Wir segelten weiter und immer weiter auf nördlichem Kurs, und während wir segelten, wurde die Hitze immer größer und begann für uns, die wir uns ohne Schutz vor Hitze und Feuchtigkeit auf dem Wasser befanden, unerträglich zu werden; außerdem hatten wir jetzt Oktober, und während wir uns täglich der Sonne näherten, näherte auch sie sich uns täglich, bis wir schließlich bei zwanzig Grad südlicher Breite waren, und da wir den Wendekreis schon vor fünf oder sechs Tagen überquert hatten, würde die Sonne in ein paar Tagen im Zenit stehen, uns genau über dem Kopf.
Bei dieser Überlegung beschlossen wir, uns eine gute Stelle zu suchen, um wieder an Land zu gehen und unsere Zelte dort aufzuschlagen, bis die Hitze nachließ. Inzwischen hatten wir die halbe Insel umschifft und waren zu dem Teil gekommen, wo sich die Küste nach Nordwesten hin erstreckte und versprach, daß unsere Überfahrt zum afrikanischen Festland weitaus kürzer würde, als wir erwartet hatten. Trotzdem aber hatten wir guten Grund anzunehmen, daß sie ungefähr hundertundzwanzig Meilen lang sein werde.
Wir beschlossen also, uns in Anbetracht der Hitze einen Hafen zu suchen; außerdem gingen auch unsere Vorräte zu Ende, und wir hatten nur noch für wenige Tage Proviant. Als wir deshalb am frühen Morgen Land anliefen, wie wir es gewöhnlich alle drei, vier Tage taten, um Trinkwasser aufzunehmen, setzten wir uns hin und berieten, ob wir weitersegeln oder dort unseren Standplatz nehmen wollten; nach einigen Überlegungen aber, die wiederzugeben hier zu weit führte, gefiel uns die Stelle nicht, und wir beschlossen, noch ein paar Tage zu fahren.
Nachdem wir mit einem frischen Wind aus Südost etwa sechs Tage lang Nordwest bei Nord gesegelt waren, entdeckten wir in großer Entfernung einen langen Vorsprung oder eine Landzunge, die weit ins Meer hinausragte, und da wir außerordentlich gern sehen wollten, was hinter ihr lag, beschlossen wir, sie zu umschiffen, bevor wir in einen Hafen einliefen, und so setzten wir unseren Weg fort, bei anhaltendem Wind; aber es dauerte vier Tage, bevor wir die Landzunge erreichten. Ich kann jedoch unmöglich die Mutlosigkeit beschreiben, die uns alle befiel, als wir dort anlangten, denn sobald wir um die Spitze der Landzunge liefen, sahen wir voller Überraschung, daß das Land auf der anderen Seite ebenso weit zurückfiel, wie es auf dieser vorgetreten war, und sogar noch viel weiter, so daß wir, wenn wir uns zur afrikanischen Küste hinüberwagen wollten, es von hier aus tun mußten, denn wenn wir weitersegelten, würde die Entfernung über das Meer noch größer werden, und wie groß, wußten wir nicht.
Während wir über diese Entdeckung nachdachten, überrasc hte uns sehr ungünstiges Wetter, besonders ein heftiger, von Donner und Blitz begleiteter Regen, der uns ungewöhnlich schrecklich vorkam. In dieser schlimmen Lage liefen wir die Küste an, gelangten an die Leeseite der Landzunge, ließen unsere Fregatten in eine kleine Flußmündung einlaufen, wo wir sahen, daß das Land mit Bäumen bewachsen war, und beeilten uns, ans Ufer zu kommen, denn wir waren ganz durchnäßt und von der Hitze, dem Donner, Blitz und Regen erschöpft.
Hier dachten wir, unsere Lage sei wirklich sehr bedauernswert, und deshalb errichtete unser Künstler, von dem ich schon so oft gesprochen habe, auf dem Hügel, der eine Meile von der äußersten Spitze des Landes entfernt lag, ein großes hölzernes Kreuz mit der folgenden Inschrift darauf, jedoch in portugiesischer Sprache:

Kap der Verzweiflung. Jesus erbarme dich!

Wir machten uns sogleich an die Arbeit, uns ein paar Hütten zu bauen und unsere Kleidung zu trocknen, und obwohl ich jung und in solchen Dingen nicht bewandert war, werde ich doch niemals die kleine Stadt vergessen, die wir bauten, denn eine solche war es, und wir befestigten sie entsprechend; die Vorstellung davon ist mir im Gedächtnis noch so lebendig, daß ich nicht umhin kann, sie kurz zu beschreiben.

