Und mit ihm kömmt der deutsche Zaubrer,

Der weise Faust, der Stolz von Wittenberg,

Das Wunder aller Welt in der Magie.

Und dieser will den großen Karl hier zeigen

Und seiner tapfern Ahnen lange Kette,

Auch bringen seiner Majestät vor Augen

Die königlichen kriegerischen Bilder,

Den Alexander und sein schönes Liebchen.

FRIEDRICH.

Wo ist Benvolio?

MARTIN.

Der schläft noch fest, gewiß,

Der hat sich einen Rheinweinrausch getrunken

So freundlich gestern Nacht auf Brunos Wohlseyn,

Daß heut' der Schlucker noch das Bette hütet.

FRIEDRICH.

Sieh, sieh! sein Fenster offen! Ruf' hinein!

MARTIN.

He, he, Benvolio!

BENVOLIO in Nachtkleidern, steckt seinen Kopf durch das Fenster.

Was plagt euch beide für ein Teufel?

MARTIN.

Sprecht sacht, Herr, daß der Teufel euch nicht hört,

Denn Faust ist jüngst bei Hofe angekommen,

Dem tausend Furien auf den Fersen folgen,

Des Doktors Wort' und Winke zu vollführen.

BENVOLIO.

Was ist das?

MARTIN.

Komm nur aus deiner Stub' und du sollst sehn,

Was seltne Stücke der Beschwörer zeigt

Hier vor dem Pabste und vor unsrem Kaiser,

Wie man bisher in Deutschland nie gesehn.

BENVOLIO.

Hat denn der Pabst das Zaubern noch nicht satt.

Kaum stieg er runter von des Teufels Rücken –

Und hat er sich so sehr in ihn verliebt,

Mag er mit ihm nach Rom zurück kutschiren.

FRIEDRICH.

Sprich, willst du kommen und den Spaß mit ansehn?

BENVOLIO.

Ich danke.

MARTIN.

So stell' ans Fenster dich und sieh es da.

BENVOLIO.

Ja, schlaf' ich mittlerweile nur nicht ein.

MARTIN.

Der Kaiser naht sich uns, um hier zu sehn,

Was Wunder kann durch schwarze Kunst geschehn.

BENVOLIO. Gut, geht nur und begleitet den Kaiser. Ich bin es für dieses Mal zufrieden, meinen Kopf zum Fenster hinaus zu stecken: denn, es heißt ja, wenn ein Mensch die Nacht über betrunken gewesen ist, so kann ihm der Teufel den Morgen nichts anhaben. Wenn das wahr ist, so habe ich einen Zauber in meinem Kopfe, der soll ihm so viel zu schaffen machen, wie der Beschwörer, dafür steh' ich euch.

 

Ab.

Karl, der deutsche Kaiser, Bruno, der Herzog von Sachsen, Faust, Mephostophilis, Friedrich, Martino und Gefolge.

 

KAISER.

Wunder der Welt, berühmter Zauberer,

Dreimal gelehrter Faust, sei uns willkommen!

Die That, daß du den Bruno freigemacht

Von seinem und von unsrem offnen Feind,

Soll deiner Kunst mehr Herrlichkeit verleihn,

Als wenn mit mächtgen Nekromantensprüchen

Der Welt Gehorsam du gebieten könntest:

Denn ewig bleibt dir deines Kaisers Liebe.

Und wenn der Bruno, den du jüngst gelöst,

In Frieden trägt der Kirche Diadem

Und sitzt auf Petri Stuhl, der Wandlung trotzend,

Sollst du gepriesen sein durch ganz Italien

Und hochgeehret von dem deutschen Kaiser.

FAUST.

Die Gnadenworte, kaiserlicher Herr,

Werden den armen Faust, nach ganzer Kraft,

Mit Lieb' und Dienste euch ergeben machen;

Auch euch, Sankt Bruno, leg' ich mich zu Füßen:

Und zum Beweis, gefällt es eurer Gnade,

Bin ich bereit, durch meiner Kunst Gewalt,

Zu wecken solche Zauber, die durchbrechen

Das schwarze Thor der ewgen Höllenflammen,

Die grimmen Furien ziehn aus ihren Höhlen,

Zu schaffen, was Eur Gnaden mag belieben.

BENVOLIO. Wetter, der spricht ja fürchterlich. Aber trotzdem glaube ich ihm nicht viel. Er hat soviel Ähnlichkeit mit einem Beschwörer, wie der Pabst mit einem Aepfelhöcker.

KAISER.

