Wenn Tschitschikow, ein sehr empfindlicher und in manchen Fällen sogar kapriziöser Mensch, frühmorgens diese Luft in seine frische Nase einzog, so runzelte er nur die Stirn, schüttelte den Kopf und sagte: »Weiß der Teufel, Bruder, du schwitzt wohl? Du solltest wirklich einmal ins Bad gehen!« Petruschka gab darauf nie eine Antwort, sondern suchte sich schnell mit irgend etwas zu beschäftigen: entweder trat er mit der Bürste an den dahängenden Frack seines Herrn heran, oder er räumte einfach irgend etwas weg. Was mochte er denken, während er so schwieg? Vielleicht sagte er im stillen zu sich: »Du bist auch der Richtige! Daß dir das noch nicht langweilig geworden ist, vierzigmal ein und dasselbe zu wiederholen!« Was ein Leibeigener denkt, während ihm sein Herr eine Belehrung erteilt, das weiß nur Gott allein. Also das wäre es, was wir fürs erste über Petruschka zu sagen haben. Ein ganz anderer Mensch war der Kutscher Selifan. Aber der Verfasser schämt sich stark, seine Leser so lange von Leuten niederen Standes zu unterhalten; denn er weiß aus Erfahrung, wie ungern sie mit den unteren Schichten Bekanntschaft machen. Der Russe ist nun einmal so: er empfindet ein leidenschaftliches Verlangen, mit jemand bekannt zu werden, der auch nur eine Rangstufe über ihm steht, und eine rein äußerliche Bekanntschaft mit einem Grafen oder Fürsten ist ihm wertvoller als alle sonstigen noch so engen, freundschaftlichen Beziehungen. Der Verfasser fürchtet sogar für seinen Helden, der nur Kollegienrat ist. Hofräte mögen vielleicht mit ihm bekannt zu werden wünschen; aber diejenigen, die es schon bis zum Generalsrange gebracht haben, die werfen auf ihn am Ende nur einen jener verächtlichen Blicke, die der Mensch auf alles wirft, was zu seinen Füßen herumkriecht, oder, was noch schlimmer ist, sie gehen mit einer für den Verfasser niederschmetternden Nichtbeachtung an ihm vorüber. Aber wie kränkend auch das eine wie das andere sein mag, wir müssen doch zu unserem Helden zurückkehren. Nachdem er also noch am vorhergehenden Abende die nötigen Befehle gegeben hatte, stand er am andern Morgen sehr früh auf, wusch sich und rieb sich vom Kopf bis zu den Füßen mit einem nassen Schwamme ab, was er nur sonntags tat, und es war gerade Sonntag. Darauf rasierte er sich so sorgfältig, daß seine Backen an Glätte und Glanz der reine Atlas wurden, zog den preiselbeerfarbenen Frack mit den leuchtenden Tüpfelchen und darüber den großen Bärenpelz an, stieg die Treppe hinab, wobei der Kellner ihn bald auf der einen bald auf der anderen Seite stützend unter den Arm faßte, und setzte sich in die Britschke. Mit Gepolter fuhr die Britschke aus dem Torwege des Gasthofes auf die Straße hinaus. Ein vorbeigehender Pope nahm die Mütze ab; einige Gassenjungen mit unsauberen Hemden streckten die Hände hin und riefen: »Gnädiger Herr, geben Sie uns armen Waisen etwas!« Da der Kutscher bemerkte, daß der eine von ihnen die größte Lust hatte, auf das hintere Trittbrett zu klettern, so versetzte er ihm einen Schlag mit der Peitsche. Die Britschke begann nun auf den Steinen ihre Sprünge zu machen. Nicht ohne lebhafte Freude erblickte der Insasse von weitem den gestreiften Schlagbaum, der zu erkennen gab, daß das Pflaster, wie alle anderen Erdenqualen, bald ein Ende nehmen werde, und nachdem Tschitschikow sich noch einige Male ziemlich heftig den Kopf an der Wagendecke gestoßen hatte, fuhr er endlich auf weichem Boden dahin. Kaum hatten sie die Stadt hinter sich, als sie auch schon auf beiden Seiten des Weges in die übliche Wildnis hineingerieten: mit Gras bewachsene Erdhöcker, Tannenwald, niedriges, dünnes, junges Fichtengestrüpp, angebrannte alte Baumstämme, Heidekraut und ähnliches nutzloses Zeug. Es kamen Dörfer, die in langer Linie an der Landstraße entlang lagen; die Häuser hatten, was ihre Bauart anlangt, mit alten aufgeschichteten Holzhaufen Ähnlichkeit, waren mit grauen Dächern versehen und unter denselben mit geschnitzten hölzernen Verzierungen ausgestattet, in Form von herabhängenden gemusterten Handtüchern. Wie gewöhnlich saßen auf den Bänken vor den Torwegen einige Bauern in ihren Schafpelzen und gähnten; Frauen mit dicken Gesichtern und zusammengeschnürten Brüsten sahen aus den oberen Fenstern; aus den unteren schaute ein Kalb heraus, oder ein Schwein steckte seinen kleinäugigen Kopf ins Freie. Kurz, ganz das bekannte Bild. Nachdem sie am fünfzehnten Werstpfahl vorübergefahren waren, erinnerte sich Tschitschikow, daß hier, nach Manilows Angabe, dessen Dorf liegen mußte; aber auch der sechzehnte Werstpfahl flog an ihnen vorbei, und das Dorf war immer noch nicht zu sehen, und wenn ihnen nicht zwei Bauern entgegengekommen wären, so wäre es ihnen kaum gelungen, hinzufinden. Auf die Frage, ob das Dorf Samanilowka noch weit sei, nahmen die Bauern die Mützen ab, und der eine von ihnen, der der klügere war und einen keilförmigen Bart trug, antwortete: »Meinst du vielleicht Manilowka und nicht Samanilowka?«

»Nun ja, Manilowka.«

»Manilowka! Wenn du noch eine Werst weiterfährst, dann hast du es, das heißt dann geradezu nach rechts.«

»Nach rechts?« fragte der Kutscher.

»Ja, nach rechts«, antwortete der Bauer. »Das ist dann der Weg nach Manilowka; aber ein Dorf Samanilowka gibt es gar nicht. So heißt das Dorf, nämlich sein Name ist Manilowka; aber Samanilowka gibt es überhaupt nicht. Da geradezu auf dem Berge wirst du ein steinernes, zweistöckiges Haus sehen, das Herrschaftshaus; in dem wohnt nämlich der Herr selbst. Das ist Manilowka; aber ein Dorf Samanilowka gibt es hier ganz und gar nicht und hat es nie gegeben.«

Sie fuhren weiter, um Manilowka zu suchen. Als sie noch zwei Werst gefahren waren, kamen sie an eine Stelle, wo ein Landweg abzweigte; aber sie legten auf diesem wohl noch zwei, drei, vier Werst zurück, und das steinerne, zweistöckige Haus war immer noch nicht zu sehen. Da erinnerte sich Tschitschikow, daß, wenn einen ein Freund auf sein fünfzehn Werst weit entferntes Gut einladet, dies bedeutet, daß nach dem Gute gut dreißig Werst sind. Das Dorf Manilowka konnte durch seine Lage nicht viele Menschen reizen. Das herrschaftliche Haus stand für sich allein auf einem freien Platze, nämlich auf einer Anhöhe, die für alle Winde, denen es beliebte zu blasen, offen dalag. Der Abhang der Anhöhe, auf der es stand, war mit kurzgeschorenem Rasen bekleidet.