Und von ihrem Leben wissen Sie rein nichts?
KELLER zuckt die Achseln. Sie haben auch nie etwas von ihr erfahren?
MAX. Niemals! Jedenfalls bin ich Ihnen von Herzen dankbar und bitte Sie, gegen meinen Onkel, ohne daß er Sie direkt fragt, beileibe nichts von dieser Begegnung zu erwähnen. Er weiß zwar darum, aber der Name der verschollenen Tochter wird in diesem Hause nicht genannt.
KELLER. O, ich hätte selbstverständlich auch ohnedies die Delikatesse gehabt!
MAX. Und was glauben Sie, was aus ihr geworden sein kann?
KELLER. Ja, wissen Sie, mit der Musik ist das wie mit der Lotterie. Auf zehntausend Nieten kommt ein Gewinst, auf Scharen Untergegangener eine, die Karriere macht ... Ja, wenn man eine Patti wird oder eine Sembrich oder – um bei unsrem Musikfest zu bleiben –
Vierte Scene
Die Vorigen. Schwartze. Dann Frau Schwartze.
SCHWARTZE Keller die Hand schüttelnd. Herzlich willkommen in meinem Hause, Herr von Keller. Seine eintretende Frau vorstellend. Herr Regierungsrat von Keller – meine Frau.
FRAU SCHWARTZE. Bitte doch Platz zu nehmen.
KELLER. Ich würde es nicht gewagt haben, gnädige Frau, um die Ehre der Einführung zu bitten, wenn nicht gleichzeitig der glühende Wunsch in mir rege gewesen wäre, mich an dem christlichen und gemeinnützigen Werke zu beteiligen, dessen Zentrum und Seele, wie die ganze Stadt weiß, dieses Haus bildet. – Der gute Zweck mag meine Kühnheit entschuldigen.
SCHWARTZE. Gott, ich bitte Sie – Sie thun uns ja viel zuviel Ehre an. Wenn von einem Zentrum des Ganzen überhaupt die Rede ist, so kann das niemand sein als eben der Pfarrer Heffterdingk. Er bewegt alles, er regiert alles – er –
FRAU SCHWARTZE. Sie kennen doch unsren Pfarrer, Herr von Keller?
KELLER. Ich habe ihn mehrfach reden gehört, gnädige Frau, und bewundre sowohl die Innigkeit seiner Überzeugungen wie sein naives Menschenvertrauen. Aber den Einfluß, den er ausübt, kann ich mir nicht erklären.
FRAU SCHWARTZE. Ach, Sie werden es lernen. Sein Wesen ist ja so einfach und schlicht. Man sieht es ihm wirklich nicht an. – Aber das ist ein Mann. Der bekehrt alle.
KELLER höflich. Nun bin ich es schon beinahe, gnädige Frau.
SCHWARTZE. Und was uns hier betrifft, lieber Gott! so geh ich eben diese schwachen und nutzlosen Arme dazu her, die groben Arbeiten zu verrichten.
1 comment