Du bist jetzt also tatsächlich auch noch Versicherungsbeamter?

VEIT KUNZ. Der war ich immer. Soviel ich weiß, haben wir hier in München schon einmal einen Versicherungsvertrag miteinander geschlossen.

FRANZISKA. Von dir habe ich damals nichts gesehen.

VEIT KUNZ. Ich war durch deinen schlanken Wuchs gefesselt. Um dich ungestört beobachten zu können, ließ ich mich bei den Vorbesprechungen durch einen Unteragenten vertreten.

FRANZISKA. Jetzt versicherst du mich also gegen jede Konventionalstrafe, in die ich verfallen kann?

VEIT KUNZ. Die Prämie, die du zu zahlen hast, muß erst berechnet werden. Morgen werden dir unsere Vertragsvorschläge zugestellt.[67]

SOPHIE zurückkommend zu Franziska. Ich habe ihr noch einmal geschworen, daß ich ihr eine Kugel ins Herz jage, wenn sie mich mein eheliches Glück nicht ungetrübt genießen läßt.

FRANZISKA. Nun, Sophie? was hat sie dir geantwortet?

SOPHIE. Franz! Franz! Ist dir meine hilflose Verzweiflung eine Freude?

FRANZISKA. Daran ist nur meine aufreizende Kindheit schuld. Ich verliere jeden Halt, sobald ich keine Tragik vor Augen habe. Der Anblick des Schmerzes macht erst einen tatkräftigen, überlegenen Menschen aus mir.

VEIT KUNZ. Soweit es deine Kunst betrifft, kann ich das vollauf bestätigen.

SOPHIE. Ich merke nichts davon.

VEIT KUNZ. Im Dienste einer großen Kunst haben heldenmütige Frauen wie Sie zu Hunderten gelitten. Eigentlich kann sich eine Frau gar nicht nutzbringender an einem Kunstwerk betätigen.[68]

FRANZISKA. Außerdem flößt die Frau dem Manne viel mehr Bewunderung ein, wenn sie etwas mit Anstrengung all ihrer Seelenkraft zu überwinden hat.

VEIT KUNZ. Die Frau wirkt dadurch als eine Art belebender Arznei, als ein Reizmittel, das alle Nerven und Muskeln anspannt.

SOPHIE. Ich merke nichts davon.

VEIT KUNZ. Ich desto mehr.

SOPHIE. Schließlich bin ich dann also im Grunde nichts anderes als ein unseliges Werkzeug in der Hand eines geldgierigen Sklavenhalters.

VEIT KUNZ. In erster Linie bin ich allerdings Lebensversicherungsagent.

SOPHIE lacht hell auf. Davon scheinen Sie wirklich den ausgiebigsten Gebrauch zu machen.

VEIT KUNZ. Jedenfalls ausgiebiger, als gnädige Frau sich's träumen lassen.[69]

SOPHIE. Wenn Sie wirklich Versicherungsagent sind, dann lassen Sie mich bitte das Leben dieser Tänzerin, die eben fortging, zu einer so ungeheuren Summe versichern, daß das Mädchen unmöglich umkommen kann, ohne daß Ihre Gesellschaft dabei den kläglichsten Bankerott macht. Das Geld dazu gibt mir mein Vater. Statt meiner hat dann Ihre Gesellschaft die Aufgabe, meinem Jammer abzuhelfen. Und ich bin diesen seelenmörderischen Kampf um mein rechtmäßiges Lebensglück los!

VEIT KUNZ. Gegen derartige Unglücksfälle sind wir natürlich bei anderen Gesellschaften rückversichert.