Darum ersuche ich euch, mir zu sagen, wonach ihr das größte Verlangen tragt. Ist es in der Welt, so sollt ihr es haben. Ich weiß, daß die Frauen in gesegneten Umständen nach seltenen und leckern Dingen zu schmachten pflegen.
HERZOGIN. Ja, wahrlich, Herr Doktor, und weil ihr so freundlich seid, so will ich euch gestehn, wonach mein Herz das größte Verlangen trägt. Wenn es jetzt Sommer wäre, so wie es Januar ist, todte Winterzeit, so wollte ich kein besseres Gericht fordern, als einen Teller voll reifer Weintrauben.
FAUST. Das ist nicht viel. Geh, Mephostophilis, fort mit dir! Mephostophilis ab. Madam, ich möchte gern mehr als dieses thun, euch eine Freude zu machen.
Mephostophilis kömmt zurück mit den Weintrauben.
FAUST. Hier, jetzt nehmt. Sie müssen gut seyn, denn sie kommen weit her, das kann ich euch versichern.
HERZOG. Das setzt mich noch mehr in Erstaunen als alles Andre. In dieser Jahreszeit, wo jeder Baum ohne Frucht und Laub dasteht, woher habt ihr diese reifen Trauben?
FAUST. Erlauben Eur Gnaden: – das Jahr ist in zwei Kreisen über die ganze Welt vertheilt, so daß, wenn es bei uns Winter, in der entgegengesetzten Hälfte, Sommer ist, wie in India, Saba und solchen Gegenden, die weit in Osten liegen, wo sie des Jahres zweimal Früchte ärndten. Von dort habe ich, mit Hilfe eines schnellen dienstbaren Geistes, diese Trauben holen lassen, wie ihr seht.
HERZOGIN. Und glaubt mir, es sind die süßesten Trauben, die ich Zeit meines Lebens gekostet habe.
Rüpel und seine Gefährten klopfen an die Thür.
HERZOG.
Was sind für grobe Lärmer an der Thür?
Geht, stillet ihre Raserei, macht auf,
Und fragt sie dann, was sie von uns verlangen?
Sie klopfen wieder und rufen nach Faust.
EIN DIENER.
Was giebt's ihr Herr'n? Was ist das für ein Lärm?
Weswegen ist's, daß ihr den Herzog stört?
DICK.
Weswegen? Deswegen! Was geht uns der Herzog an!
DIENER.
Was, frech Gesindel, untersteht ihr euch?
PFERDEPHILISTER. Das hoff' ich, Herr, daß wir Witz genug haben, uns mehr zu unterstehn als euch gefällig ist.
DIENER. So scheint's. Ich bitt' euch, untersteht euch wo anders so etwas und stört den Herzog nicht.
HERZOG. Was wollen sie haben?
DIENER. Sie schreien alle, sie wollen den Doktor Faust sprechen.
KÄRNER. Ja, ja, mit dem wollen wir sprechen.
HERZOG. Ist's euch gefällig Herr? Führt die Schurken ab.
DICK. Uns was abzuführen? Der mag sich selber hüten, daß der Teufel ihm keine Abführung giebt.
FAUST.
Ich bitt' Eur Gnaden, laßt herein sie kommen,
Die Kerls sind gut genug zu einem Spaß.
HERZOG. Thut was ihr wollt, Faust, meinen Urlaub habt ihr.
FAUST. Ich dank' Eur Gnaden.
Rüpel, Dick, Kärner, Pferdephilister kommen herein.
FAUST.
Nun, sagt, wie geht's noch, meine lieben Freunde,
Fürwahr, ihr seid zu grob, doch kommt nur näher,
Ich hab' euch Gnade ausgewirkt. Willkommen!
RÜPEL. Ja, Herr, wir sind hier willkommen für unser Geld und was wir verzehren, das bezahlen wir. Heda, gebt uns ein halb Dutzend Bier und geht an den Galgen!
FAUST. Ei, hört einmal, könnt ihr mir sagen, wo ihr seid?
KÄRNER. Ei wohl, das können wir wahrhaftig.
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