Also wollen wir lieber das Geld behalten und uns schicken!«

Sie wollte wieder einen Blick auf ihre Zwillinge werfen, fand sie aber nicht, weshalb ihre Augen dieselben sogleich suchten.

Die zwei Salanderfräulein hatten ihren Bruder Arnold im Innern des Gehölzes nicht lang gesucht, sondern nur ein paarmal gerufen, und waren dann wieder unter die vorderen Bäume gekommen, wo sie, einander um die Hüften fassend, Schwesterliebe oder Mädchenfreundschaft darstellend, auf und ab spazierten, begleitet von den Zwillingen links und rechts.

Die Mama Weidelich nahm den Aufzug wahr.

»Seht doch!« sagte sie gerührt, »wie lieblich die jungen Leutchen dort spazierengehen! Man könnte glauben, es seien zwei Brautpärchen!«

»Ei freilich, warum nicht,« meinte Frau Salander lachend, »die Mädchen wären wenigstens alt genug für die Knaben, und zu wachsen brauchten sie auch nicht mehr!«

»Das hat nichts auf sich!« rief wiederum die andere Mutter; »meine Buben werden Bursche abgeben, aus denen man zwei machen kann vom Stück!«

Frau Marie fühlte sich von diesen Scherzen nicht angenehm berührt; als sie daher nach den Kindern sah und bemerkte, wie dieselben im Begriffe waren, mit dem Beginne eines Walzers wieder nach der Mitte der Tanzwiese abzuschwenken, jede der Töchter am Arm eines der Zwillinge, stand sie rasch auf und holte sie ein.

»Was fällt euch ein, Setti, Netti!« rief sie den Mädchen in entschiedenem Tone zu, »daß ihr wieder anfangen wollt, während die Sonne untergegangen ist und wir bald fortgehen werden? Kommt nur gleich mit und nehmt euere Sachen zusammen!«

Die Mädchen ließen ihre Knaben ohne sichtbare Trauer gehorsam fahren; die letzteren aber erröteten und waren verlegen, was der Frau nicht entging und sie ein bißchen ärgerte; denn es schien ihr nicht schicklich, daß die Bürschchen rot zu werden brauchten. Sie spielten mit ihren silbernen Uhrkettchen, folgten aber den Frauen zu den Tischen.

Ihre Mutter empfing sie mit leuchtenden Blicken.

»Was ist das für eine Aufführung, ihr Tausendkerle,« rief sie ihnen zu, »mit den Jungfern zu tanzen, und wo habt ihr es nur gelernt?«

»Hei, das weißt du ja wohl, Mama, in der Tanzstunde!«

»Schweigt! Freilich weiß ich's! Danket Gott, daß ihr Eltern habt, die soviel für euch tun und alles aufwenden, was sie vermögen! Und der Vater arbeitet von früh bis spät; jahraus und -ein plagt er sich, kauft Land und pflanzt und schwitzt, und im Winter läßt er es aus Frankreich und bis aus Algier kommen! Denn er sagt, die Kosten gehen erst recht an, wenn ihr Studenten seid, da müsse es zu Tausenden parat liegen! Herr Salander, ich hab gehört, daß Ihr jeden Augenblick Ratsherr werden könntet, wenn Ihr wolltet. Nun, Ihr seid Kaufherr, das ist auch schön, und eine Art milder Ratsherr noch dazu! Aber ein paar so studierte Räte oder Fürspreche oder Pfarrherren, wie die zwei Schlingel da, ist doch auch nicht übel?«

Mit glückseligen Augen blinzelte sie die Söhne an, welche sich den Wein eingeschenkt hatten, der noch in der Flasche gewesen, und sich weidlich den Durst löschten.

»Trinkt und eßt,« rief sie, »und mög es euch gut tun! Soll ich noch eine Halbe befehlen?«

Die Knaben verneinten es, da sie noch nicht einmal in das Alter vorgerückt, in welchem man über Durst zu trinken gelernt hat.

