Draußen ist – über einem heißen, radiolärmenden Hof – der Nachthimmel, dunkel, mit sehr blassen Sternen.
«Ich möchte», sagt Pinneberg leise und drückt Lämmchens Hand, «dass wir es ein bisschen hübsch hätten. Weißt du» – er versucht es zu schildern –, «es müsste hell sein bei uns und weiße Gardinen und alles immer schrecklich sauber.»
«Ich versteh», sagt Lämmchen, «ich versteh, es muss schlimm sein bei uns für dich, wo du es nicht gewohnt bist.»
«So meine ich es doch nicht, Lämmchen.»
«Doch. Doch. Warum sollst du es nicht sagen, es ist doch schlimm. Dass sich Karl und Vater immer zanken, ist schlimm. Und dass Vater und Mutter immer streiten, das ist auch schlimm. Und dass sie Mutter immer um das Kostgeld betrügen wollen, und dass Mutter sie mit dem Essen betrügt … alles ist schlimm.»
«Aber warum sind sie so? Bei euch verdienen doch drei, da müsste es doch gut gehen.»
Lämmchen antwortete ihm nicht. «Ich gehör ja nicht rein hier», sagt sie statt dessen. «Ich bin immer das Aschenputtel gewesen. Wenn Vater und Karl nach Haus kommen, haben sie Feierabend. Dann fang ich an mit Aufwaschen und Plätten und Nähen und Strümpfe stopfen. Ach, es ist nicht das», ruf sie aus, «das täte man ja gerne. Aber dass das alles ganz selbstverständlich ist und dass man dafür geschupst wird und geknuf, dass man nie ein gutes Wort bekommt und dass der Karl so tut, wie wenn er mich mit ernährt, weil er mehr Kostgeld zahlt als ich … Ich verdien doch nicht so viel – was verdient denn heute eine Verkäuferin?»
«Es ist ja bald vorbei», sagt Pinneberg. «Ganz bald.»
«Ach, es ist ja nicht das», ruf sie verzweifelt, «es ist ja alles nicht das. Aber, weißt du. Junge, sie haben mich immer richtig verachtet, du Dumme sagen sie zu mir. Sicher, ich bin nicht so klug. Ich versteh vieles nicht. Und dann, dass ich nicht hübsch bin …»
«Aber du bist hübsch!»
«Du bist der erste, der das sagt. Wenn wir mal zum Tanz gegangen sind, immer bin ich sitzen geblieben. Und wenn dann Mutter zum Karl gesagt hat, er solle seine Freunde schicken, hat er gesagt: Wer will denn mit so ’ner Ziege tanzen? Wirklich, du bist der erste …»
Ein unheimliches Gefühl beschleicht Pinneberg. ‹Wirklich›, denkt er, ‹sie sollte mir das nicht so sagen. Ich hab immer gedacht, sie ist hübsch. Und nun ist sie vielleicht gar nicht hübsch …›
Lämmchen aber redet weiter: «Siehst du. Jungchen, ich will dir ja nichts vorjammern. Ich will es dir nur dieses einzige Mal sagen, dass du weißt, ich gehör hier nicht her, ich gehör nur zu dir. Zu dir allein. Und dass ich dir ganz furchtbar dankbar bin, nicht nur wegen des Murkels, sondern weil du das Aschenputtel geholt hast …»
«Du», sagt er. «Du!»
«Nein, jetzt noch nicht. – Und wenn du sagst, wir wollen es hell und sauber haben, du musst ein bisschen geduldig sein, ich hab ja nie richtig kochen gelernt.
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