Halt, dein Haar!» Sie fuhr ihm schnell mit dem Kamm durch die Wirrnis.

  Beiden klopfe das Herz. Sie nahm ihn bei der Hand, sie gingen über den Vorplatz, sie stießen die Tür zur Küche auf. Am Herd stand mit rundem, krummem Rücken eine Frau und briet etwas in einer Pfanne. Pinneberg sah ein braunes Kleid und eine große blaue Schürze. – Die Frau sah nicht hoch. «Lauf schnell mal in den Keller, Emma, und hol Presskohlen. Ich kann das dem Karl hundertmal sagen …»

  «Mutter», sagte Emma, «das ist mein Freund Johannes Pinneberg aus Ducherow. Wir wollen uns heiraten.»

  Die Frau am Herd sah hoch. Es war ein braunes Gesicht mit einem starken Mund, einem scharfen gefährlichen Mund, ein Gesicht mit sehr hellen, scharfen Augen und mit zehntausend Falten. Eine alte Arbeiterfrau.

  Die Frau sah Pinneberg an, einen Augenblick, scharf, böse. Dann wandte sie sich wieder ihren Kartoffelpuffern zu. «Dumm Tügs», sagte sie. «Schleppst du mir jetzt deine Kerle ins Haus?! Geh und hol Kohlen, ich hab keine Glut.»

  «Mutter», sagte Lämmchen und versuchte zu lachen, «er will mich wirklich heiraten.»

  «Hol Kohlen, sag ich, Deern», rief die Frau und fuhrwerkte mit der Gabel.

«Mutter …»

  Die Frau sah hoch. Sie sagte langsam: «Bist du noch nicht unten? Willst du einen Backs?!»

  Ganz rasch drückte Lämmchen ihrem Pinneberg die Hand. Dann nahm sie einen Korb, rief, so fröhlich es ging:

  «Gleich bin ich wieder da!» – und die Flurtür klappte.

  Pinneberg stand verlassen in der Küche. Er sah vorsichtig gegen Frau Mörschel hin, als könnte sein Hinsehen sie schon reizen, dann gegen das Fenster. Man sah nur einen blauen Sommerhimmel und ein paar Schornsteine.

  Frau Mörschel schob die Pfanne beiseite und hantierte mit den Herdringen. Es klapperte und klirrte sehr. Sie stocherte mit dem Feuerhaken in der Glut, dabei murrte sie vor sich hin. Höflich fragte Pinneberg: «Wie bitte -?»

  Es waren die ersten Worte, die er bei Mörschels sagte.

  Er hätte nichts sagen sollen, denn wie ein Geier schoss die Frau auf ihn nieder. In der einen Hand hielt sie den Haken, in der andern noch die Gabel vom Pufferwenden, aber das war nicht so schlimm, trotzdem sie damit fuchtelte. Schlimm war ihr Gesicht, in dem alle Falten zuckten und sprangen, schlimmer waren ihre grausamen und bösen Augen.

  «Wenn Sie mir mein Mädchen in Schande bringen!» schrie sie außer sich.

  Pinneberg trat einen Schritt zurück. «Ich will Emma ja heiraten, Frau Mörschel!» sagte er ängstlich.

  «Sie denken wohl, ich weiß nicht, was ist», sagte die Frau unbeirrt. «Seit zwei Wochen stehe ich hier und warte. Ich denke, sie sagt mir was, ich denke, sie bringt mir den Kerl bald an, ich sitze hier und warte.» Sie holte Atem. «Das ist ein gutes Mädchen. Sie Mann Sie, meine Emma, das ist kein Dreck für Sie. Die ist immer fröhlich gewesen. Die hat mir nie ein böses Wort gegeben – wollen Sie sie in Schande bringen?»

«Nein, nein», flüstert Pinneberg angstvoll.

  «Doch! Doch!» schreit Frau Mörschel. «Doch! Doch! Zwei Wochen stehe ich hier und warte, dass sie ihre Binden zum Waschen gibt – nichts! Wie haben Sie das gemacht, Sie?» Pinneberg kann es nicht sagen.

  «Wir sind junge Leute», sagt er sanf.

  «Ach Sie», sagt sie noch böse, «dass Sie mein Mädchen dazu gekriegt haben.» Plötzlich grollt sie wieder: «Schweine seid ihr Männer, alles Schweine, pfui!»

  «Wir heiraten, sobald es mit den Papieren geht», erklärt Pinneberg.

  Frau Mörschel steht wieder am Herd.