Unser Lager befand sich auf der Südseite eines kleinen Schlupfhafens am Meer, im Schutze eines steilen Hügels, der zwar auf der anderen Seite der Bucht, trotzdem aber nur eine Viertelmeile von uns entfernt in nordnordwestlicher Richtung lag und während der ganzen zweiten Hälfte des Tages auf sehr glückliche Weise die Sonnenhitze von uns fernhielt. An der Stelle, die wir ausgesucht hatten, gab es einen Bach oder schmalen Wasserlauf mit Süßwasser, der neben uns in die Bucht mündete; in der Ebene sahen wir Kühe weiden und weiter östlich und südlich von uns eine Niederung.

Hier errichteten wir zwölf kleine Hütten, wie Soldatenzelte, aber aus Zweigen, die wir in den Boden steckten und an den Spitzen mit Weiden und anderem, was wir finden konnten, zusammenbanden; im Norden war der Schlupfhafen unsere Verteidigung, im Westen ein kleiner Bach, und die Süd- sowie die Ostseite waren durch eine Erderhöhung befestigt, die unsere Hütten völlig deckte und, da sie schräg verlief, unsere Stadt zu einem Dreieck machte. Hinter der Erderhöhung oder Böschung standen unsere Hütten und hinter diesen in einiger Entfernung drei weitere Hütten. In eine davon, die klein war und weiter abseits stand, legten wir unser Schießpulver und sonst nichts, aus Furcht vor Gefahr, in der zweiten, die größer war, bereiteten wir unsere Nahrung zu und brachten dort alle für uns notwendigen Geräte unter, und in der dritten, der größten, nahmen wir unsere Mahlzeiten ein, hielten unsere Beratungen ab und saßen dort und vertrieben uns die Zeit mit Gesprächen, die wir miteinander führten und die damals wahrhaftig nicht interessant waren.

Es war unbedingt notwendig, uns mit den Eingeborenen in Verbindung zu setzen, und nachdem unser Künstler, der Messerschmied, eine Vielzahl von jenen karoförmigen kleinen Silbervierecken hergestellt hatte, war es uns möglich, bei den schwarzen Leuten einzutauschen, was wir brauchten, denn sie gefielen ihnen wirklich außerordentlich gut, und so erhielten wir reichlich Vorräte. Vor allem erstanden wir als erstes etwa fünfzig Stück Schwarzrinder und Ziegen, und unser Küchengehilfe bestreute sie mit Salpeter, trocknete sie sorgsam und salzte sie ein, um sie als unseren wichtigsten Proviant haltbar zu machen, und das fiel uns auch nicht schwer, denn das Salz und der Salpeter waren von sehr guter Qualität, und die Sonne brannte äußerst heiß. Hier lebten wir ungefähr vier Monate lang.

Die südliche Sonnenwende war vorüber, und die Sonne näherte sich wieder der Tagundnachtgleiche; da planten wir unser nächstes Abenteuer, nämlich über das Meer von Zanguebar, wie die Portugiesen Sansibar nennen, zu fahren und, wenn möglich, auf dem afrikanischen Kontinent zu landen.

Wir sprachen darüber mit vielen Eingeborenen, soweit wir uns ihnen verständlich machen konnten, aber wir vermochten von ihnen nur zu erfahren, daß jenseits des Meeres ein großes Land der Löwen liege, es sei jedoch sehr weit entfernt. Wir wußten ebensogut wie sie, daß der Weg lang war, aber unsere Leute hatten darüber sehr verschiedene Ansichten; einige sagten, die Entfernung betrage hundertundfünfzig Meilen, andere, nicht über hundert. Einer unserer Männer, der eine Weltkarte besaß, zeigte uns anhand ihres Maßstabs, daß es nicht mehr als achtzig Meilen waren. Einige behaupteten, auf dem ganzen Wege lägen Inseln verstreut, die wir berühren konnten, andere dagegen, es gebe dort nicht eine einzige Insel.

Was mich betraf, so wußte ich überhaupt nichts darüber und hörte mir alles gelassen an, ob es nun nah oder weit war; soviel erfuhren wir jedoch von einem alten blinden Mann, den ein Junge umherführte: Falls wir bis Ende August dort blieben, konnten wir sicher sein, daß der Wind günstig und das Meer die ganze Zeit über glatt wäre.

Dies bedeutete eine Ermutigung; es war uns jedoch eine unwillkommene Nachricht, daß wir bleiben mußten, denn dann würde sich die Sonne wieder nach Süden wenden, weshalb unsere Leute dazu nicht bereit waren. Endlich beriefen wir eine Versammlung unserer gesamten Mannschaft ein; die Debatten dabei waren zu langatmig, um sie hier niederzuschreiben, ich will nur erwähnen, daß, als Kapitän Bob an der Reihe war (denn so nannten sie mich, seit ich vor einem ihrer Anführer eine Verantwortung übernommen hatte), ich mich auf keine Seite stellte, denn es war mir wahrhaftig gleichgültig, und so erklärte ich ihnen, ob wir führen oder dort blieben – ich hätte kein Zuhause und mir sei die ganze Welt eins und deshalb überließe ich es gänzlich ihnen, die Entscheidung zu treffen.