»Nun denn, so wollen wir aufbrechen, die Suppe wird bald fertig sein und der Vater die Milch auch besorgt haben. Dann geht er noch zum Sonntagsschöppchen, und das ist ihm wohl zu gönnen! Kommt, macht vorwärts, ihr Sapperlöter! Ich will wetten, wenn ihr einmal die weißen Mützen tragt, oder auch rote, so denkt ihr, die halben Nächte lang nicht heimzukommen! Aber wartet nur, wartet nur! Man wird euch die Schneckentänze vertreiben! Jetzt empfehle ich mich höflich dem Herrn und der Frau, und freut mich sehr der werten Bekanntschaft, hoffentlich nicht das letzte Mal, und denen Jungfern – heda, ihr Buben, bedankt ihr euch nicht für die schöne Unterhaltung, und steht dort wie Opferstöcke?«

Die Knaben ließen sich blöder und unbeholfener herbei, als sich nach ihrem kecken Tanzen hätte vermuten lassen, um den Mädchen die Hände zu geben und gute Nacht zu sagen. Endlich zog die glückliche Mutter mit den Söhnen von dannen, und es wurde nun stiller.

Martin Salander wünschte noch ein wenig auszuruhen, da er einen dreistündigen Marsch hinter sich hatte; der Sohn Arnold, der mit einer buschigen Handvoll Waldpflanzen eintraf, warf sie auf den Tisch, um sie zu ordnen, und entdeckte, daß er mit Trank und Speise zu kurz gekommen sei, wodurch er den Vorteil erreichte, mit dem Vater extra einen Schoppen auszustechen, da Mutter und Schwestern nur Milch mit eingebrocktem Brot gegessen hatten.

Salander fragte, wie sie denn in die Gesellschaft dieser Familie Weidelich geraten seien?

»Das weiß ich selber kaum!« sagte Frau Marie, »wir hatten soeben hier Platz genommen, als wir auf einmal mittendrin waren. Arnold kennt, wie es scheint, die jungen Herren!«

»Ich habe sie früher schon im Scherz gefragt,« erzählte nun Arnold, »ob sie auch noch wüßten, wie sie als kleine Buben am Brunnen im Zeisig einen andern mit Wasser gespitzt haben, weil er zu seiner Mutter nicht Mama sagte. Das dünkte sie sehr lustig, und sie haben es ohne Zweifel zu Hause wiedererzählt, wo man sich der Begebenheit auch erinnert haben mag. Heute haben sie, wie ich bemerkte, ihrer Mutter sogleich zugesteckt, ich sei jener Junge, und wir alle seien die Leute von der Kreuzhalde, von denen nachher soviel die Rede gewesen.«

»Dann kam sie heran,« fuhr die Mutter fort, »machte sich an mich und hatte keine Ruhe, als die armen Musikanten laut wurden, bis ihre Knaben ihre Tanzkunst zeigen durften, was unsern beiden Springmäusen da, versteht sich, ganz genehm war!«

»Sie tanzen aber auch schon sehr gut«, riefen Setti und Netti, »und nehmen jetzt noch Tanzstunden!«

»Gott sei Dank!« versetzte Frau Marie, »ich sehe sie deswegen doch noch, wie sie die Mäuler aussperrten damals, als wir hungerten, und die Reste verschlangen, auf die wir so sehnlich harrten!«

»Ach, es waren ja Kinder! Wir hätten's auch hinuntergeschluckt, wenn man uns Butterbrötchen mit Honig in den Mund steckte!« meinten die Mädchen.

»Solche Zwillinge sind doch unbequem und vexierlich,« sagte der Vater, »ich kann diese wenigstens gar nicht voneinander unterscheiden!«

»Oh, sie haben doch ihre Abzeichen!« rief Netti fast vorlaut; »das linke Ohrläppchen des Julian ist ein bißchen in sich gewickelt, etwa wie ein Stücklein Spritzkuchen, ganz appetitlich! Ich sah es, wenn sein welliges Haar auf und nieder schlug.«

»Das ist ja merkwürdig!« fiel Setti ein, »der andere, Isidor heißt er, glaub ich, hat das rechte Ohrläppchen genauso wie ein Eiernudelchen!«

»Wissenschaftlich höchst merkwürdig!« erklärte der Bruder mit schalkhafter Trockenheit, »das sind einfach entweder die Überbleibsel einer untergegangenen Form oder die Anfänge einer neuen, zukünftigen! Laßt eure Ohrläppchen untersuchen, Mädchen! Wenn ihr Ähnliches aufweiset, so nehmt euch in acht, sonst wählen euch die Zwillinge zu ihren Frauen, um nach der Selektionstheorie eine neue Art von wickelohrigen Menschen zu stiften! Oder heiratet sie lieber gleich freiwillig!«

