Ich glaube nicht, daß es möglich wäre, eine Verurteilung Tanners zu erreichen. Ich habe schon früher gesagt, daß er ein ausgezeichneter Psychologe ist. Nehmen wir mal an, man hätte keine Fingerabdrücke und keine Schußwaffe gefunden. Auf wen wäre der Verdacht gefallen? Doch nur auf Ed! Decadons Testament ist verschwunden, und er darf als einziger Erbe gelten. Er hat sehr schlau gehandelt, indem er den Verdacht auf sich lenkte, da er ihn ja gleich wieder zerstören konnte... Wie weit sind wir hier vom Meer entfernt?« »Ungefähr achtzig Kilometer.«

Jiggs nickte. »Er macht niemals einen Fehler! Der Gasballon, den er benutzt hat, konnte sich mindestens einige Stunden in der Luft halten. Die Pistole werden wir also nicht zu sehen bekommen. Die ist irgendwo ins Meer gestürzt.«

»Wir hatten übrigens keine weiteren Klagen von Leuten, die man erpressen wollte«, bemerkte Terry.

»Die kommen schon noch! Die Bande läßt nur eine gewisse Zeit verstreichen - aus taktischen Gründen.« Der Amerikaner sah nach der Uhr. »Ich gehe jetzt zur Cecilia-Bar. Ich hab' so 'ne Ahnung, als ob man dort interessante Dinge erfahren könnte.«

Die Cecilia-Bar galt als Treffpunkt für Amerikaner, die sich in London aufhielten. Der große, moderne Raum war stark besucht, als Jiggs eintraf. Er ließ sich an einem Tisch nieder und wartete.

Es war beinahe zwölf, als Kerky Smith gemächlich in die Bar schlenderte; er hatte das knochige Kinn vorgereckt und trug das übliche freundliche Lächeln zur Schau. Gelangweilt schaute er sich um, übersah Jiggs allem Anschein nach und ging wieder zur Tür. Jiggs trank seinen Cocktail aus, winkte dem Kellner und steckte die Hand in die Tasche. Er hatte nicht die Absicht zu gehen; er wollte nur den ›Großen‹ herbeilocken. »Aber Jiggs, warum brechen Sie schon auf?« Kerky Smith kam liebenswürdig auf den Detektiv zu, streckte die mit Brillantringen geschmückte Hand aus und drückte herzlich die Rechte des Beamten. »Sie gehen doch hoffentlich noch nicht? Ich möchte ein wenig mit Ihnen plaudern.« Er setzte sich. »Es ist doch wirklich schlimm, daß der Alte so sterben mußte. Ich wette mit Ihnen, daß Ed die Sache ziemlich an die Nieren gegangen ist. Ich glaube, er trauert um seinen Onkel.«

»Sie reden ja wie ein Buch. Wo haben Sie denn all die Ausdrücke her?«

»Ach, das hab' ich so irgendwo gelesen«, erwderte Kerky unverschämt. »Hat der Alte ihm nicht sein Vermögen hinterlassen? Nun, er braucht das Geld ja auch dringend. Es fehlte ihm gerade noch eine Million.«

»Es wird Monate dauern, bevor er einen Cent von der Erbschaft anrühren kann.«

»Ach?« Kerky Smith runzelte die Stirn. »Daraufhin kann man sich aber doch Geld borgen? Soviel ich weiß, war Ed heute morgen schon bei verschiedenen Finanzleuten...« Jiggs zeigte höfliches Interesse. »Sagen Sie mal: Was für ein Geschäft betrieb er eigentlich, als er noch in Chikago war?« Kerky schüttelte mißbilligend den Kopf. »Ich kenne den Mann kaum, und ich weiß nicht, warum Sie immer von ›Geschäften‹ reden.« Er sprach vollkommen ruhig und blickte den Detektiv offen an. »Es sieht so aus, als ob einige Gangster hier Fuß fassen wollen«, fuhr er fort. »Hat schon jemand Ed aufgefordert, eine Summe zu zahlen? Er ist ja jetzt ein schwerreicher Junge geworden.«

»Sagen Sie mir lieber, was er in Chikago getrieben hat!« wiederholte Jiggs. Er hoffte allerdings nicht auf eine befriedigende Antwort, denn ein Gangster spricht nicht einmal über die Geschäfte seiner schlimmsten Feinde.

»Er verkehrte in Spielerkreisen.