Kurz, sie sahen deutlich, daß dort, wo wir uns befanden, ohne Schiff nichts zu machen war; wenn es nur darum ging, zu essen und zu trinken, konnten wir auf der Welt keinen besseren Ort finden, wenn wir aber fort und in unsere Heimat zurückkehren wollten, dann hätten wir keinen ungeeigneteren finden können.

Ich gestehe, daß mir das Land sehr gut gefiel und ich schon damals den merkwürdigen Einfall hatte, zurückzukehren, um dort zu leben, und ich erklärte ihnen oftmals, wenn ich nur ein Schiff mit zwanzig Kanonen und eine Schaluppe hätte, beides gut bemannt, dann wünschte ich mir keinen besseren Ort in der Welt, um so reich zu werden wie ein König.

Um aber wieder auf die Beratungen zurückzukommen, so entschieden sich unsere Leute für die Abfahrt. Alles in allem beschlossen sie, sich zum Festland hinüber zu wagen, und wir wagten es törichterweise wirklich, obwohl die Jahreszeit in diesem Land die falsche war, eine solche Fahrt zu unterne hmen, denn während die Winde in den Monaten März bis September ständig von Osten wehen, herrscht dort im Laufe des übrigen Jahres im allgemeinen Westwind, und wir hatten ihn gegen uns. Sobald wir mit einer Art Landbrise etwa fünfzehn bis zwanzig Meilen zurückgelegt hatten – gerade genug, wie ich sagen möchte, um uns zu verirren –, stellten wir denn auch fest, daß der Wind in einer kräftigen Brise von der See her westlich aus Westsüdwest oder Südwest bei West und niemals weiter vom Westen her wehte, so daß wir, mit einem Wort, nichts damit anzufangen vermochten.

Andererseits waren Fahrzeuge, wie wir sie hatten, nicht geeignet, hart am Wind zu liegen, sonst hätten wir Kurs auf Nordnordwest halten können, wo wir an einer großen Anza hl von Inseln vorbeigekommen wären, wie wir später erfuhren; wir schafften es jedoch nicht, obwohl wir es versuchten und uns mit dem Versuch beinah alle ins Verderben stürzten, denn während wir nach Norden segelten, so hart am Wind wie nur möglich, vergaßen wir die Umrisse und Lage der Insel Madagaskar selbst sowie auch die Tatsache, daß wir von einem Kap oder einer Landzunge abgefahren waren, die ungefähr in der Mitte der Insel lag und sich nach Westen hin weit hinaus ins Meer erstreckte, und daß die Küste der Insel jetzt, nachdem wir vierzig Meilen nach Norden gefahren waren, wieder über zweihundert Meilen weit nach Osten hin abfiel, so daß wir uns mittlerweile im offenen Ozean befanden, zwischen der Insel und dem Festland und von beiden fast hundert Meilen weit entfernt.

Da nun der Wind wie zuvor wieder kräftig von Westen her blies, hatten wir eine glatte See und liefen mühelos vor dem Wind, und so nahmen wir unser kleinstes Kanu ins Schlepptau und hielten mit allen Segeln, die wir setzen konnten, auf die Küste zu. Dies war ein sehr gewagtes Abenteuer, denn wenn sich die leiseste Bö erhoben hätte, wären wir alle verloren gewesen, da unsere Kanus tief lagen und keineswegs geeignet waren, einem hohen Seegang zu widerstehen.

Für diese Fahrt brauchten wir jedoch im ganzen elf Tage, und endlich, als wir schon fast unseren gesamten Proviant und auch den letzten Tropfen Wasser verbraucht hatten, erspähten wir zu unserer großen Freude Land, wenn auch in einer Entfernung von zehn oder elf Meilen, und da sich der Wind in der Nähe des Landes drehte, zu einer Landbrise wurde und hart gegen uns wehte, kostete es uns noch weitere zwei Tage, bis wir das Ufer erreicht hatten. Während dieser ganzen Zeit herrschte heißes Wetter, wir aber besaßen keinen Tropfen Wasser, noch sonst eine Flüssigkeit, außer etwas Likör, von dem einer aus unserer Gesellschaft noch einen Rest in einer Kiste mit Flaschen hatte.

Dies gab uns eine Vorstellung davon, wie es uns ergangen wäre, wenn wir uns mit flauem Wind und unbeständigem Wetter weitergewagt hätten, und es vergällte uns unseren Plan, zum Festland zu segeln, zumindest, solange wir keine besseren Fahrzeuge unter den Füßen hatten. So gingen wir also wieder an Land und errichteten unser Lager wie zuvor, auf eine so praktische Weise wie nur möglich, und befestigten es gegen irgendwelche Überraschungen; aber die Eingeborenen waren hier sehr freundlich und viel gesitteter als im Südteil der Insel, und obwohl wir nicht verstehen konnten, was sie sagten, und sie uns ebenfalls nicht, fanden wir doch Mittel und Wege, um ihnen klarzumachen, daß wir Seefahrer und Fremde waren, die sich aus Mangel an Vorräten in Not befanden.

Den ersten Beweis ihrer Zuvorkommenheit erhielten wir, als einer ihrer Anführer oder Könige – denn wir wußten nicht, wie wir sie nennen sollten –, sobald sie uns an Land kommen und unsere Behausungen errichten sahen, mit fünf oder sechs Männern und ein paar Frauen herunterkam und uns fünf Ziegen sowie zwei junge, fette Stiere brachten, die sie uns unentgeltlich gaben, und als wir ihnen etwas anboten, erlaubte der Anführer oder König nicht, daß einer von ihnen es anrührte oder irgend etwas von uns nahm. Etwa zwei Stunden später kam ein anderer König oder Anführer, dem vierzig oder fünfzig Leute folgten. Wir begannen uns vor ihm zu fürchten und legten die Hände an unsere Waffen. Er aber sah es und ließ zwei Männer vorangehen, von denen jeder eine lange Stange in den Händen trug. Sie hielten sie senkrecht, so hoch sie nur konnten, was, wie wir bald verstanden, ein Ze ichen des Friedens war. Diese beiden Stangen stellten sie dann auf, indem sie sie in den Boden steckten; alle stießen ihre Lanzen senkrecht in die Erde, näherten sich uns unbewaffnet und ließen die Lanzen sowie auch Bogen und Pfeile hinter sich zurück.

Dies sollte uns davon überzeugen, daß sie als Freunde kamen, und wir waren froh, es zu sehen, denn wir hatten nicht die Absicht, Streit mit ihnen anzufangen, wenn wir es vermeiden konnten. Als der Anführer dieses Trupps bemerkte, daß einige unserer Leute ihre Hütten bauten und dies nur ungeschickt zustande brachten, winkte er ein paar von seinen Männern herbei, die uns helfen sollten. Sogleich kamen fünfzehn oder sechzehn, mischten sich unter uns und begannen mit der Arbeit für uns, und sie verstanden es tatsächlich besser als wir, denn im Nu hatten sie drei, vier Hütten errichtet, und zwar viel hübschere als unsere.

Danach schickten sie uns Milch, Paradiesfeigen, Kürbisse und eine reichliche Menge Wurzeln und Grüngemüse, die sehr gut schmeckten; darauf verabschiedeten sie sich und wollten von dem, was wir hatten, nichts nehmen. Einer unserer Männer bot dem König oder Anführer dieser Leute einen Schnaps an, den er trank und der ihm ausgezeichnet mundete; er streckte die Hand nach einem zweiten aus, und wir schenkten ihm ein. Kurz gesagt, machte er es sich zur Gewohnheit, uns zwei- oder dreimal in der Woche zu besuchen, und immer brachte er uns irgend etwas mit; einmal schickte er uns sieben Stück Schwarzvieh, von denen wir einige zubereiteten und dörrten, wie zuvor beschrieben.

Und hier kann ich nicht umhin, mich an etwas zu erinnern, was uns danach sehr zugute kam, nämlich: Das Fleisch ihrer Ziegen und auch ihrer Rinder, besonders aber der Ziegen, sah, nachdem wir es getrocknet und geräuchert hatten, rot aus und war beim Essen knusprig und fest wie getrocknetes Rindfleisch in Holland; es gefiel ihnen so gut und war für sie ein solcher Leckerbissen, daß sie es danach jederzeit im Tauschhandel bei uns erwerben wollten, ohne zu wissen oder auch nur zu ahnen, was es war, und so gaben sie uns für zehn, zwölf Pfund im Rauch getrockneten Rindfleischs einen ganzen Ochsen oder eine Kuh oder irgend etwas anderes, was wir begehrten.

Hier beobachteten wir zwei Dinge, die für uns sehr wichtig, ja sogar von außerordentlich großer Bedeutung waren; erstens stellten wir fest, daß sie sehr viel Tongeschirr hatten, das sie auf vielerlei Weise benutzten, wie wir auch; insbesondere hatten sie schmale, tiefe Tonkrüge, die sie in den Boden versenkten, um ihr Trinkwasser kühl und angenehm zu halten, und zweitens sahen wir, daß sie längere Kanus hatten als ihre Nachbarn.