Da hatte der König mit dem Fuß
aufgestampft und gesagt: „Ich will das so, und damit basta!“
Also stampfte Hänschen genauso
und sagte sehr laut: „Herr Minister, ich will das so, und damit basta!“
Der Ministerpräsident schaute
ihn ganz verwundert an, dann schrieb er etwas in sein Notizbuch und murmelte:
„Ich werde die Forderung Eurer
Majestät dem Ministerrat unterbreiten.“
Was auf der Sitzung des
Ministerrats gesagt wurde, weiß keiner, denn die Beratung fand bei
verschlossenen Türen statt. Aber man beschloß, die Puppe zu kaufen, und der
Handelsminister lief zwei Tage lang durch alle Geschäfte und schaute sich die
größten Puppen an. Aber eine so große Puppe gab es nirgends. Da rief der
Handelsminister alle Fabrikanten zusammen, und einer erklärte sich bereit, in
seiner Fabrik innerhalb von vier Wochen für viel Geld so eine Puppe herzustellen.
Und als sie fertig war, da stellte er sie in seinem Schaufenster aus und legte
einen Zettel daneben, auf dem stand geschrieben: Der Hoflieferant Seiner
Majestät des Königs hat diese Puppe für Irene, die Tochter des
Feuerwehrhauptmanns, angefertigt. Gleich brachten die Zeitungen Aufnahmen,
wie die Feuerwehr einen Brand löscht, und Bilder von Irene und der Puppe. Man
sagte, König Hänschen sehe es sehr gerne, wenn die Feuerwehr fahre und wenn es
brenne. Jemand schrieb einen Brief an die Zeitung, er sei bereit, sein Haus
anzuzünden, wenn der geliebte König Hänschen so gerne Feuer habe. Viele kleine
Mädchen schrieben an König Hänschen, sie wollten auch Puppen haben. Aber der
Hofsekretär las Hänschen diese Briefe gar nicht erst vor, denn der
Ministerpräsident war sehr böse und hatte es ihm streng verboten.
Vor dem Geschäft standen drei
Tage lang viele Menschen und schauten sich das Geschenk des Königs an, und erst
am vierten Tag wurde die Puppe auf Anordnung des Polizeipräfekten aus dem
Fenster genommen, weil die Straßenbahnen und Autos nicht mehr durchkommen
konnten.
Lange noch sprach man von der
Puppe und von Hänschen, der der kleinen Irene ein so schönes Geschenk gemacht
hatte.
Hänschen stand gewöhnlich um
sieben Uhr auf, wusch sich selbst, zog sich an, putzte sich die Schuhe und
machte sein Bett. Diese Gewohnheit hatte noch Hänschens Urgroßvater, der kühne
König Paul der Siegreiche, eingeführt. Nachdem Waschen und Anziehen trank
Hänschen sein Gläschen Lebertran und setzte sich an den Frühstückstisch, doch durfte
dies nicht länger dauern als sechzehn Minuten und fünfunddreißig Sekunden. So
lange hatte nämlich Hänschens hervorragender Großvater, der gute König Julius
der Tugendreiche, gefrühstückt. Dann ging Hänschen in den Thronsaal, wo es sehr
kalt war, und empfing die Minister. Im Thronsaal gab es keinen Ofen, denn die
verständige Anna die Fromme, die Urgroßmutter des Königs Hänschen, war hier
einmal beinahe erstickt, als sie noch klein war; und zur Erinnerung an ihre
glückliche Rettung war beschlossen worden — so stand es auch im Hofzeremoniell
— im Thronsaal dürfe ganze fünfhundert Jahre lang kein Ofen stehen.
Da saß nun also Hänschen auf
seinem Thron und klapperte vor Kälte mit den Zähnen. Und die Minister erzählten
ihm, was im Staate los war. Das machte gar keinen Spaß, denn — ich weiß nicht
warum — alle Nachrichten waren traurig.
Der Außenminister erzählte, wer
sich über den Staat ärgerte und wer sich mit ihm befreunden wolle — und
Hänschen verstand fast gar nichts davon. Der Kriegsminister zählte auf, wieviele
Festungen zerfallen, wieviel Kanonen entzweigegangen waren, so daß man mit
ihnen überhaupt nicht mehr schießen konnte, und wieviel Soldaten krank waren.
Der Eisenbahnminister erklärte,
man müsse neue Lokomotiven kaufen. Der Bildungsminister beklagte sich, die
Kinder lernten schlecht, kämen zu spät in die Schule, die Jungen rauchten
heimlich Zigaretten und rissen die Seiten aus den Heften heraus. Die Mädchen
zankten und stritten sich, die Jungen rauften miteinander, schmissen mit
Steinen und zerschlügen die Fensterscheiben.
Und der Finanzminister ärgerte
sich ununterbrochen, weil er kein Geld hatte, er wollte weder neue Kanonen noch
neue Maschinen kaufen, denn das wäre alles viel zu teuer.
Dann ging Hänschen in den Park
und konnte dort ein Stündchen lang herumtollen und spielen. Aber so ganz
allein, wie er war, machte ihm das Spiel keinen rechten Spaß.
Also kehrte er ganz gern zum
Unterricht ins Schloß zurück. Hänschen lernte gut, denn er wußte, daß man kein
König sein kann, wenn man nichts weiß. So lernte er denn auch sehr schnell
seinen Namen schreiben, sogar mit einem langen Schnörkel dran. Er mußte
Französisch und andere Sprachen lernen, damit er mit anderen Königen sprechen
konnte, wenn er einmal zu ihnen auf Besuch fahren würde.
Hänschen hätte noch lieber und
besser gelernt, wenn er hätte alles fragen können, was ihm so durch den Kopf
ging.
Lange Zeit hatte Hänschen
darüber nachgedacht, ob man nicht ein Brennglas erfinden könnte, das aus weiter
Entfernung Schießpulver anzünden würde. Wenn Hänschen so ein Glas besäße, dann
würde er allen Königen den Krieg erklären und am Tag vor der Schlacht alle
feindlichen Pulverkammern in die Luft jagen. Dann müßte er den Krieg gewinnen,
weil ja nur er allein Schießpulver hatte. Und dann wäre er sofort ein großer König,
obwohl er doch noch so klein war. Aber der Lehrer zog nur die Schultern hoch
und gab ihm keine Antwort.
Ein andermal fragte Hänschen,
ob es nicht möglich wäre, daß ein Vater bei seinem Tode dem Sohn seinen
Verstand hinterläßt. Hänschens Vater, Stefan der Vernünftige, war sehr klug
gewesen. Und nun saß Hänschen auf demselben Thron und trug dieselbe Krone, aber
er mußte ganz von Anfang an alles wieder lernen und wußte nicht einmal, ob er
irgendwann einmal so viel können würde wie sein Vater. So aber hätte er mit
Krone und Thron auch gleich den Mut vom Urgroßvater Paul dem Siegreichen, die
Frömmigkeit seiner Urgroßmutter und das ganze Wissen seines Vaters geerbt.
Aber auch diese Frage blieb
unbeantwortet.
Lange Zeit hindurch dachte
Hänschen darüber nach, ob man nicht irgendwoher eine Tarnkappe bekommen könnte.
Das wäre fein: Hänschen hätte sich dann so eine Mütze aufsetzen und überall
hingehen können, ohne daß ihn jemand sehen konnte.
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