Aber ich wollte Sie warnen. Nicht wahr, seit vier Monaten sind Sie doch von zu Hause fort? Sie sind doch ein Mann?« »Man muß nur nicht daran denken.«

»Entschuldigen Sie, das ist keine Antwort. Ich wollte Sie warnen. Trauen Sie Don Giannino Catalano nicht. Wenn Sie eine Frau brauchen, dann sagen Sie es mir.« »Was hat das damit zu tun?«

Gaetano setzte sich in dem Sand des Sträßchens wieder in Bewegung und hakte Stefano abermals unter. An der Ecke wurde das Meer sichtbar.

»Gefällt Ihnen diese Magd wirklich, Herr Ingenieur?« »Welche?«

»Na, Concia, die Ihnen wie eine Ziege vorkommt. Ja …?«

Stefano blieb in der drückenden Hitze stehen. Plötzlich sagte er:

»Fenoaltea …«

»Regen Sie sich nicht auf, Herr Ingenieur«, und die dickliche Hand strich an seinem Arm entlang, um seine Hand zu streicheln.

»Ich wollte Sie nur darauf aufmerksam machen, daß in dem Haus, wo sie dient, Don Giannino Catalano herumschnüffelt, der nicht der Mann ist, eine Frau mit einem anderen zu teilen. Vor allem nicht mit Ihnen, der Sie nicht von hier stammen.«

An diesem Tag spielte eine Horde von kleinen Jungen im Wasser: zwei vor allem stritten sich planschend um den Felsen. Stefano saß im Sande und schaute ihnen lustlos zu. Sie waren nackt und braun wie Meertiere und kreischten in ihrem Dialekt; und Stefano kam das ganze Meer jenseits der Brandung wie eine gläserne, lärmende, öde Landschaf vor, bei deren Anblick alle seine Sinne sich verkrochen wie der Schatten unter seinen Knien. Er schloß die Augen, und das Wolkchen aus Gianninos Pfeife zog an ihm vorüber. Seine Spannung wurde so schmerzhaf, daß Stefano aufstand, um fortzugehen. Ein Junge kreischte ihm etwas nach. Ohne sich umzudrehen, stieg Stefano den Strand wieder hinauf.

Stefano befürchtete, daß Elena ihn am Nachmittag besuchen werde. Er hatte sich am Morgen, als er aufstand, so sehr nach ihr gesehnt, und zwar körperlich. Und jetzt wollte er nichts mehr von ihr wissen. Er wollte allein sein, sich in seine Höhle verkriechen. Lachend, undeutlich, lärmend und töricht wie bei der Kirchweih am Tage zuvor, umtanzten ihn die Gesichter der anderen; aufmerksam und unfreundlich wie in den ersten Tagen, wie vor einer Stunde. Unter diesen Augen voller Hinterhältigkeit, unter diesen schmeichlerischen Fingern lief ihm ein Schauer über die Haut. Er hatte das Gefühl, Teile seiner selbst seien in der Gewalt der anderen. Da war Elena, die ihn duzte und ein Recht zu vorwurfsvollen Blicken hatte. Da war sein geheimstes Inneres, das er so töricht im Wirtshaus ausposaunt hatte, da waren, im hellen Sonnenlicht, seine nächtlichen Angstgefühle. Stefano schloß die Augen und verhärtete sein Gesicht.

Fast im Laufschritt ging er den Deich entlang. Ohne

sich umzuwenden, kam er an Concias Haus vorüber. Als er schon fern war, schon dem unverstellten Himmel gegenüberstand, fühlte er in seinem Rücken den Hügel steil aufragen, und er begriff, daß er auf der Flucht war.

Zu seiner Rechten dehnte sich das Meer in seiner Eintönigkeit. Mit hängendem Kopf blieb er stehen, und der Gedanke, daß er Angst gehabt hatte, beruhigte ihn. Er sah das Unsinnige daran sogleich ein. Er begriff, daß Gaetano aus Neid gesprochen hatte, um Gianninos Stelle einzunehmen. Das wurde ihm so klar, daß er sich fragte, warum er sich so geängstigt hatte, wenn er das doch schon begriffen hatte, während Gaetano noch sprach.