Die Vorigen.

 

ACHIOR meldend. Die reich und reizgeschmückte Hebräerin wünscht aufzuwarten.

HOLOFERNES. Aha, kennimus nos. Laß aber erst 's Zelt ordentlich zusamm'räumen, überall lieg'n Erstochene herum – nur keine Schlamperei!

ACHIOR winkt in die Szene, mehrere Sklaven kommen, und tragen Idun, Chalkol und Zepho fort.

HOLOFERNES zu Achior. Drei Stellen sind vakant, man verkünde im Heere das Avancement. Man bringe Wein und Speisen, aber nix Süß's, das Süße soll die Dirne selber sein.

 

Achior öffnet den Zeltvorhang links im Prospekt, und Judith im reichen glänzenden Gewande tritt von der Mirza begleitet ein.

 

 

Vierundzwanzigste Szene

Judith. Mirza. Die Vorigen.

 

JUDITH (JOAB) zu Holofernes.

Ich hab' gebeten, daß man melden mich möcht',

Den Herr von Holofernes such' ich – geh' ich recht?

HOLOFERNES. Wär' mir nicht lieb, wenn's außer mir noch einen gäbet. Ich hab' die Spiegeln abg'schafft, weil sie die Frechheit haben, mein Gesicht, was einzig in seiner Art is, zu verdoppeln. – Wie heißt du?

JUDITH (JOAB.)

Aufzuwarten gehorsamst,

Judith bin ich bevornamst.

Ich bin eine jung Alttestamentarische.

Wohl manchmal a Gretl, a narrische,

Aber Witwe aus ein sehr guten Haus.

Und kenn' mich vor Unschuld gar nicht aus.

HOLOFERNES. Unschuldige Witwen hab'n sie in Bethulien? Dahin hat es die assyrische Industrie noch nie gebracht.

JUDITH (JOAB.)

Ich bin die einzige, durch ein Schicksal ein rasses,

Und wer is schuld dran? der Manasses.

HOLOFERNES. Der Manasses? Aha das is wohl der Selige?

JUDITH (JOAB.)

Selig war er so wenig als ich;

Wenn's g'fällig is, hören Sie mich.

Erfassen wird Sie Entsetzen und Graus,

Und, merkwürdig, auf d' Letzt, kommt gar nix heraus.

HOLOFERNES. Eine ganz eigne Art, dem Intresse des Intressanten ein gesteigertes Intresse zu verleihn. Erzähle!

JUDITH (JOAB.)

Der Vater, zwei Beiständ', und noch ein Vierter

Brachten mich als so frisch kupolierter

Ins manassische Haus;

Ich wär' gern wieder h'naus,

Denn mir sagte ein Ahnungsgesicht:

's schaut nix heraus bei der G'schicht'.

Alles ging, und wir waren allein,

Die Kammer erhellte Millikerzenschein;

Drei war'n's – er umschlingt mich, und auslöscht die erste –

Vor Herzklopfen glaubt, ich grad, daß ich zerberste; –

Da küßt er mich, und – 's geht ins Weite –

Im nämlichen Moment löscht auch aus die zweite;

Und trotz Flehn, und jungfräulicher Bitte,

Macht er einen Blaser, und aus war die dritte.

HOLOFERNES. Mit dem Referenten einverstanden; so hätt' ich's auch gemacht. Bis jetzt bin ich noch auf'n Manasses seiner Seiten.

JUDITH (JOAB.)

Der Manasses hüpft vor Wonne, und zärtlich grinst er,

O Judith, ich sehe dich auch in der Finster.

Nun ja, er konnte leicht mich sehn,

Denn der Mondschein schien schon schön.

Mich schwach nur sträubend sink' ich in ein Fauteuil,

Da springt er zurück, – rührt sich nicht von der Stell'.

Unbeweglich – mir graut –

's hat grad so ausg'schaut,

Als hät' ihm ein Dämon von unten

Die Füß' an ein'n Felsen anbunden.

Ich denk' mir: was ist's denn, was treibt er,

Doch in seiner Stellung verbleibt er.

Willst mich schrecken – sag' ich – genug des Spaßes,

Komm zu deiner Braut, du garst'ger Manasses!

HOLOFERNES. Na, da wird er doch deutsch – will ich sagen hebräisch verstanden haben?

JUDITH (JOAB.)

Da sagt er, mit schauerlich starrem Schafsgesicht,

Zehnmal in ein Atem: »Ich kann nicht.« –

HOLOFERNES. O du verflixter Manasses!

JUDITH (JOAB.)

Weinend ring' ich die Hände vor Kummer,

Da umfing mich

HOLOFERNES.

Aha –

JUDITH (JOAB.)

Nicht er – nein, nur ein Schlummer. –

Den andern Tag war er still,

Und auch ich sprach nicht viel –

Und wir lebten sechs Monat' in Frieden,

Aber grad so gut, als wär'n wir geschieden. –

HOLOFERNES. Es muß ja aber doch zur Sprach' gekommen sein, war er verhext, oder hat man ihm einen Weidmann gesetzt, oder –

JUDITH (JOAB.)

Erst wie er zum Sterben war, hab' ich's übers Herz bracht

Zu fragen: Was war es denn in der Hochzeitsnacht?

»Ja« – sagt er – »jetzt will ich dir's sagen; du –«

Bumsdi! fall'n ihm die Augen zu;

Der Tod brach ihm die Stimm',

Des Rätsels Lösung starb mit ihm.

Ein ewig Dunkel bleibt's, und niemand waß es

Das eigentliche Bewandtnis mit 'n Manasses. –

HOLOFERNES. Das kommt jetzt auch nicht mehr auf. Erschlagen könnt' ich ihn, aber lebendig machen kann ich ihn nicht. Aber auf Ehr', du bist gar kein übler Schneck. Ich krieg' Achtung vor Bethulien. Schad', daß ich alle Städte, die ich achte, anzünden muß. Mittlerweile werden von Sklaven Speisen aufgetragen. Was verschafft mir aber eigentlich das Vergnügen?

JUDITH (JOAB.)

Man sagte mir, Menschenleben schonen Sie nie,

 

Schalkhaft.

 

Sie sind eine kleine Bosheit Sie.

Man sagte auch, – ich kann's nicht glaub'n von so einen Herrn, –

Daß Sie ein Judenfresser wär'n.

HOLOFERNES. Es ist nicht so arg; ich hab' nur die Gewohnheit, alles zu vernichten.