und Bananenblättern ausgelegten Gruben aufbewahrt. Daraus hervorgeholt, werden sie geröstet, zerrieben und in mit Farrnwedeln ausgefütterten Körben gepreßt. Der dadurch gewonnene Saft wird dann in Bambusstengel gefüllt. Dieser Saft dient gleichzeitig als Nahrung und als Pomade und wird zu beiden Zwecken in großer Menge verwendet.

Die kleine Gesellschaft geht in das Dorf hinein. Die Eingebornen bekümmern sich gar nicht um sie und bieten den Besuchern weder einen Gruß, noch laden sie sie in ihre Wohnungen ein. Der äußre Anblick der Hütten ist auch keineswegs verlockend. Bei dem daraus hervordringenden Geruch, worin der von ranzig gewordenem Cocosöl vorherrscht, beglückwünscht sich das Quartett, daß die Gesetze der Gastfreundschaft hier offenbar nicht in hoher Achtung stehen.

Vor der Wohnung des Häuptlings – eines hochgewachsenen Insulaners von wildem Aussehen und harten Gesichtszügen –

angelangt, tritt ihnen dieser jedoch inmitten eines Gefolges von Eingebornen einige Schritte entgegen. Sein kraushaariger Kopf erscheint von Kalk ganz weiß. Er hat das Staatscostüm angelegt, ein streifiges Hemd, einen Gürtel um den Leib, am linken Fuß einen ausgetretnen gestickten Pantoffel und –

Pinchinat wollte schon immer vor Lachen platzen – einen schäbigen, blauen, vielfach geflickten Rock mit goldnen Knöpfen, dessen ungleich lange Schöße ihm um die nackten Beine flattern.

Während er auf die Gruppe der Papalangis (Fremden) zuschreitet, stolpert der Häuptling über einen niedrigen Baumstumpf, verliert das Gleichgewicht und fällt der Länge nach hin.

Entsprechend der Etiquette des »Bale muri« straucheln sofort scheinbar auch alle Begleiter des Häuptlings und sinken zur Erde, »um jenem Falle den Charakter der Lächerlichkeit zu nehmen«.

Darüber gab der Pilot Aufklärung und Pinchinat billigt diese Formalität, die übrigens – wenigstens seiner Ansicht nach –

auch nicht lächerlicher sei, als viele andre, die an europäischen Höfen gebräuchlich sind.

Nachdem sich alle wieder erhoben haben, wechseln der Häuptling und der Lootse einige Worte in der Landessprache, wovon das Quartett natürlich keine Silbe versteht. Nach der Uebersetzung des Lootsen drehte sich das kurze Gespräch nur darum, welche Absicht die Fremden nach dem Dorfe Tampoo geführt hätte. Darauf war die Antwort erfolgt, daß sie das Dorf nur einfach zu besichtigen und einen Spaziergang in dessen Umgebung zu machen wünschten.