Es war groß und ärmlich ausmöblirt; die Fensterläden waren verschlossen; da sie zum Theil zerbrochen waren, fehlte es nicht an hinreichender Luftzufuhr. Es schien das geheiligte Zimmer gewesen zu sein, welches bei den holländischen Hausfrauen unter dem Namen »das beste Schlafzimmer« bekannt ist; es ist der am besten möblirte Ort des Hauses, an welchem man aber kaum je Jemand erlaubt zu schlafen. Sein Glanz freilich war für immer dahin. Es befanden sich noch einige wenige zerbrochene Möbel darin, und in der Mitte stand ein schwerer Tisch und ein großer Armsessel; beide sahen aus, als wären sie so alt als das Haus selbst. Der Kamin war breit und mit holländischen Ziegelsteinen eingefaßt, die Scenen aus der heiligen Schrift vorstellten; einige von ihnen waren herausgefallen und lagen auf dem Herd zerstreut. Der Küster trug das Binsenlicht, und der Doktor, der sich furchtsam in dem Zimmer umsah, wollte soeben Dolph ermahnen, guten Muthes zu sein und Courage zu zeigen, als ein Geräusch im Kamin, gleich Stimmen oder einem Kampf, den Küster plötzlich in großen Schrecken versetzte. Er nahm mit seiner Laterne das Hasenpanier; der Doktor folgte ihm hart auf der Ferse; die Treppen stöhnten und krachten, als sie eilig hinunter stürzten, und vermehrten noch ihre Unruhe und ihre Eile durch ihr Geräusch. Die Eingangsthüre schlugen sie hinter sich zu, und Dolph hörte sie die Allee hinab stolpern, bis sich endlich der Ton von ihren Fußtritten in der Entfernung verlor. Daß er diesen schnellen Rückzug nicht mitmachte, mochte daher kommen, daß er ein wenig mehr Muth hatte als seine Begleiter, oder vielleicht daher, daß er die Ursache ihres Schreckens auffand, nämlich ein Nest von Mauerschwalben, die herunter auf den Feuerplatz fielen.

Nunmehr sich selbst überlassen, verwahrte er die Eingangsthüre durch einen starken Balken und Riegel; und nachdem er sich überzeugt hatte, daß auch die anderen Eingänge gut befestigt waren, kehrte er zu seinem einsamen Zimmer zurück. Nachdem er sein Abendmahl zu sich genommen hatte, das ihm die gute alte Köchin in einem Korbe mitgegeben hatte, schloß er die Zimmerthüre und legte sich auf eine Matratze in einem Winkel zur Ruhe. Die Nacht war ruhig und stille, und nichts unterbrach die tiefe Stille, als das einsame Zirpen einer Grille von dem Kamin eines entfernten Zimmers. Das Binsenlicht, welches in der Mitte des hölzernen Tisches stand, verbreitete nur wenige schwache, das Zimmer nur matt erleuchtende Strahlen und verursachte in Folge der Kleidungsstücke, die Dolph über einen Sessel gelegt hatte, sonderbare Gestalten und Schatten an den Wänden.

Bei aller Zuversicht seines Herzens lag doch etwas Niederdrückendes in dieser nächtlichen Scene, und während er auf seinem harten Bette lag und sich im Zimmer umsah, fühlte er seine Gemüthsstimmung beunruhigt. Er ließ in seiner Seele seine eitlen Gewohnheiten und seine ungewissen Aussichten die Revue passiren und holte hier und da einen tiefen Seufzer, wenn er an seine arme alte Mutter dachte; denn es giebt nichts, was so leicht dunkle Schatten auf das klarste Gemüth wirft, als die Stille und die Einsamkeit der Nacht. Bald meinte er einen Ton zu hören, als wenn Jemand die Treppe herunter ginge. Er lauschte und hörte deutlich einen Fußtritt auf der großen Haupttreppe. Es näherte sich langsam und feierlich, Trapp – Trapp – Trapp! Offenbar war es der Fußtritt einer schweren Person; und doch wie konnte sie in das Haus gekommen sein, ohne ein Geräusch zu veranlassen? Er hatte alle Befestigungsmittel untersucht und war überzeugt, daß alle Eingänge verwahrt waren. Noch immer schritt es die Treppe herunter, Trapp – Trapp – Trapp! Es war klar, daß die nahende Person kein Räuber sein konnte, der Fußtritt war zu laut und vorsichtig; ein Räuber würde sich entweder still oder eilig benommen haben. Jetzt waren die Tritte die Treppe herunter gekommen; sie schritten langsam längs des Ganges fort und hallten durch die stillen und einsamen Gemächer. Die Grille hatte ihr melancholisches Zirpen eingestellt, und nichts unterbrach die traurige Stille. Die Thüre, die von innen verschlossen war, sprang langsam von selbst auf. Die Fußstapfen schritten in das Zimmer, aber Niemand war zu sehen. Sie schritten langsam und vernehmlich durch dasselbe, Trapp – Trapp – Trapp! aber was den Ton verursachte, war unsichtbar. Dolph rieb sich die Augen und starrte um sich. Er konnte jeden Gegenstand des matt erleuchteten Zimmers sehen; Alles war leer; aber immer hörte er noch die geheimnißvollen Fußtritte durch das Zimmer schreiten. Jetzt hörten sie auf, und Alles war todtenstille. Es lag etwas Schrecken Erregenderes in diesem unsichtbaren Besuch, als in irgend etwas, was sich dem Sehvermögen dargeboten hätte. Es war feierlich leer und nicht zu beschreiben. Er fühlte sein Herz schlagen; der kalte Angstschweiß brach auf seiner Stirne aus, und er lag einige Zeit in einem Zustande heftiger Erschütterung; jedoch ging nichts vor, was seine Besorgniß hätte steigern können. Sein Licht brannte nach und nach in den Leuchter herab, und er fiel in Schlaf. Als er erwachte, war es helles Tageslicht; die Sonnenstrahlen drangen durch die Spalten der Fensterladen, und die Vogel sangen lustig um das Haus.