In lichtem Wolkenraume

Sah ich den Herrn das Brot den Zwölfen brechen

Und ahnungsvolle Liebesworte sprechen.

Weit über ihre Häupter lud die Erde

Er ein mit allumarmender Gebärde.

 

Es sprach der Geist: Sieh auf! Ein Linnen schweben

Sah ich und vielen schon das Mahl gegeben,

Da breiteten sich unter tausend Händen

Die Tische, doch verdämmerten die Enden

In grauen Nebel, drin auf bleichen Stufen

Kummergestalten saßen ungerufen.

 

Es sprach der Geist: Sieh auf! Die Luft umblaute

Ein unermeßlich Mahl, so weit ich schaute,

Da sprangen reich die Brunnen auf des Lebens,

Da streckte keine Schale sich vergebens,

Da lag das ganze Volk auf vollen Garben,

Kein Platz war leer und keiner durfte darben.[138]

 

7. Frech und Fromm

Friede auf Erden

Da die Hirten ihre Herde

Ließen und des Engels Worte

Trugen durch die niedre Pforte

Zu der Mutter und dem Kind,

Fuhr das himmlische Gesind

Fort im Sternenraum zu singen,

Fuhr der Himmel fort zu klingen:

»Friede, Friede! auf der Erde!«

 

Seit die Engel so geraten,

O wie viele blut'ge Taten

Hat der Streit auf wildem Pferde,

Der geharnischte, vollbracht!

In wie mancher heil'gen Nacht

Sang der Chor der Geister zagend,

Dringlich flehend, leis verklagend:

»Friede, Friede... auf der Erde!«

 

Doch es ist ein ew'ger Glaube,

Daß der Schwache nicht zum Raube

Jeder frechen Mordgebärde

Werde fallen allezeit:

Etwas wie Gerechtigkeit

Webt und wirkt in Mord und Grauen

Und ein Reich will sich erbauen,

Das den Frieden sucht der Erde.

 

Mählich wird es sich gestalten,

Seines heil'gen Amtes walten,

Waffen schmieden ohne Fährde,

Flammenschwerter für das Recht,

Und ein königlich Geschlecht[139]

Wird erblühn mit starken Söhnen,

Dessen helle Tuben dröhnen:

Friede, Friede auf der Erde![140]

 

König Etzels Schwert

Der Kaiser spricht zu Ritter Hug:

»Du hast für mich dein Schwert verspellt,

Des Eisens ist bei mir genug,

Geh, wähl dir eins, das dir gefällt!«

 

Hug schreitet durch den Waffensaal,

Wo stets der graue Schaffner sitzt.

»Der Kaiser gibt mir freie Wahl

Aus allem, was da hangt und blitzt!«

 

Er prüft und wägt. Von ihrem Ort

Langt er die Schwerter mannigfalt –

»Sprich, wessen ist das große dort,

Gewaltig, heidnisch, ungestalt?«

 

»Des Würgers Etzel!« flüstert scheu

Der Graue, der es hält in Hut.

»Des Hunnenkönigs! Meiner Treu,

So lechzt und dürstet es nach Blut!«

 

»Laß ruhn. Es hat genug gewürgt!

Die tote Wut erwecke nicht!«

»Gib her! Dem ist der Sieg verbürgt,

Der mit dem Schwert des Hunnen ficht!«

 

Und wieder sprengt er in den Kampf.

»Du hast dich lange nicht geletzt,

Schwert Etzels, an des Blutes Dampf!

Drum freue dich und trinke jetzt!«

 

Er schwingt es weit, er mäht und mäht

Und Etzels Schwert, es schwelgt und trinkt,

Bis müd die Sonne niedergeht

Und hinter rote Wolken sinkt.[140]

 

Als längst er schon im Mondlicht braust,

Wird ihm der Arm vom Schlagen matt,

Er frägt das Schwert in seiner Faust:

»Schwert Etzels, bist noch nicht du satt?

 

Laß ab! Heut ist genug getan!«

Doch weh, es weiß von keiner Rast,

Es hebt ein neues Morden an

Und trifft und frißt, was es erfaßt.

 

»Laß ab!« Es zuckt in grauser Lust,

Der Ritter stürzt mit seinem Pferd

Und jubelnd sticht ihn durch die Brust

Des Hunnen unersättlich Schwert.[141]

 

Galaswinte

Im Saale jubelt Hochzeit –

Die Arme vor dem Busen

Kreuzt Fredegund in Demut,

Des Königs list'ge Buhlin:

»Ich bin die Magd und leuchte

Dem Bräutchen auf die Kammer!«

Die Alabasterampel

Mit römischen Skulpturen,

Die schwebend einst geschimmert

In stillem Grabesdunkel,

Trägt Fredegund in Demut

Und hellt die Hochzeitskammer,

Sie setzt die Ampel nieder

Und geht und lächelt tückisch.