Die Mutter hielt ihm die Hand über den Mund, da er neben ihr saß, und rief: »Schweig, du Nichtsnutz, wenn du nichts Gescheiteres aus der Schule zu schwatzen weißt als solche Possen!« Der Vater aber lachte und sagte: »Das hast du gut gemacht, Arnold! Und jetzt wollen wir auch heimwandern, sonst wird es zu dunkel; denn wir haben Neumond, aber die Sterne kommen schön, seht doch, einer nach dem andern!«

 

VIII

 

Die Söhne Weidelich fuhren fort, kräftig emporzuwachsen und leiblich zu gedeihen; sie gingen in guter Haltung einher, voll sichtlicher Zufriedenheit mit dem Aufsehen, das sie erregten, wenn sie beisammen waren. Auch an geistigen Gaben litten sie nicht eben Mangel, wohl aber an der Ausdauer, die vorgenommenen Studien zu vollenden. Als sie in die oberen Klassen rückten und das Leben und Lernen ihnen täglich ernster und tiefsinniger wurde, war Julian der erste, der nicht mehr »wollte«. Er sprang ab und ging auf die Schreibstube eines Notars. Isidor hielt aus, bis zum Schlusse, machte aber die Prüfungen zum Übergang an die Hochschule nicht mehr mit, sondern besuchte als sogenannter Zuhörer ein halbes Jahr lang einige juristische Vorlesungen und stand dann auch auf einer Notariatskanzlei unter.

Beide besaßen eine regelmäßig schöne Handschrift, wie sie der angehenden Gelehrsamkeit, die andere Bedürfnisse hat, sonst nicht eigen zu bleiben pflegt, und beide liebten gleichmäßig, sich im Malen kalligraphischer Kunststücke zu ergehen. Sie erwiesen sich als sehr brauchbar in den vorkommenden Geschäften und eigneten sich durch die tägliche Erfahrung beinahe spielend die diesem Kanzleiwesen zugrunde liegenden Kenntnisse an.

Dem Vater Weidelich wollte ein solcher Ausgang zwar nicht gefallen; er fragte, ob das die ganze Herrlichkeit sei, die man habe erreichen wollen? Die Mama hingegen war höchlich zufrieden. »Die Buben sind klüger als wir,« sagte sie, »die wissen schon, wo sie hinaus müssen! Können sie nicht alles, was man ihnen zu tun gibt? Warum sollen sie sich ihre jungen Köpfe zerbrechen wie andere Narren?«

Und weil sie nun, anstatt fernere unabsehbare Kosten zu verursachen, bereits selber etwas Geld verdienten, fand sich auch der Vater zufriedengestellt und blieb es, als im Alter von knapp zwanzig Jahren die Zwillinge von den Vorgesetzten zu ihren Amtsvertretern befördert wurden und demgemäß bereits gerichtliche Zeugnisse über ihre Wahlfähigkeit als Notare besaßen.

Um diese Zeit ungefähr ereignete es sich, daß ein seltsames Phänomen verliebter Leidenschaft mehr in der Welt war oder ruchbar wurde.

Martin Salander glaubte wahrzunehmen, daß seine zwei Töchter und deren Mutter nicht mehr in einem vertraut unbefangenen Verhältnis zueinander standen, daß die Töchter in einer geheimnisvollen Übereinstimmung zusammenhielten und lebten, die Mutter dagegen von einem tiefen Ernst, wo nicht Kummer, erfüllt schien, den sie nicht immer zu verhehlen wußte, besonders seit sie nicht mehr in ihrer Handlung beschäftigt war. Denn Salander, dessen Hauptverkehr ohne besondere Anstrengung fortwährend ordentlich blühte, vielleicht gerade weil er nicht künstelte und spekulierte, mehr von seinen bürgerlichen Liebhabereien oder Pflichtleistungen eingenommen: Salander mochte nicht länger ansehen, wie Frau Marie ohne alle Not sich als Handelsfrau plagte. Er hatte daher das Filialwesen einem tätigen jungen Kaufmann um gutes Geld überlassen und die treffliche Gattin zur Ruhe gesetzt, was sie sich ohne überflüssige Reden gefallen ließ. Den ganzen Gewinn, der ein schönes Kapital ausmachte, hatte er, ohne Widerspruch zu dulden, zu ihrem längst versicherten Frauengute geschlagen, damit sie unabhängig von ihm selbst und seinem Stern oder Unstern, und im Falle seines Todes auch unabhängig von den Kindern sein sollte in einer unsichern Zeit. Da sie also nun mit Gedanken und Sorgen, die sie drückten, nicht mehr hinter dem Kaufmannspult untertauchen konnte, lag ihr Angesicht offen vor dem Manne, und dieser fragte, was vorgehe?

