Talbot.

Die Königin setzt sich.

 

BURLEIGH.

Ruhmvolle Königin! Du krönest heut

Die heißen Wünsche deines Volks. Nun erst

Erfreun wir uns der segenvollen Tage,

Die du uns schenkst, da wir nicht zitternd mehr

In eine stürmevolle Zukunft schauen.

Nur eine Sorge kümmert noch dies Land,

 

Ein Opfer ists, das alle Stimmen fodern.

Gewähr auch dieses, und der heutge Tag

Hat Englands Wohl auf immerdar gegründet.

ELISABETH.

Was wünscht mein Volk noch? Sprecht, Mylord.

BURLEIGH.

Es fodert

Das Haupt der Stuart – Wenn du deinem Volk

Der Freiheit köstliches Geschenk, das teuer

Erworbne Licht der Wahrheit willst versichern,

So muß sie nicht mehr sein – Wenn wir nicht ewig

Für dein kostbares Leben zittern sollen,

So muß die Feindin untergehn! – Du weißt es,

Nicht alle deine Briten denken gleich,

Noch viele heimliche Verehrer zählt

Der römsche Götzendienst auf dieser Insel.

Die alle nähren feindliche Gedanken,

Nach dieser Stuart steht ihr Herz, sie sind

Im Bunde mit den lothringischen Brüdern,

Den unversöhnten Feinden deines Namens.

Dir ist von dieser wütenden Partei

Der grimmige Vertilgungskrieg geschworen,

Den man mit falschen Höllenwaffen führt.

Zu Reims, dem Bischofssitz des Kardinals,

Dort ist das Rüsthaus, wo sie Blitze schmieden,

Dort wird der Königsmord gelehrt – Von dort

Geschäftig senden sie nach deiner Insel

Die Missionen aus, entschloßne Schwärmer,

In allerlei Gewand vermummt – Von dort

Ist schon der dritte Mörder ausgegangen,

Und unerschöpflich, ewig neu erzeugen

Verborgne Feinde sich aus diesem Schlunde.

– Und in dem Schloß zu Fotheringhay sitzt

Die Ate dieses ewgen Kriegs, die mit

Der Liebesfackel dieses Reich entzündet.

Für sie, die schmeichelnd jedem Hoffnung gibt,

Weiht sich die Jugend dem gewissen Tod –

Sie zu befreien, ist die Losung, sie

Auf deinen Thron zu setzen, ist der Zweck.

Denn dies Geschlecht der Lothringer erkennt

Dein heilig Recht nicht an, du heißest ihnen

Nur eine Räuberin des Throns, gekrönt

Vom Glück! Sie warens, die die Törichte

Verführt, sich Englands Königin zu schreiben.

Kein Friede ist mit ihr und ihrem Stamm!

Du mußt den Streich erleiden oder führen.

Ihr Leben ist dein Tod! Ihr Tod dein Leben!

ELISABETH.

Mylord! Ein traurig Amt verwaltet Ihr.

Ich kenne Eures Eifers reinen Trieb,

Weiß, daß gediegne Weisheit aus Euch redet,

Doch diese Weisheit, welche Blut befiehlt,

Ich hasse sie in meiner tiefsten Seele.

Sinnt einen mildern Rat aus – Edler Lord

Von Shrewsbury! Sagt Ihr uns Eure Meinung.

TALBOT.

Du gabst dem Eifer ein gebührend Lob,

Der Burleighs treue Brust beseelt – Auch mir,

Strömt es mir gleich nicht so beredt vom Munde,

Schlägt in der Brust kein minder treues Herz.

Mögst du noch lange leben, Königin,

Die Freude deines Volks zu sein, das Glück

Des Friedens diesem Reiche zu verlängern.

So schöne Tage hat dies Eiland nie

Gesehn, seit eigne Fürsten es regieren.

Mög es sein Glück mit seinem Ruhme nicht

Erkaufen! Möge Talbots Auge wenigstens

Geschlossen sein, wenn dies geschieht!

ELISABETH.

Verhüte Gott, daß wir den Ruhm befleckten!

TALBOT.

Nun dann, so wirst du auf ein ander Mittel sinnen,

Dies Reich zu retten – denn die Hinrichtung

Der Stuart ist ein ungerechtes Mittel.

Du kannst das Urteil über die nicht sprechen,

Die dir nicht untertänig ist.

ELISABETH.

So irrt

Mein Staatsrat und mein Parlament, im Irrtum

Sind alle Richterhöfe dieses Landes,

Die mir dies Recht einstimmig zuerkannt –

TALBOT.

Nicht Stimmenmehrheit ist des Rechtes Probe,

England ist nicht die Welt, dein Parlament

Nicht der Verein der menschlichen Geschlechter.

Dies heutge England ist das künftge nicht,

Wie's das vergangne nicht mehr ist – Wie sich

Die Neigung anders wendet, also steigt

Und fällt des Urteils wandelbare Woge.

Sag nicht, du müssest der Notwendigkeit

Gehorchen und dem Dringen deines Volks.

Sobald du willst, in jedem Augenblick

Kannst du erproben, daß dein Wille frei ist.

Versuchs! Erkläre, daß du Blut verabscheust,

Der Schwester Leben willst gerettet sehn,

Zeig denen, die dir anders raten wollen,

Die Wahrheit deines königlichen Zorns,

Schnell wirst du die Notwendigkeit verschwinden

Und Recht in Unrecht sich verwandeln sehn.

Du selbst mußt richten, du allein. Du kannst dich

Auf dieses unstet schwanke Rohr nicht lehnen.

Der eignen Milde folge du getrost.

Nicht Strenge legte Gott ins weiche Herz

Des Weibes – Und die Stifter dieses Reichs,

Die auch dem Weib die Herrscherzügel gaben,

Sie zeigten an, daß Strenge nicht die Tugend

Der Könige soll sein in diesem Lande.

ELISABETH.

Ein warmer Anwalt ist Graf Shrewsbury

Für meine Feindin und des Reichs. Ich ziehe

Die Räte vor, die meine Wohlfahrt lieben.

TALBOT.

Man gönnt ihr keinen Anwalt, niemand wagts,

Zu ihrem Vorteil sprechend, deinem Zorn

Sich bloßzustellen- So vergönne mir,

Dem alten Manne, den am Grabesrand

Kein irdisch Hoffen mehr verführen kann,

Daß ich die Aufgegebene beschütze.

Man soll nicht sagen, daß in deinem Staatsrat

Die Leidenschaft, die Selbstsucht eine Stimme

Gehabt, nur die Barmherzigkeit geschwiegen.

Verbündet hat sich alles wider sie,

Du selber hast ihr Antlitz nie gesehn,

Nichts spricht in deinem Herzen für die Fremde.

– Nicht ihrer Schuld red ich das Wort. Man sagt,

Sie habe den Gemahl ermorden lassen,

Wahr ists, daß sie den Mörder ehlichte.

Ein schwer Verbrechen! – Aber es geschah

In einer finster unglücksvollen Zeit,

Im Angstgedränge bürgerlichen Kriegs,

Wo sie, die Schwache, sich umrungen sah

Von heftigdringenden Vasallen, sich

Dem Mutvollstärksten in die Arme warf –

Wer weiß, durch welcher Künste Macht besiegt?

Denn ein gebrechlich Wesen ist das Weib.

ELISABETH.

Das Weib ist nicht schwach. Es gibt starke Seelen

In dem Geschlecht – Ich will in meinem Beisein

Nichts von der Schwäche des Geschlechtes hören.

TALBOT.

Dir war das Unglück eine strenge Schule.

Nicht seine Freudenseite kehrte dir

Das Leben zu. Du sahest keinen Thron

Von ferne, nur das Grab zu deinen Füßen.

Zu Woodstock wars und in des Towers Nacht,

Wo dich der gnädge Vater dieses Landes

Zur ersten Pflicht durch Trübsal auferzog.

Dort suchte dich der Schmeichler nicht. Früh lernte,

Vom eiteln Weltgeräusche nicht zerstreut,

Dein Geist sich sammeln, denkend in sich gehn,

Und dieses Lebens wahre Güter schätzen.

– Die Arme rettete kein Gott. Ein zartes Kind

Ward sie verpflanzt nach Frankreich, an den Hof

Des Leichtsinns, der gedankenlosen Freude.

Dort in der Feste ewger Trunkenheit,

Vernahm sie nie der Wahrheit ernste Stimme.

Geblendet ward sie von der Laster Glanz,

Und fortgeführt vom Strome des Verderbens.

Ihr ward der Schönheit eitles Gut zuteil,

Sie überstrahlte blühend alle Weiber,

Und durch Gestalt nicht minder als Geburt – –

ELISABETH.

Kommt zu Euch selbst, Mylord von Shrewsbury!

Denkt, daß wir hier im ernsten Rate sitzen.

Das müssen Reize sondergleichen sein,

Die einen Greis in solches Feuer setzen.

– Mylord von Leicester! Ihr allein schweigt still?

Was ihn beredt macht, bindets Euch die Zunge?

LEICESTER.

Ich schweige für Erstaunen, Königin,

Daß man dein Ohr mit Schrecknissen erfüllt,

Daß diese Märchen, die in Londons Gassen

Den gläubgen Pöbel ängsten, bis herauf

In deines Staatsrats heitre Mitte steigen,

Und weise Männer ernst beschäftigen.

Verwunderung ergreift mich, ich gestehs,

Daß diese länderlose Königin

Von Schottland, die den eignen kleinen Thron

Nicht zu behaupten wußte, ihrer eignen

Vasallen Spott, der Auswurf ihres Landes,

Dein Schrecken wird auf einmal im Gefängnis!

– Was, beim Allmächtgen! machte sie dir furchtbar?

Daß sie dies Reich in Anspruch nimmt, daß dich

Die Guisen nicht als Königin erkennen?

Kann dieser Guisen Widerspruch das Recht

Entkräften, das Geburt dir gab, der Schluß

Der Parlamente dir bestätigte?

Ist sie durch Heinrichs letzten Willen nicht

Stillschweigend abgewiesen, und wird England,

So glücklich im Genuß des neuen Lichts,

Sich der Papistin in die Arme werfen?

Von dir, der angebeteten Monarchin,

Zu Darnleys Mörderin hinüberlaufen?

Was wollen diese ungestümen Menschen,

Die dich noch lebend mit der Erbin quälen,

Dich nicht geschwind genug vermählen können,

Um Staat und Kirche von Gefahr zu retten?

Stehst du nicht blühend da in Jugendkraft,

Welkt jene nicht mit jedem Tag zum Grabe?

Bei Gott! Du wirst, ich hoffs, noch viele Jahre

Auf ihrem Grabe wandeln, ohne daß

Du selber sie hinabzustürzen brauchtest –

BURLEIGH.

Lord Leicester hat nicht immer so geurteilt.

LEICESTER.

Wahr ists, ich habe selber meine Stimme

Zu ihrem Tod gegeben im Gericht.

– Im Staatsrat sprech ich anders. Hier ist nicht

Die Rede von dem Recht, nur von dem Vorteil.

Ists jetzt die Zeit, von ihr Gefahr zu fürchten,

Da Frankreich sie verläßt, ihr einzger Schutz,

Da du den Königssohn mit deiner Hand

Beglücken willst, die Hoffnung eines neuen

Regentenstammes diesem Lande blüht?

Wozu sie also töten? Sie ist tot!

Verachtung ist der wahre Tod. Verhüte,

Daß nicht das Mitleid sie ins Leben rufe!

Drum ist mein Rat: Man lasse die Sentenz,

Die ihr das Haupt abspricht, in voller Kraft

Bestehn! Sie lebe – aber unterm Beile

Des Henkers lebe sie, und schnell, wie sich

Ein Arm für sie bewaffnet, fall es nieder.

ELISABETH steht auf.

Mylords, ich hab nun eure Meinungen

Gehört, und sag euch Dank für euren Eifer.

Mit Gottes Beistand, der die Könige

Erleuchtet, will ich eure Gründe prüfen,

Und wählen, was das Bessere mir dünkt.

 

 

Vierter Auftritt

Die Vorigen. Ritter Paulet mit Mortimern.

 

ELISABETH.

Da kommt Amias Paulet. Edler Sir,

Was bringt Ihr uns?

PAULET.

Glorwürdge Majestät!

Mein Neffe, der ohnlängst von weiten Reisen

Zurückgekehrt, wirft sich zu deinen Füßen

Und leistet dir sein jugendlich Gelübde.

Empfange du es gnadenvoll und laß

Ihn wachsen in der Sonne deiner Gunst.

MORTIMER läßt sich auf ein Knie nieder.

Lang lebe meine königliche Frau,

Und Glück und Ruhm bekröne ihre Stirne!

ELISABETH.

Steht auf. Seid mir willkommen, Sir, in England.

Ihr habt den großen Weg gemacht, habt Frankreich

Bereist und Rom und Euch zu Reims verweilt.

Sagt mir denn an, was spinnen unsre Feinde?

MORTIMER.

Ein Gott verwirre sie und wende rückwärts

Auf ihrer eignen Schützen Brust die Pfeile,

Die gegen meine Königin gesandt sind.

ELISABETH.

Saht Ihr den Morgan und den ränkespinnenden

Bischof von Roße?

MORTIMER.

Alle schottische

Verbannte lernt ich kennen, die zu Reims

Anschläge schmieden gegen diese Insel.

In ihr Vertrauen stahl ich mich, ob ich

Etwa von ihren Ränken was entdeckte.

PAULET.

Geheime Briefe hat man ihm vertraut,

In Ziffern, für die Königin von Schottland,

Die er mit treuer Hand uns überliefert.

ELISABETH.

Sagt, was sind ihre neuesten Entwürfe?

MORTIMER.

Es traf sie alle wie ein Donnerstreich,

Daß Frankreich sie verläßt, den festen Bund

Mit England schließt, jetzt richten sie die Hoffnung

Auf Spanien.

ELISABETH.

So schreibt mir Walsingham.

MORTIMER.

Auch eine Bulle, die Papst Sixtus jüngst

Von Vatikane gegen dich geschleudert,

Kam eben an zu Reims, als ichs verließ,

Das nächste Schiff bringt sie nach dieser Insel.

LEICESTER.

Vor solchen Waffen zittert England nicht mehr.

BURLEIGH.

Sie werden furchtbar in des Schwärmers Hand.

ELISABETH Mortimern forschend ansehend.

Man gab Euch Schuld, daß Ihr zu Reims die Schulen

Besucht und Euren Glauben abgeschworen?

MORTIMER.

Die Miene gab ich mir, ich leugn es nicht,

So weit ging die Begierde, dir zu dienen!

ELISABETH zu Paulet, der ihr Papiere überreicht.

Was zieht Ihr da hervor?

PAULET.

Es ist ein Schreiben,

Das dir die Königin von Schottland sendet.

BURLEIGH hastig darnach greifend.

Gebt mir den Brief.

PAULET gibt das Papier der Königin.

Verzeiht, Lord Großschatzmeister!

In meiner Königin selbsteigne Hand,

Befahl sie mir, den Brief zu übergeben.

Sie sagt mir stets, ich sei ihr Feind. Ich bin

Nur ihrer Laster Feind, was sich verträgt

Mit meiner Pflicht, mag ich ihr gern erweisen.

 

Die Königin hat den Brief genommen. Während sie ihn liest, sprechen Mortimer und Leicester einige Worte heimlich miteinander.

 

BURLEIGH zu Paulet.

Was kann der Brief enthalten? Eitle Klagen,

Mit denen man das mitleidsvolle Herz

Der Königin verschonen soll.

PAULET.

Was er

Enthält, hat sie mir nicht verhehlt. Sie bittet

Um die Vergünstigung, das Angesicht

Der Königin zu sehen.

BURLEIGH schnell.

Nimmermehr!

TALBOT.

Warum nicht? Sie erfleht nichts Ungerechtes.

BURLEIGH.

Die Gunst des königlichen Angesichts

Hat sie verwirkt, die Mordanstifterin,

Die nach dem Blut der Königin gedürstet.

Wers treu mit seiner Fürstin meint, der kann

Den falsch verräterischen Rat nicht geben.

TALBOT.

Wenn die Monarchin sie beglücken will,

Wollt Ihr der Gnade sanfte Regung hindern?

BURLEIGH.

Sie ist verurteilt! Unterm Beile liegt

Ihr Haupt. Unwürdig ists der Majestät,

Das Haupt zu sehen, das dem Tod geweiht ist.

Das Urteil kann nicht mehr vollzogen werden,

Wenn sich die Königin ihr genahet hat,

Denn Gnade bringt die königliche Nähe –

ELISABETH nachdem sie den Brief gelesen, ihre Tränen trocknend.

Was ist der Mensch! Was ist das Glück der Erde!

Wie weit ist diese Königin gebracht,

Die mit so stolzen Hoffnungen begann,

Die auf den ältsten Thron der Christenheit

Berufen worden, die in ihrem Sinn

Drei Kronen schon aufs Haupt zu setzen meinte!

Welch andre Sprache führt sie jetzt als damals,

Da sie das Wappen Englands angenommen,

Und von den Schmeichlern ihres Hofs sich Königin

Der zwei britannschen Inseln nennen ließ!

– Verzeiht, Mylords, es schneidet mir ins Herz,

Wehmut ergreift mich und die Seele blutet,

Daß Irdisches nicht fester steht, das Schicksal

Der Menschheit, das entsetzliche, so nahe

An meinem eignen Haupt vorüberzieht.

TALBOT.

O Königin! Dein Herz hat Gott gerührt,

Gehorche dieser himmlischen Bewegung!

Schwer büßte sie fürwahr die schwere Schuld,

Und Zeit ists, daß die harte Prüfung ende!

Reich ihr die Hand, der Tiefgefallenen,

Wie eines Engels Lichterscheinung steige

In ihres Kerkers Gräbernacht hinab –

BURLEIGH.

Sei standhaft, große Königin. Laß nicht

Ein lobenswürdig menschliches Gefühl

Dich irreführen. Raube dir nicht selbst

Die Freiheit, das Notwendige zu tun.

Du kannst sie nicht begnadigen, nicht retten,

So lade nicht auf dich verhaßten Tadel,

Daß du mit grausam höhnendem Triumph

Am Anblick deines Opfers dich geweidet.

LEICESTER.

Laßt uns in unsern Schranken bleiben, Lords.

Die Königin ist weise, sie bedarf

Nicht unsers Rats, das Würdigste zu wählen.

Die Unterredung beider Königinnen

Hat nichts gemein mit des Gerichtes Gang.

Englands Gesetz, nicht der Monarchin Wille,

Verurteilt die Maria. Würdig ists

Der großen Seele der Elisabeth,

Daß sie des Herzens schönem Triebe folge,

Wenn das Gesetz den strengen Lauf behält.

ELISABETH.

Geht, meine Lords. Wir werden Mittel finden,

Was Gnade fodert, was Notwendigkeit

Uns auferlegt, geziemend zu vereinen.

Jetzt – tretet ab!

 

Die Lords gehen. An der Türe ruft sie den Mortimer zurück.

 

Sir Mortimer! Ein Wort!

 

 

Fünfter Auftritt

Elisabeth. Mortimer.

 

ELISABETH nachdem sie ihn einige Augenblicke forschend mit den Augen gemessen.

Ihr zeigtet einen kecken Mut und seltne

Beherrschung Eurer selbst für Eure Jahre.

Wer schon so früh der Täuschung schwere Kunst

Ausübte, der ist mündig vor der Zeit,

Und er verkürzt sich seine Prüfungsjahre.

– Auf eine große Bahn ruft Euch das Schicksal,

Ich prophezei es Euch, und mein Orakel

Kann ich, zu Eurem Glücke! selbst vollziehn.

MORTIMER.

Erhabene Gebieterin, was ich

Vermag und bin, ist deinem Dienst gewidmet.

ELISABETH.

Ihr habt die Feinde Englands kennenlernen.

Ihr Haß ist unversöhnlich gegen mich,

Und unerschöpflich ihre Blutentwürfe.

Bis diesen Tag zwar schützte mich die Allmacht,

Doch ewig wankt die Kron auf meinem Haupt,

Solang sie lebt, die ihrem Schwärmereifer

Den Vorwand leiht und ihre Hoffnung nährt.

MORTIMER.

Sie lebt nicht mehr, sobald du es gebietest.

ELISABETH.

Ach Sir! Ich glaubte mich am Ziele schon

Zu sehn, und bin nicht weiter als am Anfang.

Ich wollte die Gesetze handeln lassen,

Die eigne Hand vom Blute rein behalten.

Das Urteil ist gesprochen.