Dann, Faustus, wie du jüngst uns hast versprochen,

Laß sehn uns den berühmten Welterobrer,

Den großen Alexander und sein Liebchen,

In wahrer Bildung, voller Majestät,

Daß wir anstaunen ihre Herrlichkeit.

FAUST.

Eur Majestät soll alsobald sie sehn.

Mephostophilis, fort.

Und bei dem Feierklange der Trompeten

Stell' seiner kaiserlichen Gnade vor

Den Alexander und sein schönes Liebchen.

MEPHOSTOPHILIS.

Faustus, ich gehe.

BENVOLIO. Gut, gut, Herr Doktor, wenn eure Teufel nicht gleich erscheinen, so schlaf' ich ein. Wetter, ich könnte mich vor Aerger selbst auffressen, wenn ich denke, daß ich so ein Esel gewesen bin, so lange nach diesem Teufelsgouverneur zu gaffen und am Ende doch nichts zu sehn.

FAUST bei Seite.

Ich will dir gleich was zu fühlen geben,

Wenn meine Kunst mich nicht im Stiche läßt.

Mein Herr, erst muß Eur Majestät ich warnen,

Wenn meine Geister euch die Schatten zeigen,

Den großen Alexander und sein Liebchen,

Thut keine Fragen an den König dann,

Laßt kommen sie und gehn in tiefem Schweigen.

KAISER.

Doktor, was dir gefällt, wir sind's zufrieden.

BENVOLIO. Ja, ja, und ich bin's auch zufrieden. Aber, wenn du den Alexander und sein Liebchen dem Kaiser vorstellst, so will zu einem Aktäon ich werden und mich in einen Hirsch verwandeln.

FAUST. Und ich will die Diana machen und dir gleich Hörner besorgen.

 

Trompeten. Kaiser Alexander tritt zu der einen Thür herein, zu der andern Darius: sie begegnen sich, fechten, Darius fällt, Alexander ersticht ihn, nimmt ihm die Krone ab und als er herausgehen will, begegnet ihm seine Geliebte und er setzt ihr die Krone auf. Dann neigen sich Beide vor dem Kaiser, der aufsteht und sie umarmen will.

 

FAUST hält ihn zurück.

Mein gnädger Kaiser, ihr vergeßt euch selbst,

Es sind nur Schatten beide, ohne Körper.

KAISER.

Vergieb mir, denn mein Herz ist so entzückt

Beim Anblick dieses weltberühmten Kaisers,

Daß ich ihn wollt' in meine Arme schließen.

Doch, Faust, weil ich nicht sprechen darf zu ihnen,

Dem vollen Drange meiner Brust zu gnügen,

Laß mich dir sagen: ich hab' einst gehört,

Daß diese schöne Frau im Erdenleben

Am Nacken hatt' ein kleines Warzenmahl.

Jetzt könnt' ich sehn, ob diese Sage wahr ist.

FAUST.

Geht dreist heran und seht, Eur Majestät.

KAISER.

Faustus, ich seh' es deutlich –

O dieses Schauspiel, es erfreut mich mehr,

Als wenn ein zweites Reich gewonnen wär'.

FAUST.

Fort! Weg damit!

 

Das Schauspiel verschwindet.

 

Seht, seht, mein gnädger Herr, welch seltnes Thier,

Das seinen Kopf dort aus dem Fenster steckt!

KAISER.

O Wunderschauspiel! Seht, Herzog von Sachsen,

Zwei große Hörner, seltsam aufgesetzt

Dem Haupt des jungen Herrn Benvolio!

HERZOG VON SACHSEN.

Was schläft er oder ist er todt?

FAUST.

Er schläft, doch träumt er nicht von seinen Hörnern.

KAISER.

Köstlicher Spaß! Kommt, laßt uns ihn erwecken.

Heda, Benvolio!

BENVOLIO.

Hol' euch der Teufel! Laßt mich ein Weilchen schlafen.

KAISER. Ich kann dich nicht schelten, daß du so viel schläfst, da du einen so großen Kopf hast.

HERZOG VON SACHSEN.

Sieh dich um, Benvolio, der Kaiser ruft.

BENVOLIO.

Der Kaiser? Wo? Wetter, mein Kopf!

KAISER. Nun, wenn deine Hörner halten, so brauchst du für deinen Kopf nicht eben besorgt zu seyn, der ist hinlänglich bewaffnet.

FAUST. Was? Wie, Herr Ritter, an den Hörnern aufgehängt? Das ist ja ganz erschrecklich. Pfui, pfui, zieht Euren Kopf doch ein und schämt euch. Laßt Euch nicht von aller Welt anstaunen.

BENVOLIO. Wetter! Doktor, ist das eine Schurkerei von euch?

FAUST.

