Ich bin nur toll bei Nordnordwest: wenn der Wind südlich ist, kann ich einen Kirchturm von einem Leuchtenpfahl unterscheiden.

 

Polonius kommt.

 

POLONIUS. Es gehe euch wohl, meine Herren!

HAMLET. Hört, Güldenstern! – und Ihr auch – an jedem Ohr ein Hörer: der große Säugling, den ihr da seht, ist noch nicht aus den Kinderwindeln.

ROSENKRANZ. Vielleicht ist er zum zweitenmal hineingekommen, denn man sagt, alte Leute werden wieder Kinder.

HAMLET. Ich prophezeie, daß er kommt, um mir von den Schauspielern zu sagen. Gebt acht! – Ganz richtig, Herr, am Montag Morgen, da war es eben.

POLONIUS. Gnädiger Herr, ich habe Euch Neuigkeiten zu melden.

HAMLET. Gnädiger Herr, ich habe Euch Neuigkeiten zu melden. – Als Roscius ein Schauspieler zu Rom war –

POLONIUS. Die Schauspieler sind hergekommen, gnädiger Herr.

HAMLET. Lirum, larum.

POLONIUS. Auf meine Ehre –

HAMLET. »Auf seinem Es'lein jeder kam« –

POLONIUS. Die besten Schauspieler in der Welt, sei es für Tragödie, Komödie, Historie, Pastorale, Pastoral-Komödie, Historiko-Pastorale, Tragiko-Historie, Tragiko-Komiko-Historiko-Pastorale, für unteilbare Handlung oder fortgehendes Gedicht. Seneca kann für sie nicht zu traurig, noch Plautus zu lustig sein. Für das Aufgeschriebne und für den Stegreif haben sie ihresgleichen nicht.

HAMLET.

»O Jephtha, Richter Israels« –

Welchen Schatz hattest du?

POLONIUS.

Welchen Schatz hatte er, gnädiger Herr?

HAMLET. Nun:

»Hätt' ein schön Töchterlein, nicht mehr,

Die liebt' er aus der Maßen sehr.«

POLONIUS beiseit. Immer meine Tochter!

HAMLET. Habe ich nicht recht, alter Jephtha?

POLONIUS. Wenn Ihr mich Jephtha nennt, gnädiger Herr, so habe ich eine Tochter, die ich aus der Maßen sehr liebe.

HAMLET. Nein, das folgt nicht.

POLONIUS. Was folgt dann, gnädiger Herr?

HAMLET. Ei,

»Wie das Los fiel,

Nach Gottes Will«,

Und dann wißt Ihr:

»Hierauf geschah's,

Wie zu vermuten was« –

Aber Ihr könnt das im ersten Abschnitt des Weihnachtsliedes weiter nachsehn; denn seht, da kommen die Abkürzer meines Gesprächs.

 

Vier oder fünf Schauspieler kommen.

 

Seid willkommen, ihr Herren! willkommen alle! – Ich freue mich, dich wohl zu sehn. – Willkommen, meine guten Freunde! – Ach, alter Freund, wie ist dein Gesicht betroddelt, seit ich dich zuletzt sah! Du wirst doch hoffentlich nicht in den Bart murmeln? – Ei, meine schöne junge Dame! Bei unsrer Frauen, Fräulein, Ihr seid dem Himmel um die Höhe eines Absatzes näher gerückt, seit ich Euch zuletzt sah. Gebe Gott, daß Eure Stimme nicht wie ein abgenutztes Goldstück den hellen Klang verloren haben mag! – Willkommen alle, ihr Herrn! Wir wollen frisch daran, wie französische Falkeniere auf alles losfliegen, was uns vorkommt. Gleich etwas vorgestellt! Laßt uns eine Probe eurer Kunst sehen. Wohlan! eine pathetische Rede!

ERSTER SCHAUSPIELER. Welche Rede, mein wertester Prinz?

HAMLET. Ich hörte dich einmal eine Rede vortragen – aber sie ist niemals aufgeführt, oder wenn es geschah, nicht mehr als einmal; denn ich erinnre mich, das Stück gefiel dem goßen Haufen nicht, es war Kaviar für das Volk. Aber es war, wie ich es nahm, und andre, deren Urteil in solchen Dingen den Rang über dem meinigen behauptete, ein vortreffliches Stück: in seinen Szenen wohlgeordnet und mit ebenso viel Bescheidenheit als Verstand abgefaßt.