Wenn die gute Frau reden mochte, so hätte sie es ja von selbst getan. Sie sah vor sich nieder, rieb sich die Hände als ob es sie frösteln würde. Dann sagte sie:

»Ein Ziegel ist uns auf den Kopf gefallen!«

»Ein Ziegel? Von welchem Dache denn?« fragte Martin betreten, da er aus dem Ernste der Gattin auf etwas Bedenkliches, ja Gefährliches schließen mußte.

»Ich kann es doch nicht länger für mich allein verwinden! Unsere Töchter haben eine Liebschaft!«

»Zusammen dieselbe?« fragte der Mann lächelnd, etwas erleichtert, daß es nicht auf Schrecklicheres hinauslief.

Die Frau verharrte in strengem Ernste.

»Nein, es ist eine Doppelliebschaft, kurz und gut, sie haben sich mit den Zwillingsschreibern aus dem Zeisig verlobt!«

»Die Hexen! Wie kommt denn das, wann, wie, wo denn? Da muß ich mich allerdings langsam hineinfinden! Das ist fast eine Nachricht wie ein Dachziegel, wenn es auch nicht gleich ein Loch in den Kopf macht!«

»Mir hat es den Kopf genug durchlöchert. Denke dir doch, zwei Mädchen von fünf- und sechsundzwanzig Jahren wollen zwei zwanzigjährige Zwillinge heiraten! Das ist ein ungehöriges Abenteuer, beides, das Alter und die Zwillinge! Wären es alte Weiber, die sich junge Männer nehmen, so kommt das ja oft vor, man lacht, und damit ist's gut! Aber Mädchen, in der Blüte ihrer Jahre und doch an der Grenze ihrer Jugend stehend, eine solche Wahl treffen, flaumbärtige Gecklein, zwei Schwestern zwei Zwillinge!«

»Nun, es ist schon eine Art Roman und auch mir nicht just angenehm; allein die Liebe macht ja stets fort solche Streiche; sagt man nicht hundertmal, was man erlebe, sei oft krasser als alles, was man erfinde?«

»Ja, ja! Es ist dann auch meistens danach, ich danke dafür! Ach, liebster Mann, wir haben gewiß gefehlt, daß wir die Kinder nirgends in die Welt geschickt haben und auch nichts erlernen ließen, was einem Berufe ähnlich war! Du sagtest, wer Töchter im Hause zu behalten vermöge, der solle es tun, und von Pensionen wolltest du nichts wissen, noch weniger von Berufssachen. Das nanntest du den Ärmeren das Brot vor dem Munde wegnehmen und eine Hungerschluckerei, wo es sich nicht um bestimmte Talente handle, die zu pflegen seien. Du schwärmtest für die freien Töchter des Hauses und für die freien Hausfrauen, welche nicht der Dienstbarkeit zu verfallen brauchen, und ich stimmte dir bei, weil ich selbst von unserm Glück betört war, obgleich ich wußte, wie gut es mir gekommen wäre, wenn ich einstmals einen Beruf gelernt hätte! Du mußt das nicht übelnehmen, es soll nicht der leiseste Vorwurf sein!«

»Ich versteh es auch nicht so, mein liebes Weib, weil ich genau weiß, wie gut du dich durch die Welt schlägst! Daß sie dir auf der Kreuzhalde die Bäume weggeschlagen haben, war nicht deine oder meine Schuld!«

