Das macht der schwarze Vollbart, und weil er so breit ist. Aber glaube mir, er ist nicht älter als sechsundzwanzig. Und der Vollbart ist es auch nicht mal. Er ist bloß faul und hat kein Feuer im Leibe. Das sieht denn so aus, als ob einer alt wäre, bloß weil er schläfrig ist. Und sentimental ist er auch.«

»Ja, das wird er wohl«, sagte die alte Möhring, aber doch so, daß man hören konnte, sie dachte sich nichts bei »sentimental« und wollte bloß nicht widersprechen.

Eine Stunde später hatte Mathilde das Zimmer zurechtgemacht, während die Mutter sich in der Küche beschäftigte. Man war übereingekommen, sich jeder ein Setzei zu spendieren, dazu Bratkartoffeln. Als der Tisch gedeckt und zu den Bratkartoffeln ein Extra von zwei Setzeiern aufgetragen war, war auch die Tochter mit dem Zurechtmachen des Zimmers fertig, und Mutter und Tochter setzten sich.

»Bist du zufrieden, Thilde?« sagte die Alte und wies auf zwei Setzeier, die sie zu Ehren des Tages spendiert hatte.

»Ja«, sagte Thilde, »ich bin zufrieden, wenn du sie beide ißt und wenn ich sehe, daß sie dir schmecken. Denn du gönnst dir nie was, und davon magerst du auch so ab. Kartoffeln ist was ganz Gutes, aber viel Kraft gibt es nicht. So ängstlich is es ja auch gar nicht mit uns, wir haben ja das Sparkassenbuch. Ich werde dich nun wieder besser verpflegen, und wenn wir gegessen haben, gieße ich dir eine Tasse Tee auf. Er hat nicht mal seinen Zucker verbraucht und auch nicht weggepackt. Man sieht an allem, daß er ein anständiger Mensch. Aber nun nimm, Mutter.« Und sie legte der Alten vor und patschelte ihr die Hand.

»Ja, du bist gut, Thilde. Wenn du nur einen guten Mann kriegtest.«

»Ach, laß doch.«

»Ich denke immer daran. Und warum auch nicht? Wie du da vorhin vor dem Spiegel standst: von der Seite bist du ganz hübsch.«

»Ach laß doch, Mutter. Das mit dem Gemmengesicht mag ja wahr sein, und ich glaube selbst, daß es wahr ist. Aber ich kann doch nicht immer von der Seite stehn.«

»Brauchst du auch nicht. Und dann am Ende, du hast die gute Schule gehabt und die guten Zeugnisse, un wenn dein Vater länger gelebt hätte, wärst du jetzt Lehrerin, wie du's wolltest. Manche sind so sehr fürs Gebildete. Wie hast du's denn drüben bei ihm gefunden? Alles in Ordnung? alles anständig?

Ein ganz Armer kann es nicht sein. Ein ganzlederner Koffer beinah ohne Holz und Pappe; das haben immer bloß solche, die guter Leute Kind sind.«

»Ganz recht, Mutter, das stimmt. Da sind wir mal einig. Und so ist es auch mit ihm. Guter Leute Kind. Auf der Kommode lagen noch die Schnupftücher und die wollenen Strümpfe. Nun, du mußt es dir nachher ansehn, alle ganz gleich gezeichnet und auch die Strümpfe und nicht mit Wolle gezeichnet, alle mit rotem Zeichengarn. Er muß eine sehr ordentliche Mutter haben oder Schwester, denn ein andrer macht es nicht so genau. Und die Stiefel auch in Ordnung.