»Mein lieber Froment, Sie vergessen nicht, daß Sie heute bei uns zu Tische sind, nicht wahr?«

»Gewiß, gewiß, mein lieber Morange, ich vergesse es nicht. Ich hole Sie um Mittag ab.«

Und Mathieu begann mit Sorgfalt den Aufriß einer Dampfdreschmaschine zu überprüfen, eine Konstruktion seiner Erfindung, von großer Einfachheit und bedeutender Leistungsfähigkeit, an welcher er seit langem arbeitete, und welche diesen Nachmittag einem Großgrundbesitzer aus der Beauce, Mr. FironBadinier, vorgelegt werden sollte.

Da öffnete sich weit die Tür des Bureaus des Chefs, und Beauchêne trat heraus, ein Mann von großer Gestalt, mit starkgefärbtem Gesichte, schmaler Stirn und großen braunen, vorquellenden Augen. Er hatte eine kräftige Nase, volle Lippen, und trug einen Vollbart, den er sehr pflegte, ebenso wie seine Haare, die sorgfältig nach der Seite gescheitelt waren, um einen schon stark merkbaren Ansatz von Kahlheit bei dem kaum Zweiunddreißigjährigen zu verdecken. Zur frühen Morgenstunde rauchte er bereits eine dicke Zigarre, und seine laute Stimme, seine geräuschvolle Heiterkeit, seine lebhafte Beweglichkeit verrieten die noch kräftige Gesundheit eines Egoisten und Genußmenschen, dessen einzige und souveräne Macht das Geld, das durch die Arbeit andrer sich mehrende Kapital, bildete.

»Ah, Sie sind fertig, wie? Mr. FironBadinier hat mir neuerlich geschrieben, daß er um drei Uhr hier sein wird. Und Sie wissen ja, daß Sie heute mit ins Restaurant müssen. Man kann diese Gattung Leute nur zu einem Auftrag bringen, wenn man sie mit gutem Wein begießt. Zu Hause mag Constance derlei nicht, und ich bewirte daher lieber auswärts, – Sie haben Marianne vorbereitet?«

»Jawohl. Sie weiß, daß ich erst mit dem Dreiviertelelfuhrzuge komme.«

Beauchêne hatte sich auf einen Sessel fallen lassen.

»Ach, mein Freund, ich bin todmüde! Ich habe gestern auswärts diniert und bin erst um ein Uhr ins Bett gekommen. Und heute früh der Berg von Arbeit vor mir! Man braucht wahrhaftig eine eiserne Gesundheit, um das auszuhalten.«

Bis jetzt hatte er sich als ein erstaunlicher Arbeiter von ganz ungewöhnlicher Kraft und Widerstandsfähigkeit erwiesen. Außerdem hatte er Proben eines nie versagenden Instinktes für glückbringende Operationen gegeben. Des Morgens der erste in der Fabrik, sah er alles, sah alles voraus, durchdrang das ganze Getriebe mit seiner fortreißenden Energie, so daß sich die Ziffer der Geschäfte von Jahr zu Jahr fast verdoppelte. Aber seit einiger Zeit überkam ihn manchmal eine Ermüdung, Er war stets gewohnt gewesen, stark zu genießen, neben seinem arbeitsvollen Leben einen breiten Raum den Freuden zuzuteilen, denen, die er eingestand, und denen, die er nicht eingestand; so daß gewisse Vergnügungen ihn nun, wie er sagte, kaputt machten.

Er betrachtete Mathieu.

»Sie sind wie ein Baum. Wie stellen Sie es an, daß Sie nie ermüdet aussehen?«

Der junge Mann schien in der Tat, wie er da vor seinem Zeichentische stand, die unverwüstliche Gesundheit einer Eiche zu besitzen. Groß und schlank, hatte er die hohe und breite Stirn der Froment. Er trug sein dichtes Haar kurz geschnitten, fein spitzgeformter Bart kräuselte sich ein wenig. Und was seinem Gesichte hauptsächlich das Gepräge gab, das waren seine Augen, tief und klar, lebhaft und nachdenklich zugleich, und fast immer lächelnd. Ein Mann des Gedankens und der Tat, einfach und heiter, und gut dabei.

»Oh, ich.« erwiderte er lachend, »ich führe mich brav auf.«

Aber Beauchêne protestierte.

»Ah, nein. Sie führen sich nicht brav auf! Man ist nicht brav, wenn man mit siebenundzwanzig Jahren schon vier Kinder hat. Und zwei davon, Ihr Blaise und Ihr Denis, Zwillinge auch noch, gleich als Anfang! Und dann Ihr Ambroise, und Ihre kleine Rose! Ohne das Mädchen zu rechnen, welches Sie vor dieser letzten bei der Geburt verloren haben. Das würde schon fünf machen. Unglücklicher! Nein, nein, ich bin der Brave und Kluge, ich, der ich nur eines habe und mich zu beschränken weiß, als vernünftiger und überlegender Mann!«

Das waren die gewohnten Neckereien, durch die aber eine wirkliche Aergerlichkeit schlug, mit welchen er das junge, sorglose Paar, die Fruchtbarkeit seiner Cousine Marianne überschüttete, die er als skandalös erklärte.