Der Kaiser wird den Lombarden feste Sitze weisen und du behältst deine Brunetta.«
Faustine schüttelte das Haupt. »Das fehlte noch«, sagte sie, »daß ich mich an die Sohlen der Brunetta heftete und auch ihr zum Fluche würde! Richterin Stemma, nimm mir das ab!« Sie wies auf ihren Kopf. »Du weißt ja wohl und langeher, daß ich meinen Mann ermordete.«
Mit ruhigem Blicke prüfte Stemma das grellbeleuchtete knochige Gesicht der gleichaltrigen Räterin. Dann ließ sie sich auf eine Treppenstufe nieder und Faustine kroch zu ihren Knieen, ohne diese zu berühren. Ihre Augen waren gesund. »Herrin«, sagte sie, »du weißt alles, und wenn du mich ein Jahrzehnt und länger gnädig verschont und meine Missetat bedeckt hast, so war es, weil du nicht wolltest, daß die Brunetta, der unschuldige Wurm, zu Schanden komme. Ich durfte sie aufziehen und diese Gunst hast du mir erwiesen, weil ich dein Gespiel gewesen bin. Jetzt aber, da die Brunetta einem Manne folgt, ist kein Grund länger zu trödeln und zu tändeln. Laß uns die Sache ins reine bringen. Gib mir mein Urteil!«
Die Richterin erkannte aus der ganzen Gebärde Faustinens, daß diese bei Sinnen sei, und sosehr sie das schlimme Geständnis überraschte, sowenig gab sie den furchtbaren Ruf ihrer Allwissenheit preis. »Lege Bekenntnis ab«, sagte sie streng. »Das ist der Anfang der Reue.« Und Faustine begann: »Kurz ist die Geschichte. Der Schütze Stenio umwarb mich –«
»Den der Eber, welchen er gefehlt hatte, schleifte und zerriß –«
»Jener. Hernach gab mich der Judex seinem Reisigen Lupulus zur Ehe. Ich bequemte mich und doch –« sie hielt inne, um das reine Ohr Stemmas nicht zu beleidigen. Die Richterin half ihr und sagte ernst und traurig: »Und doch warest du das Weib des Toten.«
Faustine nickte. »Dann, vor dem Altar, plötzlich, zu meinem Entsetzen –«
»Fühltest du, daß du dem Toten gehörtest, du und ein Ungebornes«, half ihr die Richterin.
Wieder nickte Faustine. »Das ist alles, Herrin«, sagte sie. »Lupulus, jähzornig wie er war, hätte mich umgebracht. Das Ungeborne aber verhielt mir den Mund und flüsterte mir Feindseliges gegen den Mann zu.«
»Genug«, schloß Stemma. »Nur eines noch: woher hattest du das Gift?«
»Siehst du, Herrin«, rief das Weib, »daß du weißt, wie ich ihn tötete! Das Gift hat mir Peregrin gezeigt.«
»Peregrin?« fragte die Richterin mit verhüllter Stimme. »Das ist nicht möglich«, sagte sie.
»Er zeigte es mir und warnte mich davor. Ich irrte verzweifelnd unter den Kiefern von Silvretta. Da sehe ich ihn in seinem langen dunkeln Gewande, der sich bückt und Wurzeln gräbt. Blumen nickten mit braunen Glocken. Er ruft mich herbei, und eine dieser Blumen in der Hand, sagt er zu mir: ›Frau, hüte dich und die Kinder vor diesem Gewächs! Sein Saft tötet außer in den Händen des Arztes.‹ Er meinte es gut mit seinem warnenden Blick unter dem braunen Gelocke hervor und hauchte mir doch einen grimmig bösen Gedanken an. Keine Schuld komme auf seine Seele! Doch ich rede töricht. Er ist ja längst ein Engel Gottes, seit er nach der großen Ebene wandernd im Gebirge unterging, wie sie sagen, und das war nicht lange nach jener Stunde. Du erinnerst dich noch, der Judex dein Vater, dem er die Wunde heilte, hatte ihn abgelohnt, was dir unlieb war, da er dich als ein weiser Kleriker noch vieles hätte lehren können.«
»Schwatze nicht«, gebot die Richterin, »und endige dein Bekenntnis Am folgenden Tage bist du aus deiner Hütte nach Silvretta gegangen und hast die Wurzeln gegraben?«
»Ja. Du rittest vorüber und ich duckte mich, damit du mich nicht erkennen möchtest, aber du wendetest dich zweimal im Sattel.
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