O sagt nicht so, Herr. Faust hat kein Geschick,

Kunst noch Erfahrung, diese Herr'n zu zeigen,

Zu bringen vor des Kaisers Majestät

Den großen tapfern König Alexander:

Wenn Faust das thut, seid ihr ja gleich entschlossen

Zum Hirsch zu werden, kühner Held Aktäon.

Und jetzt, gefällt es Eurer Majestät,

Will eine Kuppel Hund' ich auf ihn hetzen,

Daß alle seine Jokeys kaum im Stande,

Aus ihren Klaun den blut'gen Leib zu retten.

He, Belimoth, Argiron, Astaroth!

BENVOLIO. Halt, halt! Wetter, er will eine Kuppel Teufel auf mich hetzen, das weiß ich. Guter Herr, bittet für mich. Auf Blut, ich bin nicht im Stande, diese Qualen auszuhalten.

KAISER.

Nun denn, guter Herr Doktor,

Ich bitte, seine Hörner abzunehmen,

Er hat genug der Buße schon gethan!

FAUST. Mein gnädiger Herr. Nicht sowol um meine Beleidigung zu rächen, als um Eur Majestät einen Spaß zu machen, hat Faustus diesen schalkischen Ritter bestraft. Dieser mein Wunsch ist erfüllt und ich bin zufrieden, ihm die Hörner abzunehmen. Mephostophilis, wandle ihn um, und künftig, mein Herr, lernt besser von Doktoren sprechen.

BENVOLIO. Gut von Euch sprechen? Auf Blut, wenn alle Doktoren solche Hahnreimacher sind und allen ehrlichen Leuten dergestalt Hörner an den Kopf setzen, so will ich zeitlebens keinem Doktormantel und keinem Magisterkragen mehr trauen. Aber, wenn ich mich dafür nicht räche, so möchte ich mich in eine lecke Auster verwandeln und zeitlebens nichts als Salzwasser trinken.

KAISER.

Komm, Faustus, komm: so lang dein Kaiser lebt,

Sollst du zum Lohne deines Hochverdienstes

Im deutschen Reiche sein Verwalter seyn,

Vom großen Karl geliebt bis an dein Ende.

 

Alle ab.

Benvolio, Martin, Friedrich und Soldaten.

 

MARTIN.

Ja, Freund Benvolio, laß ab zu denken

An diesen Anschlag gegen den Beschwörer.

BENVOLIO.

Fort, fort, ihr liebt mich nicht, mich so zu plagen.

Soll ich die große Schmach so hingehn lassen,

Daß jeder niedre Knecht mein Leid bespotte,

Und stolz bei ihrem Bauertanze sagen:

Benvolios Haupt hat Hörner heut getragen?

Nie werden diese Augen mehr geschlossen,

Bis dieses Schwerdt des Zaubrers Herz durchstoßen.

Wollt ihr mir beistehn in der Unternehmung,

So zieht eur Schwerdt und zaudert länger nicht,

Wo nicht, so geht: Benvolio wird sterben,

Doch seine Scham mit Faustus Blut entfärben.

FRIEDRICH.

Wir bleiben bei dir, was auch mag geschehn,

Faust soll nicht lebend hier vorübergehn.

BENVOLIO.

Dann, lieber Friedrich, schnell in diesen Hain,

Stell' unsre Diener und Gehülfen auf,

Leg' in Versteck sie hinter diesen Bäumen.

Ich weiß, der Zaubrer kann nicht fern mehr seyn,

Ich sah ihn knien, des Kaisers Hände küssen

Und Abschied nehmen, reich mit Lohn beladen,

Drum, muthig drauf, Soldaten, daß er liege,

Eur ist sein Gold, wir gnügen uns am Siege.

FRIEDRICH.

Soldaten, kommt und folgt mir in den Hain,

Wer trifft, endlose Lieb' und Gold ist sein.

BENVOLIO.

Mein Haupt ist leichter zwar als mit den Hörnern,

Doch schwerer ist mein Herz noch als mein Haupt

Und pocht, zu sehn des Lebens ihn beraubt.

MARTIN.

Wo stellen wir uns auf, Benvolio?

BENVOLIO.

Hier laß uns stehn zum ersten Ueberfall.

Oh, ist der Höllenhund erst, wo ich will,

Wird auch die Schmach mir bald im Herzen still!

 

Friedrich tritt auf.

 

FRIEDRICH.

Still, still, der Zauberer ist in der Nähe,

Er kömmt im Doktorkleide ganz allein,

Paßt auf, daß dieß sein letzter Gang mag seyn.

BENVOLIO.

Mein sei die Ehre denn.