Das Licht tat mir
allmählich weh und zugleich belästigte mich die große Hitze. Ich
suchte deshalb einen Platz aus, wo ich mich im Schatten ausruhen
konnte. Es war dies ein Wald in der Nähe von Ingolstadt, und hier
ließ ich mich am Ufer eines Baches nieder und ruhte, bis mich
Hunger und Durst auftrieben. Ich verzehrte Beeren, die ich an
Sträuchern oder am Boden fand. Dann stillte ich meinen Durst mit
dem Wasser des Baches und legte mich wieder schlafen.
Es war finster, als ich erwachte. Ich fror und hatte ein
drückendes Gefühl des Alleinseins. Ehe ich dein Haus verließ, hatte
ich mich, da mir kalt war, mit einigen Kleidern behängt, aber sie
waren völlig ungenügend, um mich vor dem Tau der Nacht zu schützen.
Ich war ein armes, elendes, bedauernswertes Geschöpf. Ich wußte
nichts, ich verstand nicht, mich all des Unangenehmen zu erwehren,
das von allen Seiten auf mich eindrang. So setzte ich mich nieder
und weinte.
Unterdessen kam am Himmel ein mildes Licht heraufgestiegen und
ich empfand Freude darüber. Ich sprang auf und erblickte eine
glänzende Scheibe, die über den Bäumen stand. Wie ein Wunder
starrte ich sie an. Ich bewegte mich langsam und vorsichtig, aber
dann bemerkte ich, daß sie mir auf meinem Wege leuchtete. Ich begab
mich wieder auf die Suche nach Beeren. Es war noch kalt und unter
einem Baume fand ich etwas Schutz. Bestimmte Gefühle hatte ich
nicht, alles war noch ganz konfus. Ich fühlte Licht und Dunkelheit,
ich empfand Hunger und Durst; unendliche Geräusche füllten mir die
Ohren und allerlei Gerüche drangen mir in die Nase. Das Einzige,
was ich genau unterscheiden konnte, war der Mond, den ich mit einem
gewissen Vergnügen betrachtete.
Mehrere Tage und Nächte waren vergangen und der Mond hatte schon
bedeutend abgenommen, als ich allmählich imstande war, meine
Empfindungen auseinander zu halten. Ich sah den klaren Bach, der
mich mit Wasser versorgte, und die Bäume, die mir mit ihrem Laub
Schatten und Schutz gaben. Mit Freude entdeckte ich, daß ein liebliches Geräusch, das mir unter Tags
fast unausgesetzt an die Ohren schlug, von kleinen, geflügelten
Wesen herrührte. Oftmals versuchte ich ihren Gesang nachzuahmen,
aber es war mir unmöglich. Oft auch bemühte ich mich, meinen
Gefühlen in meiner Weise Ausdruck zu geben. Da ich aber nur harte,
unartikulierte Laute zuwege brachte, erschrak ich und schwieg.
Unterdessen hatte der Mond aufgehört, in den Nächten zu
scheinen, und war dann wieder als kleine Sichel am Himmel
aufgetaucht. Ich aber weilte immer noch im Walde. Meine Sinne
hatten sich während dieser Zeit geschärft und jeder Tag brachte mir
neue Anregungen. Meine Augen hatten sich an das Licht gewöhnt und
gelernt, die Gegenstände in ihrer richtigen Form zu erkennen. Ich
konnte einen Käfer von einer Pflanze und die Pflanzen wieder unter
sich unterscheiden. Ich hatte entdeckt, daß der Sperling nur rauhe,
häßliche Laute zur Verfügung hat, während der Gesang der Nachtigall
oder der Drossel mir Entzücken verursachte.
Eines Tages, als mich die Kälte umhertrieb, fand ich ein Feuer,
das irgendwelche wandernden Bettler sich im Walde angezündet haben
mochten, und freute mich der Wärme, die es ausstrahlte. In meiner
Freude steckte ich meine Hand in die Glut, zog sie aber mit einem
Aufschrei wieder zurück. Wie seltsam, dachte ich nur, daß ein und
dieselbe Ursache so verschiedene Wirkungen haben kann. Ich
untersuchte das brennende Material und erkannte zu meiner Wonne,
daß es gewöhnliches Holz war.
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