Das gerade nicht; aber es ärgert mich unbeschreiblich, daß nach meinem Stande nicht die mindeste Nachfrage geschieht.

ANNE. Ihr werdet gewiß mit der Zeit in die vorige Achtung kommen.

WIRT. Nein, liebe Tochter, denn die Zeiten lassen sich sehr schlecht dazu an. O daß ich nicht ein Hofrat geworden bin! Sieh fast alle jetzigen Komödienzettel nach, und immer steht unten: die Szene ist im Hause des Hofrats. – Wenn es länger so fortgeht, lasse ich mich zum Kerkermeister machen, denn die Gefängnisse kommen doch noch in vaterländischen und Ritterstücken vor. – Aber mein Sohn soll durchaus nichts anders als Hofrat werden.

ANNE. Tröstet Euch lieber Vater, und hängt Eurer Melancholie nicht so nach. – Wie war es doch damals, als der Waltron erschien? Wißt Ihr noch, wie zu jener Zeit manche Schauspiele fast nur aus Gewehr präsentieren, Salutieren, Trommelschlag, Reveille und Schießen bestanden? Einen andern Menschen als Soldaten wurde man gar nicht gewahr. Und wie ist dieser Stand jetzt auch vernachlässigt, so daß kaum noch hie und da ein einzelner Obrist sich in den gangbaren Stücken blicken läßt?

WIRT. Was gilt's, ich arbeite mich noch selber zum Poeten um, und erfinde eine neue Dichtart, die die Hofratsstücke verdrängen soll, und in denen die Szene immer im Wirtshause spielt.

ANNE. Tut das, lieber Vater, ich will die Liebesszenen auf mich nehmen.

WIRT. Still! – Es fährt wahrhaftig ein Wagen vor. – Sogar eine Extrapost! lieber Himmel, wo muß der unwissende Mensch herkommen, daß er bei mir einkehrt?

 

Ein Fremder tritt herein.

 

FREMDER. Guten Morgen, Herr Wirt.

WIRT. Diener, Diener von Ihnen, gnädiger Herr. – Wer in aller Welt sind Sie, daß Sie inkognito reisen und bei mir einkehren? Sie sind gewiß noch aus der alten Schule; gelt, so ein Mann vom alten Schlage, vielleicht aus dem Englischen übersetzt?

FREMDER. Ich bin weder gnädiger Herr, noch reise ich inkognito. – Kann ich diesen Tag und die Nacht hier logieren?

WIRT. Mein ganzes Haus steht Ihnen zu Befehl. – Aber, im Ernst, wollen Sie hier in der Gegend keine Familie unvermuteterweise glücklich machen? oder plötzlich heiraten? Oder eine Schwester aufsuchen?

FREMDER. Nein, mein Freund.

WIRT. Sie reisen also bloß so simpel, als ein ordinärer Reisender?

FREMDER. Ja.

WIRT. Da werden Sie wenig Beifall finden.

FREMDER. Ich glaube, der Kerl ist rasend.

 

Postillion kömmt.

 

POSTILLION. Hier ist Ihr Koffer, gnädiger Herr.

FREMDER. Und hier ist dein Trinkgeld.

POSTILLION. O das ist wohl zu wenig. – Ich bin den Berg herunter so herrlich gefahren –

FREMDER. Nun da!

POSTILLION.