Und das geht doch nicht gut. Und dann, was kann denn solche Frau sagen? Alles bringt nur in Verlegenheit.«

»Ach, Hugo, das ist ja lächerlich. Soviel mußt du doch wissen, daß überhaupt bloß Unsinn gesprochen wird.«

»Und dann muß ich sie doch hinbringen, und wenn es aus ist, muß ich sie wieder nach Hause begleiten.«

»Das seh ich nicht ein. Du machst ihnen ein Geschenk und läßt sie ihrer Wege gehn.«

»Gut, du sollst recht haben: ich will es so machen. Du siehst nun, warum ich so benommen war, was du nüchtern nanntest. Von nüchtern keine Rede, eigentlich bin ich aufgeregt, wie wenn ich selber den Kosinsky spielen sollte.«

»Wer weiß, was kommt.«

Und damit brach der Freund wieder auf, weil er noch hunderterlei zu tun und zu bedenken habe. »Bei Philippi sehn wir uns wieder. Und ficht tapfer. Unterlieg ich, so muß ich mich ins Schwert stürzen.«

»Verlange nur nicht, daß ich es halte.«

 

Rybinski war kaum fort, so ging Hugo zu den beiden Frauen hinüber, um ihnen die zwei Billets zu bringen; Parquet sei ausverkauft, das sei der Grund, daß sie sich trennen müßten, aber er werde immer hinaufsehn.

Mutter Möhring sagte gar nichts, Thilde aber fand sich leicht zurecht und sagte mit vielem Anstand und in ihrer ganzen Haltung wie verändert: »Es sei sehr liebenswürdig, an sie zu denken, und sie empfänden es als eine große Ehre.«

»Ja«, sagte die Alte, das habe sie auch sagen wollen.

Und nachdem noch ein paar Fragen gestellt und hin und her komplimentiert worden war, ging Hugo wieder in sein Zimmer hinüber, während die Alte eine Fußbank an den Ofen schob und sich hinsetzte; Thilde setzte sich aufs Sofa und schob die kleine Petroleumlampe so, daß sie daran vorbei zur Alten hinübersehen konnte.

»Was ich nur anziehe, Thilde? Das Schwarzseidne geht doch nich mehr und war ja doch eigentlich auf Trauer gemacht. Und wenn ich das rote Tuch drübernehme, dazu bin ich wieder zu alt.«

»Ach, Mutter, das laß nur gut sein. Ich werde dich schon zurechtmachen, mit ein paar Schleifen zwingen wir's schon. Es sieht einen ja doch keiner an. Und wenn auch. Die Haube ist für 'ne alte Frau immer die Hauptsache, und deine Haube ist noch ganz gut, ein bißchen tollen und aufplätten, und du siehst aus wie 'ne Gräfin.«

»Ach, Kind, rede doch nicht solch Zeug.«

»Na, ich sage dir, Mutter, das wollen wir schon kriegen. Mit das bißchen Anziehn und Zurechtmachen, das is es nicht, ich habe Putzmachen gelernt und Blumenmachen auch und Klöppeln auch, und das müßte doch nicht mit rechten Dingen zugehn, wenn ich uns nicht rausstaffieren sollte. Wundern soll er sich, wie du aussiehst, und wenn er uns nach dem Theater in ein Lokal führt...«

»Ach Thilde, wie kannst du nur so was denken.«

»Na, wenn nich, denn nich. Ich hänge nicht dran, es macht nur so einen Eindruck und sieht ein bißchen nach was aus und daß man doch auch mit zugehört.«

»Ja, ja; das is schon recht.«

»Und weißt du, Mutter, was ich dir schon vor ein paar Tagen sagen wollte, wir wollen doch die alte Runtschen wieder ins Haus nehmen, das heißt immer bloß eine Stunde, daß sie drüben rein machen kann und alles einholen. Ich bin ja nich dagegen, und mir kommt es nicht drauf an. Aber neulich hatte er was vergessen und kam gerade dazu, wie ich da bei all dem Planschen und Gießen war und der Blecheimer mitten in der Stube – da war es mir doch genierlich. Und ich denke wirklich, wir nehmen die Runtschen. Sie kann dann auch einholen, was wir brauchen.«

Die Mutter hatte kleine Bedenken und sagte: »Thilde, das läuft so ins Geld. Und man weiß doch nicht, wenn er dann kündigt...«

»Dann kündigen wir auch wieder. Die Runtschen is ja 'ne vernünftige Frau. Und dann, was heißt kündigen! Glaube mir, der kündigt nicht.«

 

Der andere Tag war ein großer Tag. Der Inhalt einer großen Pappschachtel, darin sich Bänder und alte Blumen befanden, war auf die Chaiselongue ausgeschüttet, damit man einen besseren Überblick hatte. Der Alten war es nicht recht.

»Thilde, das fusselt alles so. Und es ist doch unser Prachtstück. Kind, Kind, wo soll es denn alles herkommen.« Aber Thilde ließ sich nicht einschüchtern, und als sie gefunden hatte, was sie für sich und die Alte brauchte, war sie fleißig bei der Arbeit. Dann wusch sie zwei Paar hellbraune Handschuh. Es roch bis in Hugos Zimmer hinüber nach Brönner.