Stattdessen öffnete sie ihr Fenster einen Spalt weit, kramte eine Zigarette heraus und zündete sie an. Als sie wieder aufblickte, hatten sich zwei Blondinen an die beiden Versager herangemacht, und alle vier schienen in bester Stimmung.

Zeit, um ein bisschen nett zueinander zu sein. Zeit zum Feiern und für den Nachtisch. Die besten Hühnchen in L.A.

Sie schaute ihnen nach, als sie das Motel betraten, und hörte die Tür zuknallen. Ein Wunder, dass es so etwas wie das Cock-a-doodle-do überhaupt gab. Nichts lief im Verborgenen ab, und selbst ein Blinder mit Krückstock hätte auf Anhieb erkannt, was das hier für ein Laden war. Sie saß nun schätzungsweise schon seit einer halben Stunde hier. Zwei Bullenwagen waren vorbeigefahren. Einer war sogar in den Parkplatz eingebogen und hatte mit laufendem Motor gewartet, während einer der beiden Polizisten ins Lokal lief, um etwas Essbares zum Mitnehmen zu holen.

Alles nur eine Geldfrage, dachte sie. Ohne Moos nichts los. Man brauchte nur die richtigen Leute zu schmieren, die Hähnchen einzukaufen und sie zu grillen. Und dann war noch eine kleine Dreingabe für besagten Nachtisch fällig.

Sie zog noch einmal an ihrer Zigarette und achtete darauf, den Qualm aus dem Fenster zu pusten. Dabei hoffte sie, dass es keinen Ärger geben würde, weil sie zum Rauchen nicht ausgestiegen war. Im nächsten Moment hörte sie einen Geländewagen und roch seine Abgase. Als die Nebelscheinwerfer durch das Wageninnere schweiften, kniff sie die Augen zusammen.

Es war ein grellroter Hummer oder vielleicht sogar ein Land Rover. Wegen des grellen Lichts konnte sie das nicht genau feststellen. Aber eigentlich war die Farbe egal. Sie verabscheute Geländewagen grundsätzlich, und dasselbe galt für die Idioten, die darin herumkurvten. Wenn sie jetzt auf dem Freeway gewesen wäre und so ein Arschloch bemerkt hätte, hätte sie ihm mit dem größten Vergnügen den Stinkefinger gezeigt.

Die verdammten Geländewagen waren nämlich schuld daran, dass es in Malibu jetzt schneite.

Sie lauschte, als die überdimensionalen Reifen knirschend über den Kies rollten. Das Ungetüm fuhr weiter und parkte irgendwo hinter ihr ein. Die Scheinwerfer gingen aus, und der spritdurstige Motor verstummte. Sie hörte, wie jemand »Jingle Bells« sang, eine leise, heisere Stimme, die die Hintergrundgeräusche übertönte. Nach einer Weile öffnete sich die Wagentür, und ein Mann stieg aus. Allerdings hatte er nicht viel Ähnlichkeit mit dem Weihnachtsmann.

Offen gestanden war er sogar recht attraktiv, ja, beinahe niedlich, schätzungsweise knapp eins achtzig groß mit kurzem blondem Haar. Außerdem war er für ihren Geschmack etwa im richtigen Alter. Mitte bis Ende dreißig, also kein Milchbubi mehr. Doch am besten gefiel ihr, dass er trotz der kalten Nacht keine Jacke trug, sondern nur Jeans und ein T-Shirt. Sie sah seine Muskeln, als er eine Büchertasche schulterte. Seinen straffen Bauch, die kräftigen Beine und die glatte, sonnengebräunte Haut. Je länger sie ihn betrachtete, desto mehr erinnerte er sie an einen Schauspieler, dessen Namen sie vergessen hatte.