Die zarte Galaswinte

Blickt in die wehnde Flamme,

Die Flamme loht und flackert,

Die Ampel springt in Scherben,

Die Fürstin weint im Dunkel:

»Die mich gebracht aus Spanien,

Dein Kind dem Frankenkönig,

Jetzt drehst du auf dem Rosse[141]

Im Schein der Wanderfackel

Noch einmal dich und breitest

Nach mir die Arme, Mutter!«[142]

 

Bettlerballade

Prinz Bertarit bewirtet Veronas Bettlerschaft

Mit Weizenbrot und Kuchen und edlem Traubensaft.

Gebeten ist ein jeder, der sich mit Lumpen deckt,

Der, heischend auf den Brücken der Etsch, die Rechte reckt.

 

Auf edlen Marmorsesseln im Saale thronen sie,

Durch Riss' und Löcher gucken Ellbogen, Zeh und Knie.

Nicht nach Geburt und Würden, sie sitzen grell gemischt,

Jetzt werden noch die Hasen und Hühner aufgetischt.

 

Der tastet nach dem Becher. Er durstet und ist blind.

Den Krüppel ohne Arme bedient ein frommes Kind.

Ein reizend stumpfes Näschen geckt unter strupp'gem Schopf,

Mit wildem Mosesbarte prahlt ein Charakterkopf.

 

Die Herzen sind gesättigt. Beginne, Musika!

Ein Dudelsack, ein Hackbrett und Geig und Harf ist da.

Der Prinz, noch schier ein Knabe, wie Gottes Engel schön,

Erhebt den vollen Becher und singt durch das Getön:

 

»Mit frisch gepflückten Rosen bekrön ich mir das Haupt,

Des Reiches ehrne Krone hat mir der Ohm geraubt.

Er ließ mir Tag und Sonne! Mein übrig Gut ist klein!

So will ich mit den Armen als Armer fröhlich sein!«

 

Ein Bettler stürzt ins Zimmer. »Grumell, wo kommst du her?«

Der Schreckensbleiche stammelt: »Ich lauscht von ungefähr,

Gebettet an der Hofburg... dein Ohm schickt Mörder aus,

Nimm meinen braunen Mantel!« Erzschritt umdröhnt das Haus.

 

»Drück in die Stirn den Hut dir! Er schattet tief! Geschwind!

Da hast du meinen Stecken! Entspring, geliebtes Kind!«

Die Mörder nahen klirrend. Ein Bettler schleicht davon.

– »Wer bist du? Zeig das Antlitz!« Gehobne Dolche drohn.[142]

 

– »Laß ihn! Es ist Grumello! Ich kenn das Loch im Hut!

Ich kenn den Riß im Ärmel! Wir opfern edler Blut!«

Sie spähen durch die Hallen und suchen Bertarit,

Der unter dunkelm Mantel dem dunkeln Tod entflieht.

 

Er fuhr in fremde Länder und ward darob zum Mann.

Er kehrte heim gepanzert. Den Ohm erschlug er dann.

Verona nahm er stürmend in rotem Feuerschein.

Am Abend lud der König Veronas Bettler ein.[143]

 

Die Söhne Haruns

Harun sprach zu seinen Kindern Assur, Assad, Scheherban:

»Söhne, werdet ihr vollenden, was ich kühnen Muts begann?

Seit ich Bagdads Thron bestiegen, bin von Feinden ich umgeben!

Wie befestigt ihr die Herrschaft? Wie verteidigt ihr mein Leben?«

Assur ruft, der feurig schlanke: »Schleunig werb ich dir ein Heer,

Zimmre Masten, webe Segel! Ich bevölkre dir das Meer!

Rosse schul ich. Säbel schmied ich. Ich erbaue dir Kastelle.

Dir gehören Stadt und Wüste! Dir gehorchen Strand und Welle!«

Assad mit der schlauen Miene sinnt und äußert sich bedächtig:

»Sicher schaff ich deinen Schlummer, Sorgen machen übernächtig.

Daß du dich des Lebens freuest, bleibe, Vater, meine Sache!

Über jedem deiner Schritte halten hundert Augen Wache!

Wirte, Kuppler und Barbiere, jedem setz ich einen Sold,

Daß sie alle mir berichten, wer dich liebt und wer dir grollt.«

Harun lächelt. Zu dem Jüngsten, seinem Liebling, sagt er: »Ruhst du?

Wie beschämst du deine Brüder? Zarter Scheherban, was tust du?«

»Vater«, redet jetzt der Jüngste, keusch errötend, »es ist gut,

Daß ein Tropfen rinne nieder warm ins Volk aus deinem Blut![143]

Über ungezählte Lose bist allmächtig du auf Erden,

Das ist Raub an deinen Brüdern – und du wirst gerichtet werden!

Dein erhaben Los zu sühnen, das sich türmt den Blitzen zu,

Laß mich in des Lebens dunkle Tiefe niedertauchen du!

Such mich nicht! Ich ging verloren! Sende weder Kleid noch Spende!

Wie der Ärmste will ich leben von der Arbeit meiner Hände!

Mit dem Hammer, mit der Kelle laß mich, Herr, ein Maurer sein!

Selber maur ich mich in deines Glückes Grund und Boden ein!

Jedem Hause wird ein Zauber, daß es unzerstörlich dauert,

Etwas Liebes und Lebend'ges in den Grundstein eingemauert!

Hörest du die Straße rauschen unter deinem Marmorschloß?

Morgen bin ich dieser Menge namenloser Tischgenoß –

Blickst du nieder auf die vielen Unbekannten, die dir dienen,

Einer segnet dich vom Morgen bis zum Abend unter ihnen!«[144]

 

Der Berg der Seligkeiten

Ein Bergesrücken stillbesonnt,

Allum der duft'ge Horizont!

Hier saß der Christ und rings im Kreis

Die Galiläer, stufenweis

Gelagert, auf den steilen Triften.

Der Meister lobt' der Lilie Kleid,

Hieß göttlich Werk das Friedestiften

Und rühmte die Barmherzigkeit.

Er ließ die Segensschwingen breiten

All seines Reiches Seligkeiten.

Dann ist er sacht hinabgegangen...

Und hat am Kreuzesstamm gehangen.

 

Am Berg der Seligkeiten irrten

Der Hirtin Stapfen und des Hirten.

Wie Wolken still, wie Stürme brausend,

Zog dran vorüber ein Jahrtausend.[144]

Die Lilie blieb des Lobes froh,

Sie kleide sich wie Salomo,

Die Luft, drin nie das Erz erscholl,

Ist noch von Friedeworten voll.

Drommetenstoß! Jach klimmt empor

Ein Heer, das Schlacht und Raum verlor.

Kreuzritter sind's, von Saladin

Versprengt, die wild zur Höhe fliehn!

Heiß unter ihren Schritten her

Entflammt den dürren Rasen er,

In schwarzen Wolken wallt der Qualm.

Schlachtrosse schnauben auf der Alm.

Scharf pfeifen Sarazenenpfeile

Durch dieses Fluchtgedränges Eile.

Fort! Ein verfärbter Purpur weht,

Ein junger König wankt entkräftet,

Doch dieses Reiches Majestät

Ist König Christ, ans Kreuz geheftet.

Drum tragen sie das Kreuz voran,

Der Welterbarmer schwebte dran,

Das bittre Kreuz, davon herab

Er seines Mordes Schuld vergab.

Sie wuschen's dann mit roten Bächen,

Um des Erbarmers Tod zu rächen...

Das Wüten, Morden, Bluten, Streiten

Ersteigt den Berg der Seligkeiten.

Erklommen ist der Gipfel jetzt

Und hinter ihm erbraust das Meer,

Der Kurdenschleuder ausgesetzt,

Steht auf dem Kulm das Christenheer.

 

Drommetenstoß! »Der Heiland lebt!

Christus regiert!« Der Berg erbebt.

»Hilf, König, der gekreuzigt wurde!« –

»Zielt auf das Kreuz!« befiehlt der Kurde.

»Wie blöde Falter um die Flamme,

So flattern sie am Kreuzesstamme!«

Es saust. Steilnieder zu der Bucht

Stürzt Roß und Reiter in die Schlucht.

Das Kreuz mit Glut und brünst'ger Hast

Umfängt's ein Mönch und hält's umfaßt:[145]

»Hörst, König, du der Heiden Spott?

Vernichte sie, verhöhnter Gott!

In heller Rüstung komm gefahren

Mit deines Vaters Engelscharen!

Lebst du, regierst du, Christe, nicht?«

Kein Engelschwert erblitzt im Licht.

Die Luft verfinstert Pfeilgesaus –

»Komm!« schreit der Mönch und atmet aus.

 

Des Himmels innigtiefer Schein

Umfließt ein menschenleer Gestein.

Vom Schwert erkämpft, vom Schwert zerstört,

Dies Reich hat nicht dem Christ gehört.[146]

 

Die Gaukler

Am Strande des gelobten Lands

In glühem Stich des Sonnenbrands

Kämpft Ludowig der Fromme;

Er trägt in sich des Todes Keim,

Ihm ahnt es, daß er nimmer heim

Ins schöne Frankreich komme.

 

Scheu lauscht in Zeltes Dämmerschein

Ein junger Edelknecht herein

Und hinter ihm die andern:

»Herr König, es sind Gaukler da,

Drei Brüder aus Armenia,

Die nach dem Grabe wandern.

 

Es heißt, sie spielen wunderschön!

Erlaubt ein frisches Horngetön

Uns allen anzuhören!«

Der König seufzt: »Betrug der Welt!

Bringt mir die Gaukler in das Zelt,

Daß sie euch nicht betören!«

 

Jetzt heben an den Mund die drei

Das Horn und spielen frank und frei,

Als ging' es aus zum Jagen.[146]

Dann wie ein Quell im Walde quillt,

So rieselt sanft und wächst und schwillt

Ein Jubeln und ein Klagen.

 

Gemach vertönt der Hörner Schall,

Laut ruft Renaud von Reineval:

»Du Herzenstrost der Minne!

Lucinden, die sich um mich kränkt,

In Treuen ihres Pilgers denkt,

Sah ich auf stiller Zinne!«

 

»Ich schaute«, fällt Jung Walter ein,

»In meinem Teich den Widerschein

Von Eichen kühl und düster,

Ich sah mein Boot, der Ruder bar,

Das halb ans Land gezogen war,

Umneigt von Schilfgeflüster!«

 

Ein jeder hat im Horneslaut

Sein Herz belauscht, sein Lieb geschaut,

Sein Minnen und sein Sehnen.

– »Herr König, sagt, was sinnet Ihr?

Was sehnet Ihr? Was minnet Ihr?

Was rinnen Euch die Tränen?«

 

Herr Ludwig flüstert: »Sel'ger Traum!

Mich hoben durch den Himmelsraum

Angelische Gestalten.

›Getreuer Knecht willkomm!‹ erscholl

Ein Ruf – ich konnte wonnevoll

Die Tränen nicht verhalten.«[147]

 

Thibaut von Champagne

»Heim bin ich aus dem Morgenland an Seel und Leib gesund,

Mich durstet' in der Wüste Sand nach Euerm frischen Mund,

Ihr bliebet mir ein treues Weib, da steht mein Glaube fest,

Drum bring ich Euch das Schönste mit, was sich bescheren läßt.«[147]

 

Die Gräfin wandelt auf und ab in einem sachten Schritt.

Sie las den Brief und las den Brief. »Was bringt der Graf mir mit?

Ist's wohl ein Span vom echten Kreuz? Den küßt ich voller Scheu!

Ist's in dem Zwinger ein Getier? Ein Pardel oder Leu?

 

Ist's dünnen Schleiers Spinneweb, das Werk der Feienhand?

Ein Perserteppich, wie der Fuß noch keinen weichern fand?

Ist's denn ein lichter Edelstein? Ist's ein Geschirr von Gold,

Daraus sich feiner Rauch empor in blauen Wölklein rollt?«

 

Der Türmer ruft. Das Tor erfüllt der freud'ge Pilgerzug:

Barhaupt der Graf in seinem Helm wohl hundert Rosen trug,

Auf manchem Wagen schwankte dann manch tönernes Geschirr,

Darüber blüht' ein Rosenhain in würzigem Gewirr.

 

Der Gräfin Näschen sog den Duft, das Mündchen zeigt' Verdruß,

Dann lächelt's zu dem leichten Hort und bietet sich dem Kuß –

»Wie selig bin ich, liebe Frau, daß Euch der Flor gefällt!

Die Rosen von Damaskus sind die vollsten auf der Welt!

 

In hundert Kübeln schleppten wir den Rosenwald an Bord,

Er wär mir in der Sonnenglut verdorben und verdorrt,

Neun Tage stürzte Regenguß, der schier das Schiff versenkt –

Ich dachte nur, ich lachte nur: Wie der die Rosen tränkt!

 

Entpanzert, Knappen, mir die Brust, noch bin ich erzumschient!

Ich habe meinen Himmel hier und einen dort verdient!

Mit Rosen will ich drum zu Tisch, mit Rosen schlummern gehn,

Mit Rosen steigen in die Gruft, mit Rosen auferstehn!«[148]

 

Der Pilger und die Sarazenin

Jüngst am Libanon in einem Kloster,

Drin ich eine kurze Reiserast hielt,

Langsam durch die kühlen Hallen wandelnd,

Blieb ich stehn vor einem alten Bilde,

Wohlbewahrt in eigener Kapelle.

Es berührte mich mit leisem Zauber[148]

Trotz der byzantinischen Gestalten,

Denn darüber lag ein Glanz der Liebe:

Durch das Tor des Paradieses schritten

Eine Sarazenin und ein Pilger,

Hand in Hand versenkt und Blick in Blick auch.

»Was bedeutet dieses süße Märchen?«

Frug ich Anaklet, den Klosterbruder,

Der mich schleichend überall begleitet.

Mit gesenkten Augen gab er Antwort:

»Guter Herr, kein süßes Märchen ist es,

Sondern eine tröstliche Legende,

Auf ein altes Pergament verzeichnet

Zur Erbauung aller gläub'gen Christen.

Dieser Pilger ist ein heil'ger Märt'rer,

Eine Märt'rin ist die Sarazenin,

Er verschied, gesteinigt und gepeinigt,

Sie verblich, umarmend eine Schwelle!«

Märchenlustig bin ich wie Scheherban,

Wie die plaudernde Scheherezade!

Und ich bat den Mönch: »Erzähle, Vater,

Deinem Sohn die tröstliche Legende.«

Bruder Anaklet willfahrte, sprechend:

 

»Einst, vor ungezählten vielen Jahren –

Also steht's im Pergament verzeichnet,

Das ich gründlich lernte schon als Knabe –

Zogen Pilger nach dem Grab vorüber

Ohne Rast und ohne Trunk und Speise

Scheuen Fußes an der Stadt Damaskus,

Denn verhaßt ist Christus in Damaskus!

Vor der Stadt Damaskus rauscht ein Brunnen,

Wo ein Löwenkopf aus seines Maules

Tiefherabgezognen Winkeln sprudelt

Ein begehrtes, köstlich kühles Wasser.

Dort am Brunnen stand die Sarazenin.

 

Schleierlos, die jungen warmen Augen

Fünfzehnjährig oder sechzehnjährig,

Stand am Brunnen eine Sarazenin,

Die den schlanken Krug gelassen füllte.

Alle Pilger zogen ihr vorüber[149]

Mit gesenktem Haupte niederblickend,

Denn die Moslemweiber treiben Künste.

– Aber überwunden hat sie Christus! –

Nur ein zarter Jüngling, fast ein Knabe

Noch, entwich der Pilgerreihe durstig,

Nahte sich der jungen Sarazenin

Flehend, forderte von ihr zu trinken.

Langsam senkte sie den Krug. Er schlürfte.

Langsam hob den Krug zu Haupt sie wieder,

Heimwärts wandelnd. Vor des Tores Wölbung

Wandte sie das Haupt mitsamt dem Kruge,

Schritte fühlend hinter ihren Sohlen:

›Pilger, hüte dich vor diesem Tore!

Denn es würde dir zum Tor des Todes!

Meine dunkeln Augen sind verderblich

Und verhaßt ist Christus in Damaskus!‹

 

Und sie wandelt durch des Tores Wölbung,

Und sie wandelt durch die dunkeln Gassen,

Schritte fühlend hinter ihren Sohlen.

Ihre Türe öffnet sie und schließt sie

Und empor zum innern Söller steigend,

Sieht sie mit den Sinnen ihres Geistes

Einen Pilger liegen auf der Schwelle,

Auf der Schwelle vor des Hauses Pforte.

 

In der ersten Morgenhelle stand sie

Vor dem Pilger, heftig ihn zu schelten:

›Pilger, hebe dich von dieser Schwelle,

Die zur Schwelle würde dir des Todes!

Will nicht schuldig sein an deinem Tode!

Meine dunkeln Augen sind verderblich!

Alle schlügen heute dich mit Stäben,

Alle würfen heute dich mit Steinen,

Und du lägest tot in deinem Blute!

Denn verhaßt ist Christus in Damaskus!

Weiche, Pilger! Heb dich, läst'ger Bettler!

Fremdling! Abergläub'scher! Götzendiener!

Diesen Lippen einen Kuß! Entweiche!‹

Doch er weigerte sich mit dem Haupte,

Zornig wich von ihm die Sarazenin.[150]

In der letzten Abendhelle stand sie

Vor dem Pilger, dem das Blut aus vielen

Wunden strömte, heftig ihn zu schelten:

›Weiche, Pilger! Heb dich, läst'ger Bettler!

Fremdling, Abergläub'scher! Götzendiener!

Meine dunkeln Augen sind verderblich

Und verhaßt ist Christus in Damaskus!

Will nicht schuldig sein an deinem Tode!

Waschen will ich deine roten Striemen,

Küssen will ich deine blut'gen Wangen,

Leugnest du den bleichen Mann am Holze!‹

Doch er weigerte sich mit dem Haupte,

Weinend wich von ihm die Sarazenin

Und empor zum innern Söller steigend,

Hört sie mit den Sinnen ihres Geistes

Leise stöhnen einen Todeswunden

Auf der Schwelle vor des Hauses Pforte.

Ferne blieb der Schlummer ihren Lidern,

Endlich kam der Schlummer und ein Traum kam.

 

Rings empor an eines Gipfels

Abhang Klommen unter heiligen Gesängen

Pilger auf zum Tor des Paradieses.

Einer klomm voran, ein junger Märt'rer,

Den die andern grüßten ehrerbietig.

In des Tores Wölbung stand der Heiland

›Tritt herein! Du hast für mich geblutet!‹

Doch der Pilger weigerte sich standhaft:

›Heiland, laß mich liegen auf der Schwelle,

Bis sie kommt, die stündlich ich erwarte!

Hand in Hand versenkt und Blick in Blick auch,

Tritt sie, mir gesellt, in deine Freude,

Keine Sarazenin, eine Christin.‹

 

Solches träumend stürzten ihr die Tränen

So gewaltig, daß sie drob erwachte.

Jählings springt sie auf von ihrem Lager,

Fliegt hinab des Hauses hundert Stufen:

Leer und blutbegossen lag die Schwelle

In des ungebornen Tages Frühlicht.

Auf die harte Schwelle kniet sie nieder,[151]

Badet sie mit unerschöpften Tränen,

Drängt den warmen Busen ihr entgegen,

Preßt sie fest, als klopft' ein Herz im Steine,

Keines klopft, doch ihres zum Zerspringen.

 

Als die Füße derer wiederkehrten,

Die den Toten vor das Tor getragen,

Eilten sie der Schwelle scheu vorüber,

Auf der Schwelle sahn sie eine Tote,

Auf der Schwelle lag die Sarazenin.

Keine Sarazenin, eine Christin!«

Endet' Bruder Anaklet erbaulich.[152]

 

Am Himmelstor

Mir träumt', ich komm ans Himmelstor

Und finde dich, die Süße!

Du saßest bei dem Quell davor

Und wuschest dir die Füße.

 

Du wuschest, wuschest ohne Rast

Den blendend weißen Schimmer,

Begannst mit wunderlicher Hast

Dein Werk von neuem immer.

 

Ich frug: »Was badest du dich hier

Mit tränennassen Wangen?«

Du sprachst: »Weil ich im Staub mit dir,

So tief im Staub gegangen.«

 

Mit zwei Worten

Am Gestade Palästinas, auf und nieder, Tag um Tag,

»London?« frug die Sarazenin, wo ein Schiff vor Anker lag.

»London!« bat sie lang vergebens, nimmer müde, nimmer zag,

Bis zuletzt an Bord sie brachte eines Bootes Ruderschlag.

Sie betrat das Deck des Seglers und ihr wurde nicht gewehrt.

Meer und Himmel. »London?« frug sie, von der Heimat abgekehrt,[152]

Suchte, blickte, durch des Schiffers ausgestreckte Hand belehrt,

Nach den Küsten, wo die Sonne sich in Abendglut verzehrt...

»Gilbert?« fragt die Sarazenin im Gedräng der großen Stadt,

Und die Menge lacht und spottet, bis sie dann Erbarmen hat.

»Tausend Gilbert gibt's in London!« Doch sie sucht und wird nicht matt.

»Labe dich mit Trank und Speise!« Doch sie wird von Tränen satt.

»Gilbert!« »Nichts als Gilbert? Weißt du keine an dern Worte? Nein?«

»Gilbert!«... »Hört, das wird der weiland Pilger Gilbert Becket sein –

Den gebräunt in Sklavenketten glüher Wüste Sonnenschein –

Dem die Bande löste heimlich eines Emirs Töchterlein!«

»Pilgrim Gilbert Becket!« dröhnt es, braust es längs der Themse Strand.

Sieh, da kommt er ihr entgegen, von des Volkes Mund genannt,

Über seine Schwelle führt er, die das Ziel der Reise fand.

Liebe wandert mit zwei Worten gläubig über Meer und Land.[153]

 

Das kaiserliche Schreiben

Petrus, schreib – zu seinem Kanzler

sprach's der gramverstörte Staufen –

Satteln sollen meine Boten,

hundert Rosse sollen laufen!

Meinen Eignen, meinen Städtern,

meinen Pfaffen und Baronen!

Dem Geringsten wie dem Höchsten!

allen, die das Reich bewohnen!

Klage! Klage! Totenklage!

Meinen Sohn hab ich verloren...

Heinrich mit den finstern Locken...

den Konstanze mir geboren1...[153]

Der das Reich verriet... dem eignen

Vater brach das Lehnsversprechen...

Den ich beugen, beugen mußte,

dessen Trotz ich mußte brechen...

Lange brütet' er im Kerker –

endlich hat er mich gerufen –

Da ich kam, flog er vorüber,

flog empor die Wendelstufen –

Wieder war's, als ob, verzweifelnd,

er vom höchsten Söller riefe –

Da! Der Knabe springt vor meinen

Augen in die Todestiefe!

Jammeranblick ohnegleichen!

Kommt, daß wir zusammen klagen!

Helft mir meine schlimmen Träume,

meine Nachtgedanken tragen! –

Könnt ich ihn erwecken, nimmer

würd ich aus dem Arm ihn lassen!

Saget, ist es nicht entsetzlich,

daß mein Kind mich mußte hassen?

Petrus, zeig mir was du schreibest!

Willst du mir den Mund verhalten?

Über meine Qualen wirfst du

würdevolle Purpurfalten?

Meines Knaben Schrei erstickst du?

Meine Tränen sind verboten?

Kanzler Petrus, schreibe Wahrheit

über mich und meinen Toten!

Reden will ich zu den Vätern:

Sagt mir, würdet ihr nicht einen

Knaben, der euch Not und dunkeln

Kummer brachte, doch beweinen?

Den ihr in der Wiege küßtet –

ob er auch ein Arger wäre –

Wenn er ginge zu den Schatten,

weigertet ihr ihm die Zähre?

Prüfet eure Herzen, Väter!

Was wir von den Kindern dulden,

Ist es nicht gerechte Sühne,

nicht das eigene Verschulden?...

Petrus, du erschrickst, so ende![154]

Ende mit dem kurzgefaßten

Reichsbefehl: Wir ordnen Trauer

an für diesen Frühverblaßten.[155]

 

Fußnoten

 

1 Dieser König Heinrich ist der Sohn des genialen Kaisers Friedrich II., gegen den er sich empörte. Er starb im Kerker, und man sprach von Selbstmord.

 

Kaiser Friedrich der Zweite

In den Armen seines Jüngsten

Phantasiert der sieche Kaiser,

An dem treuen Herzen Manfreds

Kämpft er seinen Todeskampf.

 

Mit den geisterhaften blauen

Augen starrt er in die Weite,

Während seine fieberheiße

Rechte preßt des Sohnes Hand:

 

»Manfred, lausche meinen Worten!

Drüben auf dem Marmortische

Mit den Greifen liegt mein gültig

Unterschrieben Testament.

 

Eine Kutte, drin zu sterben,

Schenkten mir die braven Mönche,

Daß ich meine Seele rette

Trotz dem Bann des heil'gen Stuhls.

 

Manfred, meines Herzens Liebling,

Laß den Herold auf den Söller

Treten und der Erde melden,

Daß der Hohenstaufe schied.

 

Manfred mit den blonden Locken,

Sarge prächtig ein die Kutte,

Führe sie mit Schaugepränge

Nach dem Dome von Palerm!

 

Weißt du, Liebling, das Geheimnis?

Diese Nacht in einer Sänfte

Tragen meine Sarazenen

Sacht mich an den Strand des Meers.[155]

 

Meiner harrt ein schwellend Segel:

Auf des Schiffes Deck gelagert,

Fahr entgegen ich dem Morgen

Und dem neugebornen Strahl.

 

Fern auf einem Vorgebirge,

Das in blaue Flut hinausragt,

Steht ein halb zertrümmert Kloster

Und ein schlanker Tempelbau.

 

Zwischen Kloster und Rotunde

Schlagen wir das Zelt im Freien.

Selig atm ich Meer und Himmel,

Bis mich Schlummer übermannt.«[156]

 

Konradins Knappe

»Auf diesem kurzen Bergesrasen hier,

Nur wen'ge Monde sind es, zechten wir,

Er und das Edelvolk, in hohem Raum –

Und drüben war Italien wie ein Traum.

 

In diesem Passe lagen wir gestreckt,

Der Staufe hat mich minniglich geneckt:

›Nicht blöde, Hans! Sprich! Was begehrst du gleich?

Ich geb es dir in meinem Königreich!‹

 

Dann klomm die Fahrt an Wänden schwarz und kahl!

Wo ich der Mutter Gottes mich empfahl.

Noch eh ich Amen sagte, glitt mein Tier –

Der Staufen und die Sinne schwanden mir.

 

Dann lag ich im Hospize fieberbang,

Wo ich verzweifelnd mit den Mönchen rang,

Ich focht und schrie: ›Dem jungen Staufen nach!

Hie Napoli!‹ Bis ich zusammenbrach.

 

Jetzt schlepp ich jeden Tag mich hier empor,

Wo ich den Staufen aus dem Blick verlor.

Genesen ist der Leib, die Seele schmerzt,

Denn all mein Erdenglück hab ich verscherzt.[156]

 

Und zög ich heut, ich käme doch zu spät,

Schon krönte sich die junge Majestät,

Das Edelblut empfing den Ritterschlag,

Ich aber fluche meinem Unglückstag.« –

 

Ein Knechtlein kommt bergüber. »Gib Bescheid!

Der Staufenknabe thront in Herrlichkeit?« –

»Ja, Herr. Er litt gemach den Todesstreich

Und thront getröstet nun im Himmelreich.«[157]

 

Die gezeichnete Stirne

»Weib, verrate mir, von wem gerufen

Du zur Leidgesellin dich gegeben?

Wer herunter dieses Kerkers Stufen

Dich gezogen, du mein süßes Leben?«

 

– »König Enzio, keine Menschen haben

Mich vermocht im Kerker zu verbleichen!

Nein, ein Schicksal war mir eingegraben,

Meine junge Stirne trug ein Zeichen.

 

Unsre Väter nahmen dich gefangen

Und wir Kinder hatten's bald erfahren,

Daß du nimmer wirst ans Licht gelangen,

König Enzio mit den Ringelhaaren!

 

Daß du nimmer tragen eine helle

Rüstung wirst, wo die Drommeten klingen,

Daß du nimmer rauschen Wald und Quelle

Hörst, noch einen freien Vogel singen!

 

Und wir Kinder lauschten sachte, sachte

Durch das Gitter in des Kerkers Tiefe,

Leis und heftig streitend, ob er wachte

Schwerbekümmert, oder ob er schliefe –

 

Meine Stirne drückt ich an das Eisen,

Drinnen lagst du schlummernd, wie mir deuchte,

Blickte... blickte, war nicht wegzuweisen,

Bis der Wächter drohend mich verscheuchte.[157]

 

Mütterlein ersah mich und wehklagte,

Schlug die Hände jammervoll zusammen:

'Kind, wer hat dir in die Stirne' – fragte

Sie – 'gezeichnet dieses Kreuz von Flammen?'

 

Hieß mich dann in ihren Spiegel schauen –

Teuerwerter Herr, so wahr ich lebe,

Eingezeichnet über meinen Brauen

Waren deines Kerkers Eisenstäbe!

 

Außen wich das Zeichen; aber innen

Blieb's, da ich zur Maid erwuchs, geschrieben –

Herr, seit jenem Tag war all mein Sinnen,

Dich und deinen Kerker nur zu lieben.«[158]

 

Der Tod und Frau Laura

Es war in Avignon am Karneval,

Daß sich ein Mörder in den Reigen stahl,

Und daß die Pest verlarvt sich schwang im Tanz

Mit einem schlotterichten Mummenschanz.

 

In einer nahen Villa täuschen sie

Die Angst mit Wohllaut und mit Phantasie,

Frau Laura war und auch Petrarca da,

Als an das Tor ein dumpfer Schlag geschah.

 

Die blassen Lippen schaudern vor dem Wein,

Es tritt ein Weißgewandeter herein,

Der eine Maske mit dem Sterbezug

Und einen frischgepflückten Lorbeer trug.

 

Der Dämon hebt den Lorbeer voller Ruh,

Und sinnt und schreitet auf Petrarca zu:

»Ich grüße, Freund, und komme priesterlich,

Das ist der Sel'gen Lorbeer! Neige dich!«

 

Der Lorbeer schwebt. Da raubt ihn eine Hand,

Frau Laura war es, die daneben stand,

Sie schmiegt ihn um die blonden Haare leicht,

Sie steht bekränzt. Sie schaudert. Sie erbleicht.

 

Die Gedanken des Königs René

Der fromme Lautenschläger Herr René

Trug braune Locken – sie sind weiß wie Schnee.

An seiner Stirn verglomm der Kronen Glanz,

Da haftet nichts als nur ein Lorbeerkranz.

 

Schloß Tarascon – er bietet's zum Verkauf –

Dran blitzt die blaue Rhone scherzend auf,

Von hoher Warte wandert rings der Blick –

Der König wägt als Denker sein Geschick:

 

»'s ist eigen, daß man immer mich vertreibt!

's ist eigen, daß mir nichts in Händen bleibt!

Lothringen erbt ich, wo die Trift sich sonnt,

Das nahm mit weg Anton von Vaudemont.

 

Dann erbt ich flugs das Fürstentum Anjou

Und noch das nette Ländlein Bar dazu –

Herr König Ludwig trat in mein Gelaß,

Als Gast, und schrieb mir meinen Wanderpaß.

 

Reich Napel war's, das dann zu Erb mir fiel,

Dort mischte sich der Aragon ins Spiel –

Das schöne Napel! Richtig werd ich schlemm!

Mir bleibt das himmlische Jerusalem!

 

Da schimmert unvergänglich Dach und Fach –

Ich erb es schon. Das Erben ist mein Sach!

Doch geht mein Sach, wie hier, so droben dort,

Holt aus dem Himmel mich der Teufel fort.«

 

Der Mars von Florenz

Die Türme von Florenz umblaut

Der süße Lenz, der junge Lenz,

Die Frauen singen leis und laut

In allen Gassen von Florenz.[159]

 

Am Rand der Arnobrücke steht

Ein schwarzverwittert Marmelbild

Mit Helmgeflatter, Kriegsgerät,

Gott Mars, und lächelt falsch und wild.

 

– »Gott Mars, wohl magst du finster schaun,

Drommete dröhnt im Lenze nie,

Raub eine dir von unsern Fraun!

Hoch über Venus preis ich sie!«

 

Ein Jüngling ruft's dem Gott empor

Mit lachend ausgestreckter Hand –

Ihm dringt ein Erzgedröhn ans Ohr,

Er eilt und steht am andern Strand.

 

Rasch tritt aus einem Haus hervor

Ein Edelweib, das höhnt und lacht:

»Zur Amidei? Junger Tor!

Dir war das Schönre zugedacht!

 

Nach Gottes Ratschluß ist's geschehn!

Heut wirst du – heißt's – mit ihr getraut –

Jetzt sollst du die Donati sehn:

Blick her! Vergleich mit deiner Braut!«

 

Sie zerrt ein Mägdlein an das Licht,

Es kämpft ins dunkle Haus zurück,

Im jungen bangen Angesicht

Errät er aller Himmel Glück.

 

»Hinweg! Die Amidei harrt!

Hinweg.