Als wir uns heirateten, rechnete ich allerdings damit, Kinder zu bekommen.
FRANZISKA. Damit willst du wohl andeuten, daß ich dir nicht genüge?[56]
SOPHIE. Aber Franz! Deine Bemerkung ist mir unfaßbar. Innerlich bin ich dir gänzlich fremd. Ich entwürdige doch nur mich selber, wenn ich mich über Mangel an Zärtlichkeit beklage. Du bist doch wirklich nicht schuld, daß ich dich nicht stärker reize.
FRANZISKA. Es wäre ebenso töricht von dir, als wollte ich mich über deine Ansprüche beklagen.
SOPHIE. Du, Franz, der du dir eine Geliebte hältst?!
FRANZISKA. Es wäre einfach eine Entwürdigung meiner geistigen Fähigkeiten. Ich brauchte dich ja nur geistig mehr in Anspruch zu nehmen, damit du dich nicht über Mangel an Zärtlichkeit beklagst.
SOPHIE. Hätten wir ein Kind, dann wäre alles in bester Ordnung.
FRANZISKA. Gewiß, dann hättest du deinen Zeitvertreib, wie ich ihn in meinen Gastspielen habe. Aber bin ich daran schuld, daß es nicht so ist?
SOPHIE. Ich habe mich nicht geschaffen. Kinderlose Ehen gibt es zu Tausenden. Aber die Angst, daß meine Absonderlichkeit uns beide entzweien könnte! Bring'[57] mir ein Kind von einer Geliebten, ich erziehe es als unseres. – Franz, ich tue Abbitte. Laß mich meine Aufrichtigkeit nicht entgelten.
FRANZISKA. Bitte, nur zu!
SOPHIE. Als du vor einem Jahr in Magdeburg im Konzert sangst, da hielt ich dich für einen ganz mittelmäßigen Menschen. Du glaubst nicht, wie dumm ich das heute finde. Aber es schien mir ganz ausgeschlossen, daß sich ein anderes Mädchen in dich verlieben könnte.
FRANZISKA. Die Weiber haben mich nie verwöhnt. Das ist wahr.
SOPHIE. Jetzt tun sie's aber! Ich sah in dir damals meine Seligkeit ganz für mich allein. Aber seitdem bist du mir so himmelhoch über den Kopf gewachsen! Kein Tag vergeht, ohne daß du mir etwas Neues zu denken gibst, an das ich nie gedacht habe. Jetzt weiß ich erst, wie abgrundtief ich unter dir stehe. Nein, unterbrich mich nicht! Das wunderbarste ist nämlich: Ich selber erscheine mir auch jeden Tag bedeutender, wertvoller. Allerdings bin ich mir auch jetzt über meine Engherzigkeiten und Albernheiten völlig klar. Du tatest immer, als merktest du gar nichts davon.
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