Ein Hemd mit blutigem Halse wurde als das von Marion wiedererkannt; ferner fanden sich die Kleider und Pistolen des Zungen Baudricourt, die Waffen und die zerrissenen Kuppelriemen aus dem Boote; weiterhin in einem andern Dorfe gereinigte und gekochte menschliche Eingeweide.

Diese unwiderleglichen Proben des Blutbades und der Anthropophagie wurden gesammelt und die menschlichen Ueberreste feierlich bestattet. Dann wurden die Dörfer Takouri's und Piki-Ove's, seines Mitschuldigen, den Flammen überliefert. Am 14. Juli 1772 verließen beide Schiffe diese unheilvolle Gegend.

Das war die Katastrophe, deren Erinnerung im Geiste jedes Reisenden lebendig sein sollte, wenn er den Fuß auf die Ufer Neu-Seelandes setzt. Der ist ein unkluger Kapitän, welcher sich derlei Erfahrungen nicht zu Nutze macht. Die Neu-Seeländer bleiben immer perfid und immer Anthropophagen. Cook erkannte das bei seiner zweiten Reise, im Jahre 1773, sehr wohl.

Die Schaluppe eines seiner Schiffe, der Aventure, commandirt vom Kapitän Furneaux, hatte sich am 17. December an's Land begeben, um wilde Kräuter zu sammeln, kam aber nicht zurück. Ein Midshipman und neun Mann waren darauf gewesen. Kapitän Furneaux sandte beunruhigt Lieutenant Burney, um sie aufzusuchen. Burney gelangte nach dem Landungsplatze und fand dort, wie er sagt, »das Bild eines Blutbades und einer Barbarei, von dem man nicht ohne Entsetzen sprechen kann. Köpfe, Eingeweide, Lungen mehrerer unserer Leute lagen da auf dem Sande umher, und nahe dabei verzehrten mehrere Hunde noch andere derartige Ueberbleibsel«.

Zum Schluß dieser blutigen Liste sei noch das Schiff Brothers erwähnt, das im Jahre 1815 von den Neu-Seeländern angegriffen wurde, und die ganze im Jahre 1820 ermordete Mannschaft des Boyd, Kapitän Thompson. Endlich beraubte (am 1. März 1829 in Balkitaa) der Häuptling Enarao die englische Brigg Hawes von Sidney. Seine Cannibalenbande ermordete mehrere Matrosen, ließ die Leichen kochen und verzehrte sie.

So war dieses Neu-Seeland, nach welchem der Macquarie steuerte, und das mit einer verdummten Mannschaft und unter der Leitung eines Trunkenboldes.

Viertes Capitel.

Die Klippen.

Diese schwierige Ueberfahrt verlängerte sich jedoch. Am 2. Februar, sechs Tage nach seiner Abfahrt, hatte der Macquarie noch immer nicht das Gestade von Auckland in Sicht. Der Wind war zwar gut und blies beständig aus Süd-West, aber die Strömungen waren ihm hinderlich und die Brigg kam deshalb nur langsam vorwärts. Das unruhig und stürmisch wogende Meer überfluthete sein Verdeck, sein ganzer Bau krachte und kaum erhob es sich aus der Tiefe der Sturzwellen. Das eingezogene Takelwerk ließ den Masten freies Spiel, so daß sie bei jeder schwankenden Bewegung erschüttert wurden.

Glücklicherweise setzte Will Halley, saumselig wie er war, nicht alle Segel bei, denn das ganze Mastwerk wäre unvermeidlich zertrümmert worden. John Mangles hoffte wohl, daß dieses elende Fahrzeug, wenn auch einem Wrack ähnlich, doch den Hafen ohne jeden weiteren Unfall erreichen werde, indeß es schmerzte ihn, seine Gefährten an Bord dieser Brigg so schlecht untergebracht zu sehen.

Weder Lady Helena noch Mary Grant beklagten sich, obwohl ein beständiger Regen sie nöthigte, in dem Zwischendeck zu bleiben. Dort waren ihnen besonders der Mangel an Luft und die Stöße des Schiffes lästig. Und deshalb kamen sie oft auf das Deck, kühn der Ungunst des Wetters trotzend, bis unerträgliche Windstöße sie zwangen, wieder hinabzusteigen. Dann zogen sie sich in den engen Raum zurück, der viel mehr geeignet war, Waaren zu beherbergen, als Passagiere, und besonders weibliche.

Ihre Freunde suchten sie wohl zu zerstreuen. Paganel gab sich Mühe, die Zeit mit seinen Geschichten zu vertreiben, aber es wollte ihm nur wenig glücken. Die auf dieser Rückfahrt ohnedies erschütterten Gemüther waren vollständig entmuthigt. So sehr früher seine geographischen Beschreibungen der Pampas oder Australiens interessirten, so gleichgiltig und kühl ließen jetzt seine Bemerkungen und Gedanken über Neu-Seeland. Uebrigens fühlte man nach diesem neuen Lande traurigen Angedenkens keinen besonderen Zug; ohne Ueberzeugung, nicht freiwillig, fügte man sich dem Drang der Verhängnisse.

Von allen Passagieren des Macquarie war Lord Glenarvan am meisten zu beklagen. Man sah ihn selten in dem Zwischendecke; er konnte sich nicht lange ruhig verhalten. Seine nervöse, überreizte Natur konnte sich nicht an eine Einkerkerung zwischen vier engen Wänden gewöhnen.