Ich sage Volker, dass ich nicht auf Abschiedsszenen stehe und ich nicht noch mal mit in den Bahnhof komme. Es geht mir ziemlich an die Nieren, dass Volker jetzt fährt, und ich möchte nicht unbedingt, dass er das merkt.

Aber wir können Auf Wiedersehen sagen. Volker will seinen Urlaub hier bei mir verbringen. Das freut mich wahnsinnig, obwohl das für mich eine organisatorische Herausforderung ist. Die nehme ich aber gerne an, ich will Volker wiedersehen. Was ist mit mir los? Verrenne ich mich da in etwas oder geht es Volker ähnlich wie mir? Wir werden sehen, was die Zeit bringt.

Wir telefonieren jeden Tag und schreiben uns unendlich viele Nachrichten. Ich bin schon richtig süchtig darauf, von ihm zu lesen und seine Stimme zu hören. Wenn er Frühdienst hat, weckt er mich und ruft mich um sieben Uhr an. Ich muss echt verrückt sein, ich bin eigentlich so, dass ich früh so richtig schwer wach werde und kaum aus dem Bett finde; und nun ...!

Ich werde eine halbe Stunde vor meiner eigentlichen Zeit wach, durch seine Stimme, und ich werde gerne wach. Total verrückt. Jeder andere, der es wagte, mich um diese Zeit anzurufen und zu wecken, würde nicht gerade nette Worte von mir zu hören bekommen bzw. ich würde wohl gar nicht wach werden und selbst wenn, nicht ans Telefon gehen. Aber mit Volker ist alles anders.

Ich spüre immer mehr, wie sich mein Herz ihm zuwendet. Der Berliner ist längst aus meinem Herzen vertrieben und Volker hat es ganz für sich erobert. Ich würde Volker so gerne sagen, dass ich mich in ihn verliebt habe. Aber irgendetwas hält mich zurück, obwohl ich instinktiv spüre, oder vielleicht wünsche ich es mir auch nur, dass es Volker auch so geht. Aber auch er spricht es nicht aus. Ich denke, wir haben beide Angst davor, verletzt zu werden. Was, wenn der andere nicht auch so empfindet? Wir sind beide Gewinnertypen, und Ablehnung ist für uns nur schwer zu ertragen. Es ist ja auch schon alles ziemlich abgefahren … wir haben uns nur ein paar Tage gesehen und dann passiert mir so etwas. Volker hat mir immer wieder erzählt, wie sexuell aktiv er ist und dass er durch die halbe Republik fährt, um mit allen möglichen und unmöglichen Ladys zu ficken. Und ich bin ja auch nicht besser, ich ficke gegen Geld, und dass weiß er, er kann also gar nicht in mich verliebt sein.

Aber egal, ich freue mich schon, ihn wieder zu sehen. Und wenn es nur für geilen Sex ist.

Wir telefonieren wieder und plötzlich sagt mir Volker, dass ihn seine Frau gefragt hat, ob er jetzt auf fette Weiber steht. Wir wären gesehen worden. Hm, schwer vorstellbar, aber woher sollte sie sonst wissen, dass ich nicht gerade schlank bin? Volker nimmt das ziemlich gelassen, es spielt sich wohl bei ihnen zu Hause schon lange nichts mehr ab. Er hat ein eigenes Zimmer und sie schlafen getrennt. Seine Frau bittet ihn, Rücksicht auf den Sohn zu nehmen, der gerade sein Abi macht. Das kann ich gut verstehen, ich würde es auch nicht zulassen wollen, dass Patrick sich seine Zukunft verbaut, wenn er jetzt von den Problemen seiner Eltern Wind bekommt.

Na ja, bei mir ist ja das gleiche Problem, wenn wir auch keine getrennten Betten haben, so ist es doch so, dass ich meinen Mann nicht mehr liebe und eigentlich nicht mehr mit ihm zusammen leben will. Aber wir haben ein Haus und das macht es nicht gerade einfacher. Ich will fair sein und ihn auszahlen.