Französisch kann nachher vorgenommen werden, wenn das Tier in der Muttersprache hinlängliche Progressen gemacht hat. Er kann hier im Schlosse bei mir logieren. Mein Haushofmeister soll Ihm ein Zimmer anweisen. Er muß sich nur erst das Tier recht attachieren, daß es gern bei Ihm bleibt. Wenn Er Seine Sache gut macht, soll Er noch schöne Récompense haben. Ich werde von Zeit zu Zeit nachfragen, wie es mit den Lektionen geht. Versteht Er auch Französisch?«

»Ew. Durchlaucht, zum Unterricht der liebenswürdigen Fidele verstehe ich genug davon; doch wird mir die französische Sprache etwas mühsam zu reden und zwar bloß wegen eines kleinen Fehlers meiner Zunge. Denn es geschieht zuweilen, daß sie das Wort nicht gleich herausbringen kann, was ich meine.«

»Und italienisch?«

»Ew. Durchlaucht, damit habe ich auf Universitäten guten Anfang gemacht, aber das ist leider schon lange her.«

»Nun, nun, so laß Er's, mon cher.«

»Ew. Durchlaucht, ich bitte untertänigst ab, ich habe sie nicht bei mir.«

»Was?«

»Die Schere.«

»Ei, ei, was Schere? Was macht Er da gleich für eine tolle faute?«

Der Hofrat besah sich schamrot die Hände und versteckte dieselben, weil er glaubte, Se. Durchlaucht rede von seiner Pfote.

»Nun, geh Er jetzt nur! Laß Er sich sein Logement zeigen und sich brav Wurst aus meiner Küche geben, denn Fidele frißt sie gern. Damit gewinnt Er gleich ihr Herz.«

Der Hofrat merkte, daß ihm die Tür gewiesen sei, und nahte sich derselben unter vielen Verbeugungen rücklings, weil er nicht wider die Ehrfurcht fehlen und dem Fürsten den Rücken zukehren wollte. Dabei kam ihm aber unvermutet Fidele, ein derber Jagdhund, zwischen die Beine, und er stürzte so ungeschliffen rückwärts zu Boden, daß ihm die Füße im Aufschwung hoch über den Kopf emporfuhren. Hans Dampf ließ einen tiefen Seufzer fahren, der Hund schrie vor Schrecken laut auf, und Nikodemus lachte sich fast krank. »Nun, ihr fangt an, miteinander Bekanntschaft zu machen!« rief der Fürst, und der Hofrat lief unter Millionen Abbitten zur Tür hinaus.

 

In allen Gassen

 

Mit Beihilfe der Hofküche hatte sich Hans Dampf die Gewogenheit und das Zutrauen des fürstlichen Leibhundes vollkommen in Zeit von vier Wochen erworben. Von nun an erkundigte sich der Fürst öfters nach dem Gang des Unterrichts. Der schlaue Hofrat bemerkte jedoch Sr. Durchlaucht, daß ein Mensch selbst wohl vier, fünf Jahre gebrauche, ehe er reden lerne, und ein Kind vor Verlauf des ersten Jahres kaum einzelne Silben lallen könne. Nikodemus fand den Grund sehr vernünftig und mäßigte seine Ungeduld. Hans Dampf aber, dem sein Leben am Hofe sehr behaglich war, ließ sich wohl sein und empfand nur dann und wann einige Unruhe, wenn er dem Hunde tausendmal ein und dasselbe Wort gesprochen hatte und doch keine Frucht davon sah. Der Hund gaffte zwar seinen Lehrmeister aufmerksam an, schien aber zum Nachsprechen der Worte viel zu schüchtern zu sein.

Hans Dampf erinnerte sich zum Glück an einen Spaßmacher, den er unter den Studenten auf der Universität gekannt. Dieser pflegte seinem Pudel zuweilen die Schnauze zusammenzudrücken und ihn durch heimliches Klemmen zum Knurren und Murren zu bringen. Wenn er dann im richtigen Zeitmaß die Hand an der Schnauze ein wenig nachließ, entstand durch das Öffnen und Zusammendrücken derselben aus dem Rachen des mürrischen Pudels der deutliche Ton Ma Ma. Hans Dampf versuchte das gleiche bei Fidele, und es gelang ihm über Erwartung.

Da Nikodemus nach einem halben Jahre den Hofrat ziemlich verdrießlich um Fideles Fortschritte befragte, lobte der Lehrmeister seinen Zögling ungemein und erbot sich, von dessen erstem, kindischem Lallen einige Proben zu geben. Der Fürst versammelte seine Vertrauten, und im Kreise derselben erschien der Hofrat mit einer sehr zuversichtlichen Miene nebst seinem Zögling.

Vor allem aus bemerkte der Hofrat in einer langen, vortrefflichen Rede voll feiner pädagogischen Bemerkungen, daß er im Unterricht genau den Gang der Natur beobachte, weil sie die beste Wegweiserin sei. Alle Künstelei in Unterricht und Erziehung sei Torheit und geisttötend und verderblich für die lebenden Geschlechter wie für die ganze Nachkommenschaft. Nur durch die schlechte Einrichtung des ersten Unterrichts sei das Unglück aller Staaten, der Untergang großer Nationen entstanden und alles Unheil in der Welt. Nebenbei machte er Hoffnung, seine neuerfundene Buchstabiermethode menschenfreundlich bekannt zu machen, wenn man ihm das Geheimnis mit einigen und zwanzigtausend Gulden bezahlen würde, und erwähnte eines großen Entwurfs, eine neue Fibel mit vielen Kupferstichen nach seinem eigenen Ideale herausgegeben und Sr. Durchlaucht dem Fürst Nikodemus, dem Mäzen und Beschützer der Wissenschaften und Gelehrten zu dedizieren.

Darauf fuhr er fort, den Gang der Natur im Unterricht des menschlichen Geschlechts zu entwickeln.