Nein, Noah, dein Glück hat im Ganzen gut bestanden.

Noah: Mein Weib, meine Söhne sitzen in Pein beieinander . . . (zaudert zu gehen).

Calan: Was zagst du, rufe sie, daß auch sie sich freuen.

Noah (auf Awah schauend): Viel Glück, viel Unfrieden, Calan, verschaffst du mir. – Er läßt es zu und also gefällt es ihm – läßt er es zu? 26

Calan: Sie ist dein Eigentum und du mußt es bewahren. So gut, Noah, wie dein unsichtbarer Freund und besser, meine ich es mit dir. Wie wäre es, du ließest mir einen Platz neben ihm – ließest mich walten für dich an seiner Statt? Erschrick nicht, du hast keine Lasten davon zu den alten: keinen Dienst, kein Opfer, keine Dankbarkeit. Bin ich nur ein geringer Gott, so hast du Ohren, meinWort zu hören, hast Augen, was das beste ist, als Zeugen dafür, daß ich bin. Sieh, Noah, für Ansprüche, wie du wohl machst, bin ich so gut wie er. Was er gegen dein Glück zuließ, habe ich zu deinem Glück verhindert.

Noah: Ach, ach, ach, Calan – (erstickt) Ihm verdanke ich, daß ich bin, Dankbarkeit, Calan, ist mein größtes Glück, ich atme nicht, wenn ich nicht danken kann.

Calan: Gut, du sollst weiter danken und opfern, Noah. Ich bin nicht eifersüchtig auf andere Götter neben mir wie er. Ich lasse es zu, daß du abgöttisch bist und nenne es nicht gottlos, wenn du mich nicht preisest und mir nicht dienst. Keine Dienste, Noah, keine Knechtschaft und nicht mal Gehorsam – frei sollst du sein vor mir, nicht unfrei, wie vor ihm.

Noah: Mein Herz stockt vor Entsetzen, kannst du, Calan, mich heilen, wenn mich Aussatz frißt?

Calan: Aber ich schlage dich nicht mit Schmerz, Kummer und Krankheit. Du sollst nicht mein Geschöpf heißen und an den Mängeln deines Meisters leiden. Er begnadete dich mit dir selbst, aber deinen eigenen Willen, wenn er dich zu einer eigenen Lust führen will, mußt du oft 27 bändigen – wenn du willst, sollen die drei andern, deine mörderischen Nachbarn, dir weichen, willst du?

Noah: Wenn Gott nicht will, will ich auch nicht.

Calan: So gib mir Bescheid, wenn du ihn gefragt hast, ob du wollen darfst. Er hat dich in ihre Hände gegeben, ich gebe sie in deine Hände – du hast nur kümmerliche Kenntnisse von Gott, sehe ich, und gar kein Vertrauen. Warum sagst du nicht, ja, ich will? Wenn er dann nicht will, so kann er dich, wenn er stärker ist als ich, wieder zurück in ihre Zucht geben. Hast du deinen Willen vielleicht gar nicht von ihm, da du zweifelst, ob dein Wille sein Wille sei, oder wußte er selbst nicht, was er wollte, als er dir den Willen gab? Aber das alles hat gar keine Eile, ich bin langmütiger als er, wenn er sein Geschöpf für des Geschöpfes Fehler straft. Du kannst darüber schlafen – aber leg' die Hand auf das Vieh und bediene dich meiner Knechte, bis die deinen sich zu dir zurückgefunden. (ab)

Noah (sinkt zusammen, vergräbt den Kopf in den Händen) O Gott, wie schwer bist du zu verstehen – schufest mich und schufest Calan, meine Söhne, mein Weib und – (blickt auf und sieht Awah an) und diese?

Ahire kommt.

Noah (umfaßt sie.) Laß dein Herz hüpfen wie in den besten Tagen, Ahire, sprich nicht, frage nicht, sondern fühle nur wie wohl freies Athmen tut. Alles ist wieder unser, alle Not vorbei, wir sind groß wie vorher – laß die Lasten von deinem Herzen fallen, laß die Lust auf deine Seele hauchen. 28

Ahire: Unsere Söhne hocken in einem Häufchen beisammen, aber ich – ach Noah, ich wäre gerne mit dir gestorben. Calan war bei dir, was brachte dir Calan?

Noah: Er hat ihnen alles genommen und uns zurückgegeben, jedes Horn, jeden Huf, wir brauchen nur zu nehmen.

Ahire: Ich muß meine Angst mit Weinen löschen. Laß mich sitzen und sitz bei mir und laß mich weinen, lange weinen – weinen und dazwischen fragen und dir zulächeln. Ich habe soviel Freude daran, langsam vom Kummer zu genesen, Noah; kleine Schritte zur großen Freude zu machen. Komm, sitz bei mir und halte mich im Arm. (sie sieht Awah.) Wer ist sie?

Noah: Awah ist ihr Name, Calans Opfer ist sie, dargebracht für göttlichen Beistand.

Ahire: Mir? Als Magd, als Kind – als Kind Noah? (umfaßt Awah.)

Noah: Nein – mir, Ahire, mir geschenkt und zum Eigentum gegeben.

Ahire: Dir – nicht mir? (sieht zwischen ihnen hin und her.) Gib sie mir, Noah; sieh, das Weinen, das Lustweinen, ist mir vergangen vor Erwartung. Doch, Noah, mir schenkst du sie als mein eigen! (sie hat sie losgelassen, steht wenig entfernt und betrachtet sie. Awah erschrickt, stürzt zu Noah und umfaßt seine Knie.)

Noah: Ich weiß, Ahire, du magst sie mir nicht gönnen. Warum begehrst du sie? 29

Ahire: Japhet soll sie haben, Japhet hält fest, was er hat, sie ist die rechte für Japhet.

Noah: Japhet? Japhet? Armes Kind!

Ahire: Da laufen Buben umher in der Nachbarschaft, Töchterkinder und Mägdebälge – Japhets Buben, damit du es auch weißt, eine böse Zucht ist im Gange, je weniger man davon wissen will, um so wütender ist der Verdruß. Es muß damit ein Ende haben, Noah. Und wenn hier nun Kinder von dir und ihr herumbalgen sollen – wenn Gott es zulassen will, ich lasse es nicht zu. Sie wird Japhets Frau und Japhet weiß seine Habe zu mehren, Noah, besser als du, (schüttelt sich) die Lust zu weinen ist mir ganz vergangen.

Noah: Armes Kind!

Ahire: Als dir Herden und Knechte geraubt waren, sagtest du: Gott hat es gewollt.