Er begann uns mit hochfliegenden und recht unbestimmten Zukunftsplänen zu unterhalten. Gleichzeitig gab er zu, daß die Menschen in seiner Umgebung ihn quälten. Sie wollten ihm Böses zufügen, behauptete er. – Gewiß hatte ich selbst vorgeschlagen, unsere Versuchspersonen soviel wie möglich über sich selbst aussagen zu lassen, da es so schwierig gewesen war, den vorhergehenden Fall zu verhören, aber diesmal kam bei dieser Methode etwas zuviel allgemeine Jugendpsychologie heraus, als daß es hätte Karrek interessieren können. So ging ich endlich doch wieder zum Verhör über und fragte den jungen Mann, ob er unseren vorher Verhafteten kenne.

»Ja. Wir sind Arbeitskameraden.«

»Haben Sie sich je außerhalb der Arbeit getroffen?«

»Ja. Er hat mich zu einer Versammlung eingeladen.«

»Im Distrikt RQ? Am Mittwoch vor vierzehn Tagen?«

Der junge Mann begann leise vor sich hin zu lachen und schien sehr interessiert zu sein.

»Ja. Und eine so lustige Veranstaltung. Aber es hat mir gefallen. Irgendwie fühlte ich mich dort wohl …«

»Können Sie erzählen, woran Sie sich noch erinnern?«

»Gewiß, es war so komisch. Ich trat ein und da waren nur Leute, die ich nicht kannte. Na, das war ja nicht verwunderlich. Wenn man dem Gesellschaftsleben einen freien Abend opfert, dann ist es gewöhnlich, um irgendeine Angelegenheit zu diskutieren, die Arbeit oder etwas anderes, ein geplantes Fest oder ein Schreiben an die Behörden, oder etwas Ähnliches. In dem Fall ist es klar, daß man nicht alle Eingeladenen kennt. Aber es war ganz anders! Sie diskutierten überhaupt nicht. Sie saßen da und sprachen über alles mögliche, und manchmal schwiegen sie auch. Daß sie so viel schwiegen, beklemmte mich, und übrigens, schon die Art, wie sie sich begrüßten! Sie gaben einander die Hand. So etwas! Ganz unhygienisch und so intim, daß man sich außerdem schämte. Sich so anzufassen, und dann noch mit Absicht! Sie behaupteten, es sei ein uralter Gruß, den sie wieder ins Leben gerufen hätten. Aber wenn man es nicht wolle, brauche man ihn nicht mitzumachen. Man wurde überhaupt zu nichts gezwungen. Aber anfangs hatte ich Angst vor ihnen. Nichts ist so schrecklich, als dazusitzen und zu schweigen. Man hat ein Gefühl, durchschaut zu werden. Als sei man nackt oder noch schlimmer als das. Geistig nackt. Besonders, wenn ältere Leute dabei sind, denn die haben gelernt, durch einen hindurchzusehen. Und die Angst bleibt übrigens auch, wenn sie sprechen, denn sie haben es gelernt, sich so beherrscht auszudrücken, daß man nie weiß, was sie wirklich denken. Manchmal ist mir das auch schon gelungen, und dann freut man sich immer hinterher, als sei man einer Gefahr entgangen. Aber dort konnte ich es nicht.