Aber man erstickt doch darin!
MARTHA. Der Kopf bleibt frei. Unter dem Kinn wird zugebunden.
THEA. Und dann schlagen sie dich?
MARTHA. Nein. Nur wenn etwas Besonderes vorliegt.
WENDLA. Womit schlägt man dich, Martha?
MARTHA. Ach was – mit allerhand. – Hält es deine Mutter auch für unanständig, im Bett ein Stück Brot zu essen?
WENDLA. Nein, nein.
MARTHA. Ich glaube immer, sie haben doch ihre Freude – wenn sie auch nichts davon sagen. – Wenn ich einmal Kinder habe, ich lasse sie aufwachsen wie das Unkraut in unserem Blumengarten. Um das kümmert sich niemand, und es steht so hoch, so dicht – während die Rosen in den Beeten an ihren Stöcken mit jedem Sommer kümmerlicher blühn.
THEA. Wenn ich Kinder habe, kleid ich sie ganz in Rosa. Rosahüte, Rosakleidchen, Rosaschuhe. Nur die Strümpfe – die Strümpfe schwarz wie die Nacht! Wenn ich dann spazierengehe, laß ich sie vor mir hermarschieren. – Und du, Wendla?
WENDLA. Wißt ihr denn, ob ihr welche bekommt?
THEA. Warum sollten wir keine bekommen?
MARTHA. Tante Euphemia hat allerdings auch keine.
THEA. Gänschen! – weil sie nicht verheiratet ist.
WENDLA. Tante Bauer war dreimal verheiratet und hat nicht ein einziges.
MARTHA. Wenn du welche bekommst, Wendla, was möchtest du lieber, Knaben oder Mädchen?
WENDLA. Jungens! Jungens!
THEA. Ich auch Jungens!
MARTHA. Ich auch. Lieber zwanzig Jungens als drei Mädchen.
THEA. Mädchen sind langweilig!
MARTHA. Wenn ich nicht schon ein Mädchen geworden wäre, ich würde es heute gewiß nicht mehr.
WENDLA. Das ist, glaube ich, Geschmacksache, Martha! Ich freue mich jeden Tag, daß ich Mädchen bin.
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