»Lassen wir das; ich will nur sagen, hätten die Mädchen nicht über eine so vollkommene Muße und Freiheit verfügt, so hätten sie schwerlich das widerwärtige Abenteuer zusammen ausspintisiert! Jetzt, was sollen wir mit dem Zwillingsgemüse anfangen? Und die aufgeblasene Waschfrau obendrein!«

»Ei, was die betrifft, so ist es gewiß eine rohe Muschel; aber auch sie birgt die Perle der Muttertreue! Doch mit alledem, erfahre ich nicht, was eigentlich vorgeht. Haben sie sich dir offenbart?«

»Gott bewahre, sie sind ja volljährig! Sie würden die Eltern allerdings zur gutfindenden Zeit begrüßt haben; auch wäre, wie ich sicher glaube, keines der Kinder für sich allein so verschlagen, so rücksichtslos gegen uns gewesen, aber das verwünschte Doppelgespann hat die traurige Geschichte zu einer verschworenen Heimlichkeit gemacht –«

»Liebe Marie,« unterbrach Martin, »wir wollen die Frage der Zulässigkeit einstweilen ruhen lassen! Du kannst doch nicht im Ernste behaupten, daß Zwillinge sich nicht verehelichen dürfen, und ebensowenig, daß es zwei Schwestern, denen sie gefallen, verboten sei, sie zu nehmen.«

»Das behaupte ich alles nicht, ich sage nur, daß es mir in unserem Falle nicht gefällt, nicht konveniert, mich bekümmert, weil es eine ungesunde Laune ist! Denke dir, wie ein paar unreife Knaben unsere erwachsenen Töchter aufs Korn gefaßt und sie förmlich erobert haben, während die törichten Mädchen im Besitze des schönen Geheimnisses die besten Anlässe verschmähten, zu Männern zu kommen! Und wir freuten uns bald ihrer Zurückgezogenheit, wenn sie wie Nonnen hausten und in dunklen Kleidern, verschleiert, einhergingen, bald bedauerten wir, daß sie das junge Leben nicht froher genießen wollten! Freilich, sie haben es auf ihre Weise genossen – du mußt wissen daß die jungen Leutchen Zusammenkünfte halten, wenn es ihnen beliebt; Mondscheinnächte, Sonnenaufgänge im Sommer, lange Spaziergänge im Frühling, im Winter die Eisbahn – unsere alte Magd hat mir alles hinterbracht, nachdem sie jahrelang geschwiegen. Und warum? Weil sie sich mit der Weidelichsfrau auf dem Markte gezankt hat, die ihr schon von obenherab aufspielen wollte. Sie klatschte nämlich, unsere Töchter seien jedenfalls eine halbe Million wert, das Stück, das höre man allenthalben sagen! Diese Schwätzerei und Vertraulichkeit wollte sich die Magdalene doch nicht gefallen lassen, sie gab eine ablehnende Antwort, sie forsche nicht nach, was die Herrschaft besäße und dergleichen, worauf die andere entgegnete, da möge sie als Dienstbote recht haben, sie, die Frau Weidelich, sei eben im Falle, sich eher darum zu kümmern, was diese oder jene Leute für Vermögen hätten. Sie solle nicht zu neugierig sein, sagte wiederum unsere Magd, noch sei nicht aller Tage Abend. Wenn eine Waschfrau aus dem Kalten waschen wolle, so möge sie immerhin zwei Zuber in den Regen hinausstellen, das gebe ein schönes Wasser zum Reinspülen; wenn sie aber eine Million auffangen wolle, so genüge es nicht immer, zwei Zwillinge auf die Welt zu stellen und auf die Suche zu schicken! Worauf sie sich ausschalten, bis es hinreichte und die Magdalene ganz erhitzt nach Hause gelaufen kam und mir alles hinterbrachte und beichtete. Als ich ihr natürlich die Leviten las und sie fortzuschicken drohte, weil sie uns so schmählich und fortgesetzt hintergangen, redete sie sich damit aus, daß die Kinder ihr heilig versprochen hätten, bei erster Gelegenheit die Sache den Eltern selbst zu entdecken, womit sie ja ganz aus dem Spiele käme. Ich habe aber aus dem Zanke auf dem Markte erfahren und bin überzeugt, daß die Mutter der Zwillinge die Urheberin und das Triebrad des ganzen